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Die Reise in den April

Von tastifix Dienstag 12.02.2019, 12:02

Ich bin Hundenärrin. Damals war ich gerade Hundeadoptivmama für Eurasier ´Knödel` geworden. Doch ich wünschte mir und ihm zur Gesellschaft noch einen zweiten Hund. Beim Durchstöbern der Zeitung fiel mir die Anzeige ´Süße Mischlingswelpen ausgefallener Rassen` ins Auge. Kurz entschlossen traf ich mich in Emmerich mit jener Pudelzüchterin. Nebenbei verkaufte sie noch Mischlinge. Wie verabredet holte sie mich mit dem Wagen vom Bahnhof ab. Auf ihrem Schoss lagen zwei putzige Hundebabys, beide wahrscheinlich um die acht Wochen alt. Das eine war ein Cockermix mit den typisch langen Hängeohren, die für den noch winzigen Kerl viel zu riesig ausgefallen zu sein schienen. Der zweite Winzling war ein völlig anderer Typ Hund mit Schlappohren, einer kessen Schnute, und einem braun-schwarzen Wuschelfell. Seine Rute kringelte sich bereits jetzt etwas über den Rücken. Beim ersten Blick in die dunkelbraunen, mich umwerfend charmant und ebenso lümmelig musternden Augen war es um mich geschehen. In dem Moment fällte jener kleine Kerl mit den riesigen Kulleraugen die Entscheidung für mich. Bei mir hatte es schrecklich gefunkt und bei ihm gab dann das erste Schnüffeln den Ausschlag. Kaum saß das Fellknäuel auf meinen Schoss, wollte es schmusen und fiepte dabei selig. Ich war zum Doppel-Frauchen erklärt worden. - Quinny, wie ich ihn nannte, wurde vom Tierart für eine Mischung aus Schäferhund, Leonberger und vor allem Spitz bezeichnet. Bei dieser Charakterisierung des Winzlings verkniff ich mir mühsam das Grinsen. Entgegen Vermutung der Züchterin gab er sich nicht mit einer Schulterhöhe von zwanzig Zentimetern zufrieden, sondern wuchs munter weiter bis zu einer Höhe von fast einem halben Meter. Trotzdem: Schäferhund, oder gar Leonberger?? Dann musste aber ein Zwergspitz mitgemischt haben! Tja, leider würde es für immer Quinnys Geheimnis bleiben. - Er wurde älter und wirklich: Wie jeder Spitz bellte er ausgesprochen gern und bewies auch die typische Wachsamkeit und Pfiffigkeit. Er wuchs zu einem bildschönen Hund heran. Viele hielten ihn für reinrassig, was mich auf eine verrückte Idee brachte. Ich quatsche für mein Leben gern Blödsinn und lasse dabei der Fantasie freien Lauf. Also dachte ich mir einen passenden Rassenamen für Quinny aus: ´Schälespitz!` ´Schä` von Schäferhund, ´le` von Leonberger und ... Na ja, ´Spitz` ist ja klar! Außerdem gibts mittlerweile über vierhundert Rassen. Es merkt sowieso keiner, dass diese Wortschöpfung reiner Quatsch ist!`

Bald ergab sich die Gelegenheit, genau dies mal zu testen. Übermütig gestimmt spazierten Quinny und ich am Feld entlang. Uns kam ein älterer Herr entgegen, der dann das Opfer wurde. Mir war nämlich aufgefallen, mit welch nettem Lächeln er zuerst Quinny bedachte und danach erst mich.
„Der macht das ähnlich wie ich manchmal. Erst die Tiere und dann die Besitzer!“
Solche Menschen haben meist Humor. Er würde also für den kleinen Jux, den ich plante hatte, Verständnis haben. Ich erwiderte also sein Lächeln und wir kamen ins Gespräch:
„Mein Gott, ist das ein schöner Hund!“
Zu Quinny:
„Wie süß du ausschaust! Bist du reinrassig?“
Quinny fühlte sich außerstande, ihm die Frage zu beantworten. Doch weil der so freundlich mit ihm redete und ihn obendrein noch lobte, (wofür bloß, er hatte doch gar nichts Besonderes geleistet!?), setzte er sofort seinen Ventilator in Gang. So nannte ich seine Rute, die bei Freude wie ein Ventilator durch die Luft wirbelte. Wie auch jetzt. Der alte Herr schmolz sichtlich dahin:
„Der ist ja reizend. Welche Rasse ist das denn?“
Ich todernster Miene:
„Ein Schälespitz!“
Würde ich noch ein paar Minuten ernst bleiben können? Mein Gegenüber machte mir es mit der nächsten Frage extrem schwer. Denn mit meiner Auskunft wusste er nichts anzufangen: „Ein...waas?"
Mich krampfhaft zusammenreißend wiederholte ich:
„Ein Schälespitz! Sie sind sehr selten."
„Eigenartig! Die kenne ich gar nicht. Und das, obwohl ich mich sehr für Hunde interessiere und mir jede Hundezeitschrift vorknöpfe, die ich erwischen kann. Wie sind Sie denn auf die Rasse aufmerksam geworden?“, wollte er wissen und sah meinen ihn immer noch heftig freudig an wedelnden Hund liebevoll an.
„Durch eine Zeitungsanzeige. Von ihnen gibt es wohl nur noch sechs Exemplare auf der Welt!“ Wahrscheinlich traf des sogar zu. Hundemütter bekommen ja oft sieben Kinder auf einmal. „Donnerwetter!“, betrachtete der alte Herr bewundernd den immer noch aktiven Ventilator neben mir. „Wie teuer sind diese Tiere denn?“
Ach herrjee! Lange würde ich das Flunkern nicht mehr durchhalten. Mit letzter Kraft entgegnete ich:
„Er ist mir sehr teuer!“
Wenigstens das stimmte. Dann jedoch quälte mich mein arg schlechtes Gewissen und zudem empfand ich so allmählich Mitleid mit dem netten Herrn. Ihn noch weiter zu verulken, hätte ich auch nicht fertig gebracht, weil ich mir vor Lachen fast in die Hose machte. Stotternd tastete ich mich vor:
„I..Ich muss Ihnen etwas ge..gestehen ... ´Puuh, ist des jetzt peinlich!` „Mir wird so oft gesagt, dass Quinny wie ein Rassehund aussieht. Nur deshalb hab ich mir diesen kleinen Scherz erlaubt. Bitte nehmen Sie es mir nicht übel! - ´Au weia! Wie wird er wohl darauf reagieren?`
Meine Menschenkenntnis hatte mich zum Glück nicht getäuscht.
„Ääh, wie biitte??“
Sekundenlang schaute er mich irritiert an. Dann lachte er laut:
„Köstlich!!“
Und fügte hinzu:
„Aber eines muss ich Ihnen sagen: Der ist eine so hübsche Ausgabe, dass es tatsächlich so hätte sein können!“
Zu Quinny gewandt, scherzte er:
„Dein Frauchen hat vielleicht Ideen, oh oh!“
Dazu begeistert wedelnde Zustimmung meines Vierbeiners.
„Da habt ihr Zwei mich fein hinters Licht geführt!“, setzte der Herr hinzu.

Immer noch schmunzelnd, wünschte er wieder zuerst Quinny, dann auch mir noch einen schönen Spaziergang und verabschiedete sich. Endlich durfte ich mich richtig auslachen. Dazu brauchte ich eine ganze Weile. Mein kleiner ´Schälespitz` trabte derweil stolz hocherhobenen Näschens neben mir her.



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