Brief an

Aus meinem Archiv von 2016! Weil sie nicht vergessen ist und auch heute wieder "a Liachterl vor ihrm Buidl" brennt.

Liebe Omel,

heut ist Dein hunderster Geburtstag. Wenn´s nach deinen und unseren Plänen gegangen wär, hätten wir den ganzen Tag gefeiert und es richtig krachen lassen. Ein Bierzelt haben wir aufstellen wollen und das halbe Dorf einladen. Der Ludwig, weißt schon- der auf der Dult die Superhendl verkauft- der hätt seinen Hendlwagen aufgestellt und gleich noch eine halbe Sau mitgegrillt und alle Weiberleut aus der Verwandtschaft hätten einen Salat mitgebracht-, das wär vielleicht ein Buffet geworden, das sag ich dir! Von den Nachbarn hätt ein jeder einen Kuchen oder eine Torte gemacht- eh klar, daß sich da keiner lumpen- und blöd anschaun läßt.
Garantiert daß das Maral – die Quadratratschn von drüberhalb der Straß – mit ihrer zweistöckigen Schwarzwälder dahergekommen wär, grad zu Fleiß, weil ihr zwei euch überhaupt nicht leiden könnt`s und du dich recht geärgert hätt´st, wenn der ihre Torte die schönste gewesen wär! Und Dankschön hätt`st auch noch sagen müssen!

Die Trachtenkapelle hat deinen Hundersten schon seit einem Jahr im Terminkalender gehabt. Um sechse in der Früh, hat die dich mit Tschindarassabum aufwecken wollen und ein halbes Dutzend Leut hat nach Allerheiligen schon angefangen, an einem Singspiel für dich rumzubastln. Grad schad ist`s um die guten Ideen die wir gehabt haben- wär eine Mordsgaudi geworden und du hätt´st garantiert unbandig gelacht drüber.

Sogar in die Zeitung hätten wir dich diesmal tun dürfen- mit dem Bürgermeister neben dir auf dem Bild. Das hast nämlich all die Jahre nie mögen- weil da hätten die Leute ja sagen können: „ ja schauts SIE an, SO alt ist die schon“.

Der Pfarrer wär dagewesen und eine Abordnung vom Frauenbund, vom Seniorengarten und vom Kegelclub auch. Was meinst wieviel Fresskörbe das gewesen wären! Der ganze Eierlikör und die haufenweise Pralinen hätten bis zum nächsten Geburtstag gelangt und du hättest gegrantelt, daß dir eine Flasche “Schweiklberger Geist“, eine Büchse „Flohsamen mit Orangegeschmack“ oder ein Trumm Schwarzgeräuchertes lieber gewesen wär.
Und Blumensträuße hast du schon gleich gar nicht mögen - soviel Geld ausgeben für ein paar „Stangerl“ die man in ein paar Tagen eh schon wieder wegschmeissen muß- also das ist dir immer gegen den Strich gegangen.
„Bleame könnts ma kaufa, wenn i g`storbn bi“ hast du immer gesagt.
Aber vorstellen, daß du einmal stirbst, des haben wir uns überhaupt nicht können. Oder zumindest keinen Tag vor deinem Hunderter! Weil, du bist immer eine „Hagelbuchene“ gewesen, dich hat nix umgehaut und dein Willen war ein eiserner.

Und dann hast uns ausg`schmiert und bist am vorletzten Tag des vergangenen Jahres, still und friedlich und einfach so, für immer eingeschlafen.
Also mit feiern war heut nix, stattdessen hat die Familie ein Amt in der Kirche für dich eingegeben. Da hast g`schaut, gell, daß ich freiwillig mitgegangen bin!
Aber weißt, ich hab mir gedacht, daß ich ja gefeiert auch hätt und danach hab ich ein paar Roserl auf dein Grab gelegt- jetzt wo du gestorben bist, dürfen wir dir ja Blumen bringen. Kannst dich ja nimmer wehren!
Und dann hab ich vor deinem Bildl in meinem „Erinnerungskastl“ ein Kerzerl angezündet- mit bunten LED Lampen. Jesus, ich krieg Augenkrebs davon, aber dir hat sowas narrisch gefallen. Also ich hoff, du weißt es zu schätzen!

Liebe Omel, einer deiner Lieblingssprüche war: „Dirndl, schau dir um was G`scheids, weils Glump auch ein Geld kostet“, womit du genauso einen Salatkopf meinen hast können, wie ein Auto oder einen neuen Mann.
Mit dir, Omel, hab ich mir seinerzeit um die beste aller Schwiegermütter g`schaut -schad, daß`d nimmer da bist!
Ich wünsch dir einen „himmlischen“ Geburtstag, schau a weng auf uns und sag Allen die schon droben sind schöne Grüße
dei Dirndl