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Rosemarie

Von Fiddigeigei Donnerstag 21.01.2021, 08:31


Wo bist du Rosemarie? Mein armer Kopf so verwirrt! Du bist doch mit mir gemeinsam und gerne in jenem Zug gesessen, im Abteil der 1ten Klasse. Du warst doch immer an meiner Seite, hast mich bestärkt im Glauben an das große Geld. Nun fährst du ohne mich, hast mich einfach verlassen.
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Kennengelernt haben wir uns auf einem Bahnhof in Irgendwo. Meine Frage an das hübsche junge Mädchen,- ich gebe es zu-, war nur vorgeschoben:
„Wo befindet sich die Firma so und so und sie meinte freundliche- da haben wir den selben Weg -“.

3Monate später hatte ich dort einen neuen Arbeitsplatz gefunden; und es kam so, wie solche Geschichten alle anfangen.
Mein Außendienstjob führte mich in alle Welt und aus aller Welt schrieb ich glühende Liebesbriefe. Jeden Tag einen, auch Samstags, Sonntags und Feiertags. Und zwischen solchen Tagen- wir hatten genau 2 Tage Zeit- heirateten wir. Ganz still und heimlich. Zogen in eine andere große Stadt. Es kamen Kinder auf die Welt, geboren aus Liebe und Leidenschaft und der heißen Glut zweier Menschen, die nur in ihrem kleinen Glück alleine leben wollten.
Dann kam- das- Angebot und ich habe es verdammt noch mal angenommen. Bald musste ein überdimensioniertes Haus gebaut werden, gleich zwei Edelkarossen standen zur Verfügung. Die Kinder überladen mit Reitstunden und Tennis. Sie studierten alle an den teuersten Elite Universitäten.
Die Gier nach Geld und Ansehen- auch meiner gesamten Familie- ließen mich zu einem unersättlichen Arbeitstier werden. Man kann da nicht mehr einfach raus. Schließlich wollte alles bezahlt sein.
Gross Ausgehen, im Gourmetlokalen mit den falschen Freunden essen. Reisen mit allem Luxus. Geld durfte nie eine Rolle spielen.
Ja, ab und zu versuchten wir uns noch aneinander zu klammern, erzählten uns vom Anfang unserer Gemeinsamkeit, die doch so glücklich war. Aber irgend wie war es für uns bereits zu spät. Der Kuss morgens und abends wurde immer flüchtiger und die Berührungen in den Nächten immer weniger. Nur das verfluchte Geld hielt wie eine Droge zusammen, was längst auseinander trifftete.
Dann merkte ich, da war noch ein Anderer, einer der mehr Zeit hatte, einer der mehr zu bieten hatte als dass, was ich konnte -Geld- und immer wieder-Geld- heran zu schleppen. Das riesige Haus war leer, die Kinder längst dem kalt gewordenen Nest entflohen.

Der Brief vom Scheidungsanwalt erreichte mich als Nachsendung weit weg von diesem zuhause. Sie hatte nicht den Mut mit mir zu sprechen. Zu feige mit mir über eine Lösung nach zu denken. Einen Weg zu suchen. Noch einmal den Wunsch zu haben eine Versuch zu wagen.

Der Rest ist kurz erzählt. Genau so wie ich mich in diese verfluchte Arbeit gestürzt habe, genau so stürzte ich mich in die Arme des allmächtigen und vergessen machenden König Alkohol.

Das Ende meiner Geschichte begann da wo sie einmal begonnen hatte.

Hast du einen Euro für Schnaps oder wenigstens eine Zigarette für mich- mein Freund?
Dann erzähle ich dir die Geschichte eines Lebens!

Er sitzt immer in der Bahnhofshalle auf einer lumpigen, dreckigen Decke. Ein Bettler wie viele andere verlaust und abgesoffen.

Wo dieser Bahnhof ist- fragst du mich-? -Irgendwo, einfach Irgendwo-.
Der letzte Zug fährt nach Nirgendwo.

Carlos

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