In Memoriam
Von Fiddigeigei 05.11.2023, 12:25 – geändert 05.11.2023, 12:29
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Eifelrauschen
Zur Erinnerung an Andrea Fleurbleue. Sie hat mir damals diesen Wandertipp gegeben.
Nun ist Sie selbst auf die ganz grosse Wanderung gegangen.
Vermerk:
Meine Geschichte musste ich stark einkürzen wegen Platzmangel!
Das Eifelhörnchen hieß Öcherche und wurde mir von Andrea als Wegbegleiter
auf die Tour mitgegeben.
Warum er wohl diesen Titel gewählt hat- der einsame Wanderer auf dem Eifelsteig?
Das Erste was ihm auffiel, war das ewige Rauschen. Ein Rauschen mit einem besonderen Klang- dem Klang der rauen, lieblichen,abwechslungsreichen Naturschönheit Eifel. Fast die ganze Strecke führt an wilden, mit der Natur verwobenen Bächen und urwüchsigen Flüssen entlang, die munter ihre Geschichten erzählten. Selbst in den Herbergen war das Rauschen oft die „Gute Nacht“.
Maare und Vulkane
„Die Blauen Augen der Eifel“ hat sie eine Dichterin genannt. Das möchte ich noch verstärken mit „verträumten“.- Die verträumten Blauen Augen-. Als Öcherche und der Wanderbursch von Manderscheid hinauf Richtung Daun stiegen waren beide fröhlich. In Manderscheid hatten sie in einer Jugendherberge genächtigt und es ging dort sehr lustig zu. So viele Kinder und alle wollten mit dem Eifelhörnchen spielen und fütterten es unentwegt, dass es ihm fast schlecht wurde.
Jetzt aber, die Kinder schliefen noch in den Stockbetten, schien die Frau Sonne bereits auf die beiden Eifelsteiger herab. Der Wegesrand bot dem Wanderer ein zweites Frühstück aus reifen Brombeeren und Öcherche sprang in ein Hagelnussgesträuch um sich die Nüsslein zu holen und mit den leeren Schalen nach mir zu werfen. So ein frecher Freßsack!
Mein rechter großer Zeh machte wieder einmal zicken, aber er wurde einfach missachtet und erhielt zur Strafe ein Pflaster verpasst.
Langsam versank Manderscheid mit seinen romantischen Burgruinen im Morgendunst und in den tiefen dunklen Wäldern.
Trotz der Sonne war es noch richtig kalt und der kommende Herbst warnte mit gelben Blättchen, die durch die Luft daher segelten. Der Steig war so wunderbar schmal, dass man Fuß vor Fuß setzen musste. Neben uns rauschte uns die Lieser in ihrem urtümlichen Bett ein Morgenlied. Fast auf 550 Meter stiegen wir in Richtung des Hohen List auf. Ein Observatorium steht dort oben. Sehr alt aber immer noch von der Uni Bonn genutzt.
Wenn man von oben herab auf einen Vulkankrater blickt stellt man fest, dass dort ein anderes Klima zu herrschen scheint. Es wachsen dort Fruchtbäume wie Äpfel und Pflaumen und sogar Kirschen. Und mitten drin oft diese „Blauen verträumten Augen der Eifel.“ Viele Maare sind natürlicherweise Touristenattraktionen, es gibt aber auch ganz stille. Die haben mir am besten gefallen. Schön ist es dort mit und ohne Touristen auf jeden Fall.
Über Daun herrscht auf dem Mäuseberg 561m hoch der Dronketurm, den wir unter leichtem ächzen bestiegen haben. Von dort aus könnte man vor Freude über die fantastische Rundumsicht, die ganze Welt umarmen. Unter uns ein Blaues träumerisches Auge – das Gemündernermaar! Einfach schön und ich habe von dort oben einen Jodler hinausgejuchzt über die Eifellandschaft, dass das Öcherche fast vom Turm gefallen wäre, so ist es erschrocken. Jodeln tun nämlich die Eifeler nicht, nur die Schwarzwälder!
Diese Nacht schliefen wir in einem Zimmer direkt an einer Wiese die gerade frisch gemäht wurde. Welch ein Duft. Ich sah noch wie Öcherche sich ein paar Nüsse aus unserer Fourage stibitzte und auf einem Nussbaum sein Schlafplatz lieber im Freien einrichtete. Eifelhörnchen schnarchen, aber ganz leise.
An der Salm entlang
Von Bruch aus führt uns der Steig nach Kloster Himmerod. Wieder so ein Pfad nur gemacht für eine Schuhbreite. So dicht stehen herrliche hohe alte Buchen und lassen deshalb keinen Sonnenstrahlen auf das dunkle Wasser der Salm gleiten. Der Fluss fließt ruhig, eher still und flüstert nur, wenn er durch quer liegende Baumstämme oder Basaltbrocken aufgehalten wird. Unheimlich, kein Glitzern, kein Gleissen, nur flüssige Lavaschwärze.
Dann erreichen wir eine Stelle, wo eine der riesigen Buchen gefallen ist. Sonnenstrahlen legen sich auf das Wasser. Der schwarze unheimliche Fluss wechselt auf einem kurzen Stück zu einem Stück Leinwand, auf der sich ein Maler in einen Farbrausch versetzte.
Keine Kamera? So will ich das Erlebte am schwarzen Salm ihn mir forttragen.
Kloster Himmerod
Hallo, hallo, ist dort Pater Stephan?
Ein Wanderbruder hat es mir geraten. Eine Nacht im Kloster. Es klappt, ich darf kommen.
Verschwitzt und atemlos stehen wir vor dem Eingang. Es dauert ein bisschen bis ich meine „Zelle“ zugewiesen bekomme. Dort ist es einfach und schlicht. Abendessen ist um 18°°! Öcherche ist angespannter als ich. Ich beruhige. Der Hl. Franziskus von Assisi hat alle Tiere sehr gemocht, auch Eifelhörnchen.
Um 17°° gab es einen Vespergottesdienst in der mächtigen Klosterkirche. In ihrer Einfachheit gebaut besteht ihr Sinn alleine nur an Gott zu denken. Der Gesang der Mönche und Brüder in ihren schwarz/weißen Kutten ist ruhig und gleichmäßig und schwebte hinauf in die Kuppel. Ich fühle mich irgendwie geborgen und glücklich wie selten in meinem Leben. Er hat alles recht gemacht!
Der halbe Liter Klostervietz in meiner Zelle als Abendtrunk genossen, lässt mich rasch einschlafen. Öcherche meinte am anderen Morgen etwas beleidigt: „Du schnarchst“.
Abschied
Monschau du romantisches Städtchen lässt die Abschiedsglocken läuten. Die Bürger liegen noch im Schlafe und träumen neuen Senfgenüssen entgegen. Sehr früh stehen wir auf den Beinen. Es ist eine gutes Stück Weg hin bis Kornelimünster. Kaiser Karls Bettstatt erinnert uns an den ersten Europäer. Es sind zwei Steine auf dem einen soll Karl geschlafen haben, auf dem kleineren sein Diener. Abdrücke sind noch bei viel Fantasie erkennbar. Wir ziehen durch die Heckenlandschaft und sehen hinter hohen Hecken versteckt, Bauernhäuser gebaut aus rohen Felsbrocken. So eine Rotbuchenhecke kann bis zu 8 Meter hoch wachsen. Kunstwerke von Mensch und Natur!
In Rötgen riechts gewaltig nach „Fritten“. Es liegt direkt an der Belgischen Grenze.
Dann Kornelimünster in Sicht. Öcherche ist ganz still geworden, auch der Mensch schweigt. Am Eingang von Kornelimünster treffen wir wieder auf ein Stück Jakobsweg. Dort steht eine kleine Kapelle zu Ehren des Hl. Antonius, der den Jakobspilgern seinen Wandersegen erteilt.
Auf einer Bank essen wir zusammen die letzten Nüsse. Die Tüte ist leer. Öcherche verschwindet mit einem Satz im Wald.
Weinen Eifelhörnchen eigentlich?
Ich weiß es nicht, aber mir ist etwas ins Auge geflogen und ich brauche ein Taschentuch.
Nachdenken
Da gäbe es noch viel zu erzählen, von Landschaften, Kirchen und Kapellen, den Menschen, dem Hohen Venn, das man nicht betreten darf und einsame Kreuze am Wegesrand.
Dem Kaiser habe ich natürlich meine Referenz erwiesen. Mein rechter großer Zehenonkel hat nicht aufgehört mich zu piesacken. Hat ihm aber nichts genützt. Da muss er durch!
Ob ich einmal zurück kommen werde? Schön wäre es schon.
Carlos im Gedenken.