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Ein Abend im Biergarten

Von stefanpachmayr 27.09.2020, 06:42

Der Biergarten war schon gut gefüllt, man musste sich sogar bei der Getränkeausgabe anstellen.
„Die Münchner lieben eben ihre Biergärten“, dachte er sich, „praktisch ist es ja auch, viele bringen sich ihr Essen selber mit und kaufen sich nur ihre oder Radler selbst, das gibt es nur hier und nicht woanders.“
Als sie angestoßen hatten, er trank heute vorsichtshalber nur eine Radlermaß, Nadia sowieso, überlegten sie, was sie sich zu essen holen sollten.
„Heute Spareribs und du nimmst deinen Obatzten“, stellte er einigen Minuten fest.
„Ausnahmsweise Obatzten, bei meiner Figur muss ich ja immer aufpassen.“
„An deiner Figur gibt es doch nichts auszusetzen“, sagte er und schaute sich um, um ein paar wirklich Münchnerinnen zur Bestätigung sich angucken, die wirklich gut beieinander waren.
„Und du hast keine Bedenken wegen dem Fleisch?“
„Überhaupt nicht, das liegt schon in der Familie, mein Großvater war Metzger, diese ganze Vegetarier- und Veganerwelle ist doch eine Dekadenzerscheinung. Früher haben die Leute gehungert und alles gegessen, heutzutage essen sie nur was auf den Boden fällt, verrückt, einfach verrückt.“
„Also ich achte schon darauf, dass das Fleisch aus kontrollierten Anbau kommt und die Haltung überwacht wird.“
„Selbstverständlich soll es den Viechern gut gehen, das will doch jeder Mensch, darum geht es doch gar nicht. Nach denen soll jedes Nutztier am Leben bleiben, das ist doch der Wahnsinn.“
Genüßlich knabberte am Sparerib, das mochte er am Liebsten und spülte mit der Radlermaß alles runter.
„Gut ist es heute!“, sagte er gutgelaunt.
„Ja, stimmt, wieder ein schöner Biergartenabend.“
Die Sonne war längst untergegangen und man konnte die Mondsichel zwischen den Wolken ab und zu sehen. Ein leichter Wind wehte, die Temperatur wurde inzwischen merklich kühler, war man ja noch im Mai und nicht im Hochsommer. Nastia zog sich eine Strickjacke um, K. wollte nichts zusätzliches, „das Bier erhitzt mich genug“, meinte er.
Alles lief auf den Höhepunkt des Abends hin, nämlich auf das Feuerwerk, das in der Stadt angekündigt war. Angeblich sollte man vom Hirschgarten aus einiges sehen können, da von der Theresienwiese abgefeuert werden würde. Eine aufgekratzte Spannung machte sich breit, Wortfetzen hallten durch die Bierbänke, irgendwo lachte eine Frau hysterisch.
„Weißt du den Grund für das Feuerwerk?“, wollte sie wissen.
„Habs wieder vergessen, irgendein Jubiläum, Stadtgründung oder so.“
„Ich bin gespannt!“
Ein tiefer Böller zerriss die Stille der Nacht, was mit einem Raunen quittiert wurde.
Es ging los.
Doch ein weiterer Schrei gellte durch die Nacht und eine Frauenstimme schrie:“Hilfe, Hilfe, kommen sie schnell mein Mann blutet aus dem Bauch, so helfen sie doch!“
Ein Durcheinander entstand aus Schreien, Leute, die helfen wollten oder wegliefen und Bedienungen, die entweder anfingen den Notarzt zu rufen oder eilig den Erste-Hilfe-Koffer brachten.
„Komm, lass uns gehen, wir können hier nicht helfen“, schlug Nastia vor und nahm seine Hand.
K. Ließ sich mitziehen, konnte er nun wirklich hier nichts machen außer gaffen und das wollte er nicht.
So endete dieser eigentlich so schöne Abend plötzlich und unerfreulich.
„Gute Nacht“, sagte K., als er Nastia an der Haustüre einen Wangenkuss links und rechts gab.
„Bis morgen“, antwortete sie und verschwand im Treppengang.

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