Erste Rebellion
Von Feierabend-Mitglied Montag 09.12.2024, 10:57
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Meine große Tochter war sieben Jahre alt, es war Freitag und eine anstrengende Woche lag hinter mir. Die Große hatte mal wieder einen ihrer “Meckertage”, nichts konnte ich ihr recht machen. Ich war mit Haushalt, Wäsche und Kochen beschäftigt und wohl auch nicht die Geduldigste an diesem Tag. Ich erinnere mich auch nicht mehr, worum unser Streit ging.
Sie kam wütend in die Küche, stemmte die Hände in die Hüften und sagte mit lauter Stimme: „Ich ziehe aus und suche mir eine neue Mutter!“ Ich ließ alles stehen und ging langsam auf sie zu, aber sie wich zurück. “Wir nehmen uns jetzt Zeit und reden miteinander und dann erzählst du mir, warum du so unglücklich bist.” Sie kämpfte die Tränen runter und schrie mich an: „Ich will nicht reden, ich will nur weg!“ sie nahm ihren kleinen Rucksack, stopfte ihr Kuscheltier rein und ihr Lesebuch, zog sich die Schuhe an und verabschiedete sich von ihrer 4 jährigen Schwester mit den Worten: “Wenn ich eine gute Mutter gefunden habe, dann hole ich dich nach.”
Ich spürte, wie entschlossen sie war und wie sie gleichzeitig mit sich kämpfte und ich wollte Zeit gewinnen. “Du wirst mir sehr fehlen” sagte ich, aber durch Verbieten wäre die Situation eskaliert. “Wollen wir uns nicht zum Abschied nochmal in den Arm nehmen?” “Fass mich nicht an!” schrie sie mich an und stand etwas ratlos da. “Hör mir jetzt gut zu, wenn du gehen willst wird es ein Weilchen dauern, bis du die Mutter gefunden hast, die du dir wünscht. Also pack dir Wäsche zum Wechseln ein, mach dir ein Brot und eine Flasche Wasser und nimm einen Apfel und eine Banane mit.” Sie stellte ihren Rücksack hin, packte ein, machte sich zwei Scheiben Brot, nahm die Wasserflasche und Obst, zog ihre Jacke an und ging zur Tür. Sie drehte sich nicht mehr um, knallte die Tür und weg war sie.
Ich war fassungslos und ich ging zu der Kleinen, die kam gleich in meine Arme, drückte mich und sagte: „Mama, sie kommt bestimmt bald wieder!“ So saßen wir eine Weile, stumm flossen bei mir die ersten Tränen, ich war so ratlos und musste doch handeln, aber wie???? Es dämmerte bereits.
Nach einer halben Stunde klingelte es, ich rannte zur Tür, wollte sie in den Arm nehmen, aber sie wich mir aus, sagte, ohne mich anzugucken: „Es regnet, ich gehe morgen!“ Sie ging in ihr Zimmer, zog sich aus und ging ins Bett. Ich brachte die Kleine ins Bett, las ihr noch etwas vor und wollte dann beiden Kindern Gute Nacht sagen. Die Große drehte mir den Rücken zu und sagte: “Geh raus, ich will dir nicht Gute Nacht sagen!”
An diesem Abend lag ich noch lange wach, ging noch zweimal ins Kinderzimmer, wollte mit ihr Frieden machen, aber sie lehnte jede Zuwendung ab. Ich stellte mich sehr infrage und weinte mich in den Schlaf. Gegen fünf Uhr früh wurde ich wach, zwei kleine warme Körper lagen links und rechts eng an mich gekuschelt, und eine Welle von Liebe und Dankbarkeit durchströmte mich. Wir verbrachten ein wunderschönes vertrautes Wochenende miteinander. Ich sprach es nicht mehr an und sie redete erst 2 Wochen später darüber.
@ Brigitte