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Tour de Nostalgie

Von Karni Montag 27.01.2020, 20:20


Mit dem Zug ging es nach Stettin. Meine Frau war erstaunt über die deutschen Inschriften in den Kirchen, und dass überall neben dem Kreuz auch die polnische Flagge hing. Die Werft, auf die ich hin und wieder mal gearbeitet hatte bestand nicht mehr. Eigentlich wollten wir an der Küste lang nach Danzig radeln. Der Gegenwind war so heftig, dass wir doch lieber den Zug nahmen.
In Danzig fanden wir als Unterkunft einem Hostel. Alles junge Leute um uns rum. Abends gab es eine sehr schmackhafte Suppe, die sich jeder aus einem großen Topf schöpfte. Danzig, wo ich von 1976 bis 1980 immer mal wieder gearbeitet hatte, hatte sich verändert. Die Werft. Stosznia Leninskaja, ( Lech Walenza ) war in Stosznia Gdansk übergegangen. Das Solidarinoc-Denkmal, für das ich einen Beitrag gespendet hatte stand noch. ( das ist eine andere Geschichte )
Durch Elblag, dort wo die Schiffe auf Schienen über Land gezogen werden, ging es weiter zur Marienburg. Weiter nach Olsztyn, deutsch Allenstein. Hier wurde mein Schwiegervater geboren. Mikoleiki, Elk. Wir waren bis dahin kleinste Wege und Straßen geradelt, die uns ab und an heftig durchrüttelten. Für unser Zelt fand sich immer ein Seeufer, was ja in Masuren kein Problem ist. Jedes kleinste Dorf hatte einen Laden, wo man fast alles für den täglichen Bedarf kaufen konnte. Immer bekamen wir Kaffee und Kuchen.
Endlich mal wieder ein Hotel. Aber das war wegen einer Hochzeit ausgebucht. Man bot uns aber an, am Ufer des zum Hotel gehörenden Sees zu zelten. Abendessen gäbe es natürlich, und Frühstück. Wir saßen auf der Terrasse beim Abendessen, als es geschah. In Polen, schon bestohlen. Hilflos mussten wir mit anschauen, wie der Dieb, es war eine Diebin, in unser Zelt kroch. Auf unser Geschrei hin rannte sie davon. Unsere gute polnische Wurst schleppte sie mit. Am nächsten Morgen erfrechte sich die Diebin, uns beim Frühstück laut miauend anzubetteln.
Von Suwalki aus überschritten wir die Grenze nach Litauen. Das erste was uns begegnete, war ein Pferdewagen mit 2 jungen fröhlichen Mädchen. An der Straße immer wieder Kreuze und Marienstatuen geschmückt mit frischen Blumen. Auf fast jedem Strommast ein bewohntes Storchennest. Wir blieben an der Grenze Richtung Norden, zur Grenze russisch Königsberg. In dieser Gegend wurde mein Vater geboren. Die Bauernkate gab es nicht mehr. Die kleinen Ländereien waren gleich nach der Besetzung durch die Deutschen zu großen Einheiten zusammengefasst worden. ( das ist eine andere Geschichte ) Die Kirche, in die in die mein Vater getauft wurde, die stand noch.
In Kaunas verbrachten wir 2 Nächte in einem Kloster. Mit dem Bus fuhren wir von hier nach Vilnius. Als Stadt gefiel uns Kaunas wesentlich besser. Leider gab es die auf der Speisekarte genannte Kartoffelwurst nicht, und auf die hatte ich mich so gefreut. Dafür aber gefüllte Kartoffelklöße.
An der Memel lang zu radeln war ein erhabenes Gefühl. Der Wind, der uns bis Kaunas immer mit voller Kraft entgegen wehte, hatte nun gedreht, kam uns wieder entgegen, aber nun mit Regen. An einem Denkmal mit der Aufschrift---- Vergiss mein Volk die teuren Toten nicht--- Wer hatte es wann errichtet??? trafen wir 3 Radler aus Lübeck. ,, Habt ihr schon mal keinen Gegenwind gehabt?“
Auf der Kurischen Nehrung zelteten wir in der Nähe des Thomas Mann Hauses.
In Klaipeda, damals Memel, hatte mein Vater von 1921 bis 1924 Fleischer gelernt. Ein Foto mit dem Ännchen musste natürlich sein.

Weiter ging es zum Berg der Kreuze in der Nähe von Siauliai.

Nach Riga mussten wir auf der viel befahrenen Hauptverkehrstrasse fahren, und der Verkehr nervte.
Riga ist eine angenehme alte Hansestadt, die lohnt besucht zu werden.
Wir fanden den Roland und die Bremer Stadtmusikanten.
In der Touristeninformation gab man uns ungefragt nicht nur den Stadtplan, sondern auch den Plan vom Friedhof. Den wollen fast alle Deutschen besuchen, ich natürlich auch. Mein Onkel Peter war hier gefallen. Ein Bild von seinem Grab hatte ich Die Grabreihe zeigte uns ein Friedhofsgärtner.
Die Gräber der deutschen Soldaten waren aber überbettet worden. Die Deutsche Kriegsgräberfürsorge hatte ein Denkmal gesetzt.
Von Riga aus blieben wir nicht an der Küste, wie der Radweg 1, sondern radelten ins Inland, nach Cesis.
Von dort führte uns ein Schotterweg in einen für uns langsam nicht mehr endenden Wald. Plötzlich aber standen wir vor einem blauen Schild---LATVIA---Dahinter offene Schranken. 200m weiter das nächste Schild --- EESTI Republic of ESTONIA---Auch hier waren die Schranken offen. Es kam eine nagelneue Grenzstation. Verlassen. Alle Türen und Fenster verrammelt. Leider, denn die Regenwolken wurden immer dunkler, und es zuckten die ersten Blitze. Kein Platz für unser Zelt zu finden.
Aber dann ein Dorf, und dann ein Dorfladen. Gibt es hier eine Unterkunft?? Eine kleine alte Dame kam auf uns zu. ,, Ich Laila, Eesti.“ Zeigte dabei auf sich. Wir stellten uns ebenfalls so vor. Sie erzählte was, und zeigte nach draußen. Ein junger Mann übersetzte. Die alte Dame wohnte alleine in dem gegenüberliegenden riesigen, Schloß ähnlichen ehemaligen Gutshof. Sie ließ sich nicht davon abbringen, für uns Betten zu beziehen, obwohl wir ihr unsere Schlafsäcke zeigten. Am nächsten Morgen brachte sie uns ein üppiges Frühstück ans Bett, mit 2 großen Eisbechern, und verabschiedete sich. Ging zur Morgenmesse. Im Laden fragte meine Frau, was wir nun machen sollten? Geld nimmt die nicht, ihr seid eingeladen. Nach Rücksprache mit der Verkäuferin hinterließ meine Frau 20.-€ für Lailas nächsten Einkäufe. Die Verkäuferin war gerührt über unser Vertrauen.
Über eine Karte aus Deutschland würde sich Laila sehr freuen.
Wir schickten Laila eine Karte von Erlangen.
Die ganze Nacht über hatte es in Strömen geregnet, und heftig gewittert.

In Pärmu waren wir wieder an der Küste

Die Nacht verbrachten wir in einer mit Spinnenweben durchsetzten alten Holzhütte, eine aufgelassene Bushaltestelle. Angeblich hatte meine Frau wegen der Spinnen die ganze Nacht nicht schlafen können. Ich sagte nicht, dass ich wegen ihres Schnarchens fast nicht hätte schlafen können.

3 Tage genossen wir Tallin. Eine Stadt, die es lohnt, besucht zu werden.

Mit der Fähre ging es nach Helsinki. Eine ganz andere Stadt. Der Zufall ließ uns die tolle Akustik der Felsenkirche durch eine Konzertprobe erleben.
Wir nahmen die Fähre nach Warnemünde. Ein Zug brachte uns von Rostock nach Erlangen.
Unsere Fahrräder die noch 12,5km nach Hause.

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