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Der freche Marienkäfer

Von tastifix Montag 05.04.2021, 16:32

Es war einmal ein Käfer. Der hatte sich in ein Haus verflogen und krabbelte an einer Fensterscheibe hoch.
„Mama, guck mal, wie süß!“, rief das kleine Mädchen.
Die Mutter lächelte:
„Ein Punkt, noch ein Punkt ... Er hat sieben Punkte. Es ist ein echter Marienkäfer!“
Damit hatte Micki, der Marienkäfer, die Outfit-Prüfung mit Auszeichnung bestanden.
„Mama, der Arme möchte bestimmt nach draußen!“
Die Mutter setzte Micki auf ein Blatt Papier, auf dem er auch brav hocken blieb.
„Komm, wir bringen ihn in den Busch am Zaun.“
Micki freute sich, denn dort wimmelte es von weißen Läusen.
´Fünf-Sterne-Hotel! Hoffentlich krieg ich nur hinterher keine Bauchschmerzen. Es sind ja so viele ... ?`
Aber deswegen musste er sich keine Sorgen machen. Kurz darauf schwirrte ein zweiter Käfer heran.
„Nick!!"
„Huhu, Micki!“
Nick war ebenfalls feuerrot gekleidet und trug wie alle Mitglieder der Familie Kribbelkrabbel sieben schwarze Punkte auf dem Rücken. Nach einem Blick auf die Läuse meinte er:
„Ist ja das reine Schlaraffenland!"
Die Beiden futterten, bis sie sich fast nicht mehr rühren konnten.
„Wir brauchen Verstärkung!"
„Ein kurzer Flug nach dem Essen schadet nicht! - Ich hol fix die Anderen!“
Micki verschwand im Nachbargarten und landete auf einer mächtigen Kübelpflanze. Deren Blätter waren übersät mit schwarz gepunkteten Gesellen.
„Ich weiß, wo Ihr ´ne tolle Mahlzeit findet. Folgt mir!"
Etwa dreißig Rotfräcke schwirrten hinter ihm her und ließen sich auf Mickis Blätter-Restaurant nieder.
„Super!"
Unermüdlich schnappten sie sich eine Laus nach der anderen. Immer mehr Marienkäfer-Verwandte kamen hinzu. Nun war es ein riesiger Schwarm. Alle saßen friedlich nebeneinander und ließen es sich schmecken.

Plötzlich jedoch störte jemand das gemütliche Beisammensein. Wieder surrte ein Käfer herbei und guckte sich den Platz neben Micki aus.
„Hallo!“
„H... mampf ... hallo!”
Eigentlich war Micki fürs Grüßen viel zu sehr beschäftigt. Dennoch musterte er den Ankömmling neugierig: Einen roten Frack trug der auch, aber statt mit nur sieben Punkten schmückte er sich ziemlich unbescheiden mit neunzehn Tupfen.
´Hm!`, rätselte Micki. ´Wo kommt der wohl her?`
Der Neue machte einen Kratzefuß:
„Yan Ti. Ich bin aus China!“
„Micki!“, stellte Micki sich vor. „Wieso hast du denn so viele Punkte?“
„Haben wir dort alle!“

Yan Ti drehte sich stolz nach allen Seiten.
„Mir hängt der Magen schief vor Hunger. Her mit den Läusen!“
Ohne eine Antwort abzuwarten, schubste Yan Ti die verdutzten Käfer zur Seite, stürzte sich auf die weiße Schar und futterte den Siebenpunkten die Läuse weg. Wenige Minuten später
war das erste Blatt leer gefressen.
„Heh!“, protestierte Micki. „Spinnst Du?“
„Eine Unverschämtheit! Wir sind zuerst hier gewesen!“, wetterte Nick. „Was bildest Du Dir eigentlich ein?“
Micki und die Anderen waren so sauer, wie Siebenpunkt-Marienkäfer es nur werden konnten.
„Wir schubsen ihn vom Blatt runter!“
„Oder wir legen uns alle auf den drauf. Das ist viel besser!“
„Au ja, dann ist er platt!“
Wütend krabbelten sämtliche Siebenpunktkäfer herbei und kreisten Yan Ti eng ein und immer enger. Dann stieg der erste auf seinen Rücken. Wegfliegen konnte Yan Ti nicht mehr. Dazu war er viel zu vollgefressen. Verzweifelt schlug er mit den Flügeln, um die lästigen Widersacher loszuwerden. Zwar schüttelte er den Einen oder Anderen ab, jedoch war gleich der Nächste zur Stelle und nahm dessen Platz ein. Die Siebenpunktkäfer kletterten aufeinander und bildeten einen hohen Turm. Hoch oben an dessen Spitze saß dann Micki.

Yan Ti lag zusammengequetscht am Boden:
„Hiilfe, ich krieg keine Luft mehr!“
„Na und? Geschieht Dir recht!“, meckerte ein junger Marienkäfer und trommelte ihm mit den Fühlern heftig auf dem Rücken herum.
„Aua!!“, jammerte der.
So ging es noch eine Weile weiter. Bald schrie Yan Ti nicht mehr, sondern ertrug alles willenlos. Micki musterte den Käfer und wandte sich zu seinen Kameraden:
„Ich glaub, der ist genug bestraft!“
„Wirst Du von jetzt an alle Beute mit uns teilen?“, bohrte Nick.
„Ja ja, wenn ihr nur von mir herunter steigt. Auu!“
Einer nach dem Anderen ließ von Yan Ti ab, zuletzt auch Micki.
„Benimmst du noch ein einziges Mal dermaßen daneben, bist
du dran!!“

Der früher so stolze und freche Yan Ti mit seinen neunzehn Punkten war dermaßen froh, dass er noch lebte, dass er den Käfern verschämt alles versprach, was sie von ihm verlangten. Und er hielt sein Versprechen. Von dem Tag an wartete Yan Ti stets geduldig, bis die Siebenpunktkäfer satt waren und erst dann stillte er seinen Hunger. Und deshalb wurden Micki, Nick, deren Familie und er noch beste Freunde.

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