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Die Kirschen in Nachbars Garten

Von Feierabend-Mitglied Freitag 10.11.2023, 12:22 – geändert Freitag 10.11.2023, 21:52

Die Kirschen in Nachbars Garten

Behutsam schob er ihr leicht gebräuntes Bein von seinem Oberschenkel und betrachtete ihren mädchenhaften Rücken, auf dem sich unzählige Sommersprossen tummelten. Entzückt folgte sein Blick ihren sanft aufragenden kleinen Po. Sie war bezaubernd. Ein schwindelndes Glücksgefühl erfasste ihn. Dieser Sommer hatte einen ganz besonderen Zauber.
Er musste sich beeilen. Heute Nachmittag standen noch Termine bei drei Kunden an, die er unbedingt einhalten musste. Er ermahnte sich, seine Arbeitsmoral hatte in letzter Zeit stark gelitten.
Beim Griff nach seiner Hose stellte er fest, dass der Gürtel fehlte. Seine Augen suchten nervös das Zimmer ab. Beunruhigt schaute er sich um. Der Gürtel war nicht zu sehen. Nur ja keine Spuren hinterlassen, sagte seine innere Stimme, nur keine Fährten legen. Dann beruhigte er sich. Wahrscheinlich hatte er ihn bei sich zu Hause gelassen. Er nahm sich vor, bei der Rückkehr sofort danach zu schauen.
Lena rekelte sich auf der Couch und schlug langsam die Augen auf. Er stand angezogen vor ihr „Lena, Süße, ich muss jetzt gehen, meine Kunden warten auf mich.“
„Mach's gut Tommy. Sehen wir uns morgen wieder"?
„Natürlich, ich freue mich unendlich darauf“. Er zog sie an sich, drückte ihren
noch schlaftrunkenen Körper an sich, küsste sie begehrlich und musste an sich halten, nicht wieder mit ihr auf die Couch zurückzusinken.
Lena legte sich abermals hin. Nur noch einen Augenblick wollte sie dieses unverhoffte, gestohlene Glück genießen.
Wie hatte es nur so weit kommen können, fragte sie sich. Dann musste sie leise lachen. Es waren tatsächlich die sprichwörtlichen fremden Kirschen, die Tommy zu ihr gelockt hatten.
Tommy, der mit seiner Frau Nicole im Haus nebenan wohnte, war zufällig an ihrem Haus vorbeigekommen, als sie gerade die Frühkirschen erntete und mit einem lauten „Oh Gott, oh Gott, oh Gott, ich falle“ von der Leiter stürzte, die sie leichtsinnig an den Stamm des Kirschbaums gelehnt hatte, ohne deren Standfestigkeit zu prüfen. Ihr lauter Schmerzensschrei riss Tommy jäh aus seinen morgendlichen Gedanken. Mit einer schnellen Bewegung sprang er über den niedrigen Gartenzaun und rannte zu der Gefallenen. Ihr linker Fuß war geprellt, sie konnte nicht gehen.
Fürsorglich hob er sie vom Rasen auf und trug sie ins Haus. Sie war ein Federgewicht. Oft hatte er sich gewundert, wie eine so zierliche Frau zwei so kräftige Kinder wie Max und Moritz zur Welt bringen konnte. Wahrscheinlich kamen sie eher Lothar, ihrem gemütlichen Vater nach, der sein Geld als Filialleiter der Sparkasse in der nahegelegenen Kreisstadt verdiente.
Schon lange fühlte er sich von Lena angezogen. Er verstand es aber durchaus, dieses Gefühl seiner Frau Nicole, die er herzlich liebte, sorgsam zu verheimlichen.
Als Lena so schutz- und wehrlos in seinen Armen lag, ergriff ihn eine ungeheure Zärtlichkeit und Sehnsucht nach diesem Menschen. Sie schaute ihn fragend an, er lächelte beruhigend auf sie herab und murmelte Tröstliches in einer Art einlullender Babysprache. Sie fühlte sich wunderbar geborgen. Im Haus legte er sie auf die Couch und brachte ein kühlendes Tuch aus der Küche. Als er es ihr um den schmerzenden Knöchel band, kam sie seinem Gesicht ganz nah. Und so kam es, wie es nicht kommen sollte. Ihre Lippen streiften seine Lippen, die er überrascht, aber bereitwillig öffnete und den unerwarteten Kuss zärtlich erwiderte. Sie machte ihm Platz auf der Couch. Als hätten sie schon lange aufeinander gewartet, liebten sie sich mit einem bittersüßen Schuldgefühl, das ihre Leidenschaft füreinander noch mehr entfachte.
Eine Gewissensqual, so schwer wie ein Gebirge lastete danach auf ihrer Brust. Er aber fühlte sich so leicht wie schon lange nicht mehr.
Seit diesem Tag konnten sie nicht mehr voneinander lassen. Sobald die Kinder in der Schule und ihre Ehepartner bei der Arbeit waren, fanden sie zueinander. Er vernachlässigte seine Arbeit als Versicherungsvertreter und sie fand einen Weg, die Hausarbeit und das Mittagessen der Kinder in immer kürzerer Zeit zu erledigen.
Die Kirschen in Nachbars Garten waren so süß, dass aufkeimende Reue- und Schuldgefühle von der alles überrollenden Leidenschaft immer wieder erstickt wurden.
Beide Familien verstanden sich gut miteinander. Max und Moritz, die in die dritte und vierte Klasse der Kreisschule gingen, betrachteten die Grundstücke beider Paare als ihre ureigene Spielwiese. Tommy und seine Frau Nicole, die selbst keine Kinder hatten, konnten die lebhaften Buben gut leiden. Es war eine gute, aber keine allzu enge Nachbarschaft.
Heute wollten sie eine Fußballübertragung gemeinsam ansehen. Deutschland stand im Halbfinale. Alle fieberten dem Spiel entgegen.
Sie machten es sich im großen Wohnzimmer von Lena und ihrem Mann Lothar bequem. Der Wettkampf begann. Inmitten des spannenden Spiels fiel Tommys Frau, Nicole, ein Kartoffelchip aus der Hand. Auf der Suche nach dem Chip fasste sie hinter die Couch. Überrascht hielt sie einen Gürtel in die Höhe.

„Tommy, wie kommt dein Gürtel hinter diese Couch?“

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