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Gespräch mit Handwerkern

Von tastifix Samstag 06.03.2021, 00:05

Die Küche soll abgebaut werden. Für 9Uhr haben sich die Handwerker angemeldet, gegen 11Uhr treffen sie endlich ein. Sie?? Zunächst nur einer. (Der Zweite erscheint erst eine halbe Stunde später).

Ich bitte ihn herein. Handwerker Eins:
„Ja, wo is denn nu die Küche?"
„Kommen Sie!"
Handwerker besieht sich, bereits leicht verunsichert, den Flur:
„Eine lange Diele!"
(Es bedeutet ´Schleppen!`)
Ich schäme mich:
´Wie hab ich mir aber auch eine solche Diele ... ?`
Dann betritt er die Küche:
„Die ist aber groß!"
(Noch mehr zu schleppen!!
„Aber, die im Küchenstudio meinten, die Küche sei zwar nicht klein, aber auch nicht richtig groß!"
Ich schäme mich noch mehr.

Nicht allein der Gedanke an die Unverschämtheit, einen langen Flur anzulegen, macht mir zu schaffen, sondern erst recht das mehr als kecke Unterfangen, mich für eine etwas größere Küche entschieden zu haben. Entsprechend beleidigt guckt der Handwerker:
„Doch, die ist groß!!"
„Ist gar nicht wahr!", will ich widersprechen, halte aber eingeschüchtert den Mund. Er macht eine allumfassende Bewegung mit den Armen, nur bin ich mir sicher, dass jetzt nicht etwa der Papstsegen folgt.
„Es wäre besser gewesen, Frau X von Firma Y hätte vermerkt, dass es sich um eine große Küche handelt."
Ich raffe den letzten Rest Mut zusammen:
„Sie hätten ja diesbezüglich am Telefon nachfragen können!"
„Und erst diese Decken hohen Schränke!!"
(Seine armen Arme!)
Ich staune nur noch und schweige.

Inzwischen ist auch Handwerker Zwei eingetroffen, wird gleichfalls von mir freundlich begrüßt, guckt beim Anblick der Räumlichkeiten ebenfalls leicht indigniert, überlässt aber das Meckern Handwerker Eins. Der hat sich inzwischen wieder beruhigt und trägt immerhin schon die Schubläden vor die Haustür. Selbstverständlich jede einzeln. Wahrscheinlich entspricht das seiner Auffassung von Fitnesstraining.

Bald wird es mir zu doof, nur so dabei zu stehen und ich packe mit an, was mir einen anerkennenden Blick von Handwerker Eins einträgt. Geschmeichelt trage ich daraufhin eine der hohen Schranktüren nach draußen. Sein Lächeln wird breiter:
„Aber - das ist doch nicht nötig!!"
´Nanu, was ist denn das plötzlich für`n sanfter Ton?`
Anstatt mich zum Nichtstun zu verleiten, spornt es mich dermaßen an, dass ich anschließend die halbe Küche selber raus schleppe und dann der arme Handwerker beinahe arbeitslos und deswegen ein wenig verlegen an einigen noch festsitzenden Schrauben herum fummelt. Er scheint sich inzwischen so sehr zu schämen, dass er sogar welche bearbeitet, die gar nicht vorhanden sind.

Derweil übt er sich im Ein-nettes-Gespräch-zustande-bringen:
„Übrigens: Viele wählen auch neue Fliesen."
„Will ich aber nicht. Mir gefallen die Fliesen nach wie vor sehr. Sie sind zeitlos und trotzdem nicht langweilig."
(Sie sind weiß mit schwarzem Linienrand.)
„Ich finde sie eigentlich auch schön. Wissen Sie, ich hab nen Kunden gehabt, der hat sich die Wand bis zur Decke fliesen lassen. Ist doch heute gar nicht mehr in."
„Mag ja sein, aber auf jeden Fall praktisch!"
Er überlegt kurz:
„Ja, da gebe ich Ihnen recht. Da gebe ich Ihnen unbedingt recht. Ja, Sie haben recht!!"
Ich denke:
´Das macht ´Recht haben` hoch drei. Einfach toll!`
Dankbar und ob jenes Komplimentes euphorisch befördere ich die letzten Küchenelemente vors Haus, wo Handwerker Zwei sie gnädig entgegen nimmt. Die beiden Handwerker begegnen sich ein paar Minuten später in der Diele.
Handwerker Eins:
„Du, findeste nich auch ... ? So sportliche Kunden ham wa nich oft, ne?"
Handwerker Zwei nickt dazu.
´Puuh!", atme ich erleichtert auf. ´Er hat mir vergeben!`

Nun ist die Küche leer, alle Möbelstücke weg. Dort liegen nur noch zig Winzigschrauben in den Fliesenfugen (damit man p drauf ausrutschen kann!), genauso der Dreck und der ist wirklich beeindruckend. Es gab mal Zeiten, zu denen baten die Handwerker um Besen, Schrubber, Aufnehmer, wienerten alles blitzblank und alles reagierten fast beleidigt, wenn die Hausfrau etwa helfen wollte. Heutzutage muss man ihnen dankbar sein, wenn sie ihren Auftrag noch selber erledigen.
„Wie - der Kunde ist König??"

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass es auch heute noch ganz viele höfliche, arbeitsame und hilfsbereite Handwerker gibt. Eigentlich sind die meisten so!!







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