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HEIDFELDBLEIHEN

Von egalis Samstag 10.08.2019, 23:13

Nu is de Sömmer vörbi. Dat Jahr word minner un mien Tied ok.
Ik weet nich, wennehr mi dat to 't eersde Mal in d' Sinn schütt is. Is woll al Jahren her.
Besünners düdelk harr ik mi dorup besunnen, as ik över een Sandpadd in 't Moor leep. Sowiet as ik kieken kunn, weer de Heid tüsken Boomkes un Struukwark an bleihen. Van de Törfböden steeg mi een Rök in de Nös van Eer, Fuchtigheid un mulsterg Holt un Gras. Mennigmal kunn 'k ok al Poggstohlen ruken.
Sünnerbor, anners was mi dat immer een Pläseer west to kieken, wat so moi rood anfarvt dat Land vör mi liggen dee. Un nu harr ik nix as 'n groten Trürigheid in mi.

As ik verleden Jahr mien Heidkeiergang maakt hebb, schien de Sünn, weer de Himmel deepblau un witte Wulken, so as de besünners över Oostfreesland trecken dont, dreven över de stille Heid. Hen un weerdenn piep mal een Vögel. Van wieder wech kunn ik een Koh brullen hörn. Een Fohlen frenskete na sien Moder. Un in all disse Herelkheid wurr mi doch dat Hart swor! An een utdrögt Törfspitt funn ik een schuligen Stee.
Rüggels sünd mien Gedanken lopen. Un mi full dat Leed in, wat mien Vader in Huus al mit uns sungen harr: "Wenn abends die Heide träumt, erfasst mich ein Sehnen"... Un as ik dor so seet to drömen, full mi een Gedicht in. “Stille Abendstünn” hebb ik dat nömt.

Ok dit Jahr bün ik in de Heid spazeert. Un mi gung 't nich anners as vördem. Över 't Hoogmoor hebb ik utkeken un hebb doch nich sehn kunnt, wat dat Lengen in mi betömen dee. Noch mehr as in de verleden Heidsömmers gung mit mi een Sinneren van Ofbescheed dör de Bleiheree.

Weer was de Himmel up oostfreeske Aard antokieken. Dat Geluut van de een of anner Vögel, dat Summeree van de Immen, hör ik. An de Bottervögels mit hör bunte Flögels harr ik mien Freid. De lüttje Tieken, de dör de Heid an flegen un krupen un krabbeln weern un Wark harrn, dör de Urwald van de Heidstruken to komen, all dat sach ik un nehm dat in mi up.

Un dor wurr dat still in mi un een groten Ruh kunn ik föhlen. Bi all dat Kieken gungen mien Gedanken up Reis. Ik muss an de verleden Sömmer denken, wor ik ok al an de sülbige Stee seten harr.

Wat hett sük in de Tied doch all daan! Ik meen nich blot, wat in de Weltgeschicht passeert is. Ok in mien Leven is so völ geböhrt, meest tovöl för een Jahr. Mennig Freid hebb ik hatt, man ok woll nettso völ Leeps un Tegenstöten. Wat dorvan mehr worden is, weet ik nich. Freid vergeiht so fell, man Leeps hangt an, duert langer, so meent 'n faak.

In de Harvsttied fallt de Doodsdag van mien Moder un een Dag vör hör Doodsdag is een paar Jahren later hör Süster stürven. Se was sowat as mien Tweedmoder. Un weer Stück of wat Jahren later hett mien Vader, ok nett in disse Tied, sien Ogen för alle Tieden dicht maakt. Dat all steiht immer weer vör mi un dat lett un lett sük nich ofschüddeln.

All dreent hebben s' de Heid leev hatt. Se hebben disse Leevde, ok an lüttje Saken, de um uns to sünd, an uns Kinner wiedergeven. Weern de dreent man noch hier un kunnen mit mi un mien Kinner un Kindskinner dör de Heid un dör dat Moor strieken! Man dat is nu all west. Wat blifft, is dat Lengen in 't Hart bi mien Keiergang över dat Moor, dör Heid un Feld.

Immer noch is de Himmel hoog un blau. De Sünn schient un de Wulken trecken witt – so as blot in Oostfreesland – över dat Land. Fasthollen much ik disse Ankiek un nich löss laten.

Kunn ik dat man mitnehmen in de düster Tied!

Übersetzung
HEIDEBLÜTE

Der Sommer ist fast vorbei. Das Jahr wird weniger und meine Zeit auch. Ich weiß nicht, wann mir zum ersten Mal dieser Gedanke kam. Ist schon eine Weile her. Besonders deutlich kommt mir das jetzt wieder in den Sinn, als ich über einen Sandweg ins Moor gehe.
Soweit der Blick reicht, blüht die Heide zwischen Bäumen und Sträuchern. Vom Torfboden steigt mir ein Geruch in die Nase von Erde, Feuchtigkeit, Moderholz und Gras. Mitunter kann ich auch Pilze riechen.
Eigenartig ist, dass ich wieder eine unbestimmte Traurigkeit spüre. Genauso wie bei meinem Spaziergang über das Hochmoor im vergangenen Jahr. Dabei bin ich stets mit viel Freude in die blühende Landschaft eingetaucht.
Jedes Mal bei meinen Moorgängen schien die Sonne, so auch jetzt. Da war der Himmel tiefblau und weiße Wolken, wie sie besonders in Ostfriesland zu sehen sind, segelten über die stille Heide. Hin und wieder piepte ein Vogel. Von weiter entfernt hörte ich eine Kuh brüllen. Ein Fohlen wieherte nach seiner Mutter. Und in all dieser Herrlichkeit wurde mir das Herz schwer! – An einem ausgetrockneten Torfstich fand ich eine geschützte Stelle und setzte mich dorthin.
Damals wie heute liefen die Gedanken in die Vergangenheit und mir fiel das Lied ein, das mein Vater mit uns gesungen hatte: „Wenn abends die Heide träumt, erfasst mich ein Sehnen.“
Da saß ich nun, sah um mich herum, summte das Lied und mir fiel ein Gedicht ein. „Stille Abendstunde“ nannte ich es. Zum Glück hatte ich Papier und Stift dabei und schrieb es gleich auf.

Über das Hochmoor habe ich dann wieder meine Blicke schweifen lassen und konnte doch nicht sehen, was meine Sehnsucht benennen oder stillen konnte. Noch mehr als in den vergangenen Heidesommern ging mit mir ein Abschiedsbesinnen durch das Blühen. Aber warum? Was hatte sich in meiner kleinen Welt verändert?
Der Himmel auf seine ostfriesische Art; der Gesang von dem einen oder anderen Vogel und das Summen der Bienen klang in meine Ohren. An den bunten Schmetterlingen hatte ich meine Freude. Ich beobachtete die kleinen Käfer und Insekten, die um mich herum flogen und krochen und krabbelten und Schwierigkeiten hatten, durch den Urwald von Heidekraut zu kommen. Das war alles wie immer. Bei all dem Schauen wurde es dann doch still in mir. Was war in dieser doch eigentlich kurzen Zeit alles geschehen! Ich meine nicht bloß, was in der Weltgeschichte passiert ist und noch geschieht. Auch in meinem Leben geschah so vieles, fast zu viel für ein Jahr.

Erfreuliches habe ich erlebt, aber auch Missgeschicke und Niederschmetterndes. Was überwog, weiß ich nicht. Freude vergeht so schnell. Das Missliche klebt, dauert an, bleibt länger in Erinnerung, so meint man.
In diese Heideblütenzeit fällt der Todestag meiner Mutter. Einen Tag vor ihrem Todestag ist ein paar Jahre später ihre Schwester gestorben. Sie war meine Zweitmutter. Und wieder einige Jahre später hat mein Vater, auch in dieser Zeit, seine Augen für immer geschlossen. Hatte kurz vor seinem Tod noch davon erfahren, dass der Mann, den ich liebte, der Vater meiner Kinder, sich von mir, von seiner Familie losgesagt hatte. Diese Ereignisse stehen immer wieder vor mir, lassen sich nicht abschütteln.
Eltern und Tante liebten die Heide. Diese Liebe, auch die zu den kleinen Sachen, die um uns herum sind, haben sie an mich, an meine Geschwister weitergegeben und ich habe sie meinen Kindern vermittelt.
Wären die drei doch noch hier und könnten mit mir und meinen Kindern, den Enkeln durch die Heide und das Moor streifen! Aber das ist Vergangenheit und Traum. Was bleibt, ist das unbestimmbare Sehnen bei meinem Gang über das Moor, durch Heide und Feld.
Wieso ist immer noch der Himmel hoch und blau? Die Sonne scheint und die Wolken ziehen weiß – so wie nur hier bei uns in Ostfriesland – über das Land. Vögel singen, Insekten summen, Schmetterlinge flattern um mich herum. Der Abschied vom Blühen, Wachsen und Werden, vom Jahr, vom Leben ist nicht mehr weit entfernt.
Den Anblick der noch blühenden Heide, das ganze Empfinden, möchte ich mitnehmen in die dunkle Jahreszeit und darüber hinaus.




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