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Es war doch sehr bezeichnend ...

Von tastifix Samstag 06.03.2021, 19:21

Am späten Abend kommt meine Tochter ins Schlafzimmer.
„Mama, magst Du gleich noch RummyCup spielen?“
Weil schon ziemlich müde, muss ich mich erst mal sammeln.
„Okay!“
Wir quatschen noch eine Weile. Kurz darauf wird mir erneut schläfrig zumute ...

Plötzlich klopft es. Meine Tochter öffnet. Der baumlange Kerl vor uns ist tatsächlich der Bürgermeister der weit entfernten Landeshauptstadt Erfindburg, gekleidet wie ein Mitglied des englischen Oberhauses anlässlich eines Festaktes in einen hoch eleganten Cut und mit einem Zylinder auf dem Kopf. Die Nickelbrille auf der Nase und der penibel gepflegte Bart geben dem Herrn noch zusätzlich etwas Würdevolles. Die Hose stützt sich mit der messerscharfen Bügelfalte Millimeter genau auf die Schuhe, die bei einem olympischen Strahl -Wettbewerb mit hundertprozentiger Sicherheit auf dem Siegerpodest landen würden. In der Hand trägt er einen schmucken silbernen Spazierstock.

Sein Blick fällt auf mich, eine Frau in einem wahrlich unmöglichen Look. Mit total zerzausten Haaren und ohne jede Schminke hocke ich im zerwühlten Bett. Das zerknittertes Nachthemd, dass mir knapp bis zur Wade reicht, schlottert mir um die Beine. Als Clou bestechen weiter unten die grell rosa Bettsocken aus äußerst grobem Material. Der Bürgermeister jedoch verzieht keine Miene.
„Gestatten, dass ich mich vorstelle: ´Herr v. Lug und Trug!` - Übrigens, Gnädigste, Sie sehen bezaubernd aus!“
´Der Name passt!`, denke ich dazu recht ungnädig, bewahre notgedrungen Haltung und lächele verkrampft zurück.

Eilig hechte ich mit einem sehr bemüht charmanten ´Einen Moment bitte` knapp an ihm vorbei und schleppe fix den mittlerweile extrem wackligen, bei jeder Bewegung laut knarrenden Küchenstuhl herbei.
´Der ist ja fast so gemütlich wie ein Schaukelstuhl!`
Verstohlen flüstere ich meiner Tochter zu:
„Koch mal Kaffee!“
„Wie denn, Mama?“
´Tja, wie ging das denn noch ...??`
Egal.
„Nimm einen Löffel Pulver und acht Tassen Wasser dazu! Und vergiss die Milch nicht!“

Unterdessen lässt sich der Bürgermeister auf dem Stuhl nieder, der durchdringend zu knarren und gefährlich zu wanken beginnt.
„Es sitzt sich fantastisch auf ihm!“
´Deine Fantasie möchte ich haben! Aber die gehört bekanntlich zu Deinem Job!`
Mit Kaffeekanne, Tassen und Büchsenmilch bewaffnet kehrt meine Tochter zurück. Das Pulver-Wasser-Milch-Gebräu schmeckt zum Brechen. Aber:
„Kööstlich!!“
´Der kohlt, ohne rot zu werden. Na ja, typisch Politiker!`

Der Höflichkeiten sind genügend ausgetauscht. Nun kommt Herr v. Lug und Trug zur Sache und eröffnet mir den gewichtigen Grund seines Besuches. Er schaut mir ernst und schließlich beunruhigend ernst in die Augen. Dann fragt er:
„Wie wäre es mit einer Partie ´Wer lügt am besten?`

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