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Eine Seefahrt, die ist lustig..........

Von Pinnacle Freitag 29.05.2020, 07:05

Eine Seefahrt, die ist lustig
Joa Bosch ©BJS

Durch das Meer der Unwissenden und in Höhe vom Kap der Ahnungslosen stampfte der Dampfer „Seekuh“ durch schwere See. Bis unter die Luken mit Trantüten beladen, die, wiederum prall gefüllt mit einfältigem Seemannsgarn, krängte der marode Kahn mit heftigen Schlagseiten von Steuer- bis Backbord so gewaltig hin und her, dass Kentern wohl eine Erlösung für die einfältige Mannschaft gewesen wäre. Denn die einen spuckten über die Reling um die Wette, die andern übten sich angstvoll mit dem „Pfeifen im Walde“, indem sie bei jedem Sturz in das Wellental: „Holahi, holaho....“ anstimmten. Aber sie verstummten schon vor dem folgenden „holahia“ und krallten sich fest, wo es nur ging. Dann, wenn bei diesem Höllenritt wieder hinauf auf den Wellenkamm der Mond über Bug sich am Himmel erneut zeigte, fuhren sie mit: „hia, hia, holaho!“ zaghaft fort.

Heizer Spatzenhirn hatte sich indes hinter einem Schott verkrochen und wollte so bessere Zeiten abwarten. In der engen Kombüse rotierte Smutje Klüsenheini zwischen unzähligen Kartoffeln und ebenso so vielen „Vater Unser“ wie in einer Waschtrommel wild umher. Aber alles Beten half diesmal nichts. Der Sturm nahm zu. Wilde Windböen jagten mit Gezeter weiße Gischt über das Deck und hüllten die Brücke in wabernde Schleierschwaden. Der Erste Offizier, Flitschbirne, fand in seiner Beschränktheit weder Suchscheinwerfer noch Nebelhorn. Und das Unheil nahm seinen Lauf.

Hart am Wind schlingerte und stampfte der alte Seelenverkäufer durch die sich kreuzenden Wellenberge immer wilder auf und nieder, sodass die Schiffsglocke, mit der Inschrift: „Seekuh 1888“, mit ihrem jämmerlichen Gebimmel den Klabautermann an Bord rief. Und mit heller Freude trieb dieser unselige Kobold seinen argen Schabernack mit den Todgeweihten. Der böse Ungeist setzte seinen Hobel an und mit lauten Polter- und Bumsgeräuschen, vermischt mit dem Sirenengesang fallender Winde, versetzte er die Verzweifelten in Angst und Schrecken. Denn nach altem Seemannsbrauch wussten sie:

„Wenn er klopft, bleibt er, wenn er hobelt, geht er“.

Aber falls er den Hobel absetzt, ist das ein ganz schlechtes Zeichen. Denn der Klabautermann verlässt ein Schiff erst im Moment seines Untergangs!
Kapitän Grützkopf, nicht nur der Seefahrt unkundig, auch sonst mehr als kenntnisarm und sich mehr bei den Rumflaschen als am Kompass aufhaltend, befahl in einem Moment der Erleuchtung Matrose Dummbartel in den Ausguck. Aber was oder wo das sei, das wusste dieser nicht. Auch Steuermann Einfaltspinsel hatte keinen blassen Schimmer davon. Und Moses Dumpfbacke, der mit seinem Schrubber die schwallenden Wassermassen unter Deck fegte, hatte von einem Ausguck noch nie etwas gehört.

Nur die Möwen kannten jene Einrichtung an der Mastspitze, bezeichnete man diese in der Seemannsprache doch als „Krähennest“. Aber bei dem Sauwetter waren alle Möwen und Krähen im sicheren Hafen geblieben und sangen dort in lustiger Runde miteinander:

„Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön,
ja da kann man manche Leute an der Reling spucken seh'n.
Holahi, holaho, holahia, hia, hia, holaho!”

Am 1. April 2020 habe ich bei einem Tauchgang in den Tiefen der Ungläubigkeit das Wrack der „Seekuh“ entdeckt. Sie muss damals an den Klippen der Ungereimtheiten zerschellt und danach mit Mann und Maus gesunken sein.
Aber nach 128 Jahren war nicht mehr viel zu bergen - außer ein paar Trantüten voller Seemannsgarn, das ich soeben hier für Euch aufgetischt habe.

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