Ich hatte den Turbo eingeschaltet. Im alten Salon in der Beletage musste der Eichenparkettboden abgeschliffen und versiegelt werden. Dieser Bereich war im Moment der einzig wirklich herzeigbare Raum im Haus. Hier wurde ein Muster-Apartment für künftige Bewohner geschaffen. In diesen Tagen waren zwei Interessenten zur Besichtigung angesagt. Unser Bauherr wollte auch kommen, das bedeutete für mich: Es gibt Geld. Melitta kommt um 17:00 Uhr. Ich hatte mir vorgenommen, für uns etwas zu kochen, was wiederum bedeutete, ich musste einkaufen gehen. Oh Mann!
Im Baubüro klingelte das verstaubte Telefon – der Elektriker wollte kommen, er hätte eine gebrauchte Waschmaschine und einen 100 Liter Kühlschrank im Auto. Ob er das liefern kann und wer bezahlt, fragte er. Ich hielt ihn bei Laune und scherzte: „Da gibt man den Leuten Arbeit, dann wollen sie auch noch Geld!” Und besänftigte ihn umgehend. „Eh klar bekommst du die Kohle – vom Chef, er kommt morgen. Okay?”
„Okay, Ferdinand.”
Gutgelaunt bugsierten wir zunächst den Kühlschrank ins Souterrain. Ich malte mir aus, mit welch guten Sachen ich ihn füllen werde. Sollte ich groß auftrumpfen und eine Flasche Sekt kühlen? Oder Cuba-Libre? Ach was, dachte ich, lass es einfach kommen wie es kommt.
Sie hatte sich schick gemacht. Ich auch. In schwarzer Hose und resedagrünem Polo empfing ich sie. Und Melitta? Auch sie in Schwarz-grün! „Das gibt’s ja gar nicht”, dachte ich. Keiner wusste von den farblichen Vorlieben des anderen. Melittas Grün passte ausgezeichnet zu ihrer roten Mähne. Weiblichkeit pur. Mein Blick streifte die sanft gerundeten Schultern, ihre zarte Taille und verweilte schließlich bei wohlgeformten Beinen. Cognacfarbene Schnürstiefeletten machten das Bild perfekt. Ich war baff, und der Mund muss mir wohl offen gestanden haben vor Erstaunen.
„Hey Ferry, komm runter”, sagte sie, „bist du wieder ansprechbar?” Sie lachte in einer Art, die ich noch nicht kannte. Ich dachte vor mir steht Milva, die italienische Sängerin. „Toll.” Mehr sagte ich nicht. Dafür bekam ich ein Küsschen.
Melitta hatte eine große Plastiktasche mitgebracht. Ich fragte, was denn da drin sei. Ha, da war er wieder, dieser verlegene Blick. „Lach mich bitte nicht aus, Ferry. In der Tasche ist meine kleine Espressokanne. Ich wusste nicht, ob du so etwas hast. Ich brauche morgens erst einmal einen Espresso, sonst lebe ich nicht”, erklärte sie.
Ich war happy, denn diese Espresso-Idee implizierte, dass sie über Nacht bleiben wird. Abgesprochen war das nicht. So etwas bringen nur reife, erfahrene Frauen zustande, dachte ich, und war glücklich.
Am Morgen danach brauchte ich einige Zeit, bis mir klar wurde, dass ich verkehrt herum auf der Couch lag. Aus diesem Blickwinkel hatte ich noch nie aus dieser Wohnung durch das Fenster nach draußen geschaut. Ein früher Sonnenstrahl streifte meine zerwühlte Hardy-Krüger-Frisur. Wenige Zentimeter vor meiner Nase stand eine leere Flasche am Couchtisch, daneben breitete sich ein dunkler Fleck aus. Ich rührte mich nicht, starrte auf dieses Bild und bemühte mich, es zu begreifen. Es war der süße Geruch von Bacardi-Rum, der mir Wirklichkeit suggerierte. Was war das für ein schöner Abend gestern. Ich konnte mich genau an die Kuschelszene danach erinnern. Doch dann hatte ich es übertrieben und war auf die Idee gekommen, den romantisch-erotischen Abend mit Cuba-Libre zu begießen.
Melitta hantierte mit ihrem Espresso-Kocher. Ich wunderte mich, dass sie sich so schnell zurechtfand in der Wohnung, die trotz aller Bemühungen immer noch ein Provisorium war. Dies war aber ein guter Moment, sie zu fragen, ob sie sich vorstellen kann, bei mir zu wohnen, trotz dieses Durcheinanders in diesem Haus.
Ich tat es.
Und Melitta erbat sich Bedenkzeit.
Natürlich war das in Ordnung, aber ein bisschen enttäuscht war ich schon. In meinen Träumen hatte ich mir vorgestellt, dass sie jubelnd aufspringen und mir um den Hals fallen würde. Vorsichtig stellte ich meine Frage: „Wie lange dauert deine Bedenkzeit?”
„Zehn Minuten, Ferry. Zunächst brauche ich einen Kaffee und eine Zigarette. Dann kommst du mein Lieber. Danach müssen wir über nicht ganz unwichtige Dinge reden. Die Couch mag für Sex okay sein, zum Schlafen taugt sie nicht.”
Zwei Stunden später inszenierte ich eine exklusive Führung durch die Villa, die eigentlich eine Baustelle war. Jetzt, wo Melitta einem Tapetenwechsel zugestimmt hatte, wir also offiziell ein Paar waren, hatte ich eine Idee. Wir, also der Bauherr und ich, suchten einen Helfer, der unserem Tapezierer beim Anbringen der schweren Textiltapeten zur Hand gehen könnte. „Traust du dir so einen Job zu?”, fragte ich Melitta.
„Na sicher, doch” begehrte sie auf. „Du hast keine Ahnung, was ich noch alles kann.”
„Na dann …”
Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Wir wohnten und arbeiteten zusammen. Die Zukunft hatte begonnen.
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Ich hatte den Turbo eingeschaltet. Im alten Salon in der Beletage musste der Eichenparkettboden abgeschliffen und versiegelt werden. Dieser Bereich war im Moment der einzig wirklich herzeigbare Raum im Haus. Hier wurde ein Muster-Apartment für künftige Bewohner geschaffen. In diesen Tagen waren zwei Interessenten zur Besichtigung angesagt. Unser Bauherr wollte auch kommen, das bedeutete für mich: Es gibt Geld. Melitta kommt um 17:00 Uhr. Ich hatte mir vorgenommen, für uns etwas zu kochen, was wiederum bedeutete, ich musste einkaufen gehen. Oh Mann!
Im Baubüro klingelte das verstaubte Telefon – der Elektriker wollte kommen, er hätte eine gebrauchte Waschmaschine und einen 100 Liter Kühlschrank im Auto. Ob er das liefern kann und wer bezahlt, fragte er. Ich hielt ihn bei Laune und scherzte: „Da gibt man den Leuten Arbeit, dann wollen sie auch noch Geld!” Und besänftigte ihn umgehend. „Eh klar bekommst du die Kohle – vom Chef, er kommt morgen. Okay?”
„Okay, Ferdinand.”
Gutgelaunt bugsierten wir zunächst den Kühlschrank ins Souterrain. Ich malte mir aus, mit welch guten Sachen ich ihn füllen werde. Sollte ich groß auftrumpfen und eine Flasche Sekt kühlen? Oder Cuba-Libre? Ach was, dachte ich, lass es einfach kommen wie es kommt.
Sie hatte sich schick gemacht. Ich auch. In schwarzer Hose und resedagrünem Polo empfing ich sie. Und Melitta? Auch sie in Schwarz-grün! „Das gibt’s ja gar nicht”, dachte ich. Keiner wusste von den farblichen Vorlieben des anderen. Melittas Grün passte ausgezeichnet zu ihrer roten Mähne. Weiblichkeit pur. Mein Blick streifte die sanft gerundeten Schultern, ihre zarte Taille und verweilte schließlich bei wohlgeformten Beinen. Cognacfarbene Schnürstiefeletten machten das Bild perfekt. Ich war baff, und der Mund muss mir wohl offen gestanden haben vor Erstaunen.
„Hey Ferry, komm runter”, sagte sie, „bist du wieder ansprechbar?” Sie lachte in einer Art, die ich noch nicht kannte. Ich dachte vor mir steht Milva, die italienische Sängerin. „Toll.” Mehr sagte ich nicht. Dafür bekam ich ein Küsschen.
Melitta hatte eine große Plastiktasche mitgebracht. Ich fragte, was denn da drin sei. Ha, da war er wieder, dieser verlegene Blick. „Lach mich bitte nicht aus, Ferry. In der Tasche ist meine kleine Espressokanne. Ich wusste nicht, ob du so etwas hast. Ich brauche morgens erst einmal einen Espresso, sonst lebe ich nicht”, erklärte sie.
Ich war happy, denn diese Espresso-Idee implizierte, dass sie über Nacht bleiben wird. Abgesprochen war das nicht. So etwas bringen nur reife, erfahrene Frauen zustande, dachte ich, und war glücklich.
Am Morgen danach brauchte ich einige Zeit, bis mir klar wurde, dass ich verkehrt herum auf der Couch lag. Aus diesem Blickwinkel hatte ich noch nie aus dieser Wohnung durch das Fenster nach draußen geschaut. Ein früher Sonnenstrahl streifte meine zerwühlte Hardy-Krüger-Frisur. Wenige Zentimeter vor meiner Nase stand eine leere Flasche am Couchtisch, daneben breitete sich ein dunkler Fleck aus. Ich rührte mich nicht, starrte auf dieses Bild und bemühte mich, es zu begreifen. Es war der süße Geruch von Bacardi-Rum, der mir Wirklichkeit suggerierte. Was war das für ein schöner Abend gestern. Ich konnte mich genau an die Kuschelszene danach erinnern. Doch dann hatte ich es übertrieben und war auf die Idee gekommen, den romantisch-erotischen Abend mit Cuba-Libre zu begießen.
Melitta hantierte mit ihrem Espresso-Kocher. Ich wunderte mich, dass sie sich so schnell zurechtfand in der Wohnung, die trotz aller Bemühungen immer noch ein Provisorium war. Dies war aber ein guter Moment, sie zu fragen, ob sie sich vorstellen kann, bei mir zu wohnen, trotz dieses Durcheinanders in diesem Haus.
Ich tat es.
Und Melitta erbat sich Bedenkzeit.
Natürlich war das in Ordnung, aber ein bisschen enttäuscht war ich schon. In meinen Träumen hatte ich mir vorgestellt, dass sie jubelnd aufspringen und mir um den Hals fallen würde. Vorsichtig stellte ich meine Frage: „Wie lange dauert deine Bedenkzeit?”
„Zehn Minuten, Ferry. Zunächst brauche ich einen Kaffee und eine Zigarette. Dann kommst du mein Lieber. Danach müssen wir über nicht ganz unwichtige Dinge reden. Die Couch mag für Sex okay sein, zum Schlafen taugt sie nicht.”
Zwei Stunden später inszenierte ich eine exklusive Führung durch die Villa, die eigentlich eine Baustelle war. Jetzt, wo Melitta einem Tapetenwechsel zugestimmt hatte, wir also offiziell ein Paar waren, hatte ich eine Idee. Wir, also der Bauherr und ich, suchten einen Helfer, der unserem Tapezierer beim Anbringen der schweren Textiltapeten zur Hand gehen könnte. „Traust du dir so einen Job zu?”, fragte ich Melitta.
„Na sicher, doch” begehrte sie auf. „Du hast keine Ahnung, was ich noch alles kann.”
„Na dann …”
Das war ein Schritt in die richtige Richtung. Wir wohnten und arbeiteten zusammen. Die Zukunft hatte begonnen.