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Zitronentorte mit ... Auweia!

Von tastifix Mittwoch 24.02.2021, 11:02 – geändert Mittwoch 24.02.2021, 11:03

Es trug sich zu vor etwa 20 Jahren, die Nachfeier von acht Geburtstagen stand an.
„14 Erwachsene! - Na, denn man los.“
Tagelang hielt ich mich beinahe nur noch in der Küche auf, bereitete mehrere Salate für jeweils 5-10 Personen zu, buk Kuchen und wurde, je näher die Feier rückte, zunehmend nervöser. Es war ja noch so viel vorzubereiten ...

Klar nahm ich auch die Lieblingstorte meines vierfachen Nachwuchses in Angriff, eine zweistöckige Zitronentorte mit Baiserfüllung plus mit Mandellblättchen verziertem Zitronensahnemantel. Zuerst buk ich den unteren Boden mit dem Baiser, dann den oberen, drückte die beiden Böden aufeinander und umhüllte das Ganze mit dem Sahnemantel. Noch fix die Mandelblättchen auf und ringsherum angedrückt, fertig. Die Torte sah prächtig aus und stolz fror ich sie ein.

Es wurde Samstag. Liebevoll deckte ich die Kaffeetafel:
„Wenn gleich noch die Kuchen darauf stehen ...“
Die Torte hatte ich sicherheitshalber schon am Abend zuvor aus dem Tiefkühlschrank genommen und zum Auftauen auf die Arbeitsplatte gestellt. Ich griff mir nun ein langes Küchemesser mit extra starkem Wellenschliff und trennte das Kunstwerk ringsherum vom Formrand. Danach wollte ich es in Stücke teilen.Vorsichtig ritzte ich den Sahnemantel erst nur oberflächlich an. Die Torte ertrug es tapfer und krümelte auch nicht. Darob mutiger geworden, drückte ich das Schneidwerkzeug tiefer hinein und verzierte sie so zusätzlich mit einem hübschen Schnittmuster.
Die obere Tortenhälfte zu zerschneiden war kein Problem, aber danach war Schluss, so sehr ich auch drückte und schob.
„Ächz! - „Komm nicht durch!“
„Der ist aufgetaut!“, behauptete der Papa meiner Kinder.
„Ist der nicht richtig!“, beharrte ich. „Siehste doch!“
Er sah es nicht, vor allem dann nicht ein:
„Wenn ich es Dir sage: Klar ist der aufgetaut!!“

Es brachte mich auf Hundert. Wütend auf das scheinbar unfähige Messer und genauso auf die sich sträubende untere Tortenhälfte bremste ich mich nur noch mit äußerster Mühe davor, das Messer schwungvoll mit einem Hammer zu tyrannisieren, damit es endlich doch bis zum Tortenboden vordringen sollte. Auch hätten meine Finger eventuell dabei bitter leiden müssen. Darum verzichtete ich denn auf jene brutale Methode und stupste nur leicht mit einem Spültuch auf den Messergriff. Es brachte gar nichts, die Torte trotzte weiterhin, aber nun steckte das Messer fest. Frustriert versuchte ich es mit guten, dann weniger guten Worten und auch heimlichen Flüchen. Nichts. Und es mit meinem wahrlich irren Gewicht von 53 kg zu beschweren, erschien mir denn doch arg übertrieben zu sein. Froh, dass ich denn doch immerhin schaffte, das Schneidwerkzeug wieder raus zu ziehen und dann noch froher, weil die Torte diese Aktion nicht übelnahm und nicht zermatschte, gab ich dann sogar relativ selbstbewusst zu:
„Geht wirklich nicht!“
Dennoch ein letzter hartnäckiger Versuch: Vergeblich.
„Irgendwas stimmt da nicht ...“
Verärgert musterte ich die Schnittränder.
„Häh, was wellt sich denn da in der Mitte?“
Und dann:
„Nää, nee?!!“
So etwas war mir noch nie unterlaufen, das nicht: Anstatt die ganze fertige Torte auf den Tortenpappteller zu stellen, so dass sie einfacher zum Einfrieren in Alufolie hätte fest eingeschlagen werden können, hatte ich der Pappunterlage in der Hektik der ganzen Vorbereitungen den Platz in deren Mitte zugewiesen und sie dann wohl vor Begeisterung darüber (mal ein bisschen Abwechslung) charmante Wellen geschlagen.
„Och je, wie peinlich!“
Zum Glück für mich konnte ich in dem Moment meine Miene nicht sehen. Für eine überragende Intelligenz sprach sie garantiert nicht. Ich versuchte, mich raus zu reden, hoffte, der Papa meiner Kinder sähe nicht ganz so prüfend wie ich auf die Torte und murmelte einiges sehr unsinniges Zeug. Er sollte ja nicht merken, wie doof ich mir vorkam:
„Zitronentorte mit Pappeinlage! Kriegt nicht jeder hin!“
Es half nichts, im Gegenteil. Mir war pappelend.

Aufzugeben kam nicht in Frage. So schob ich die Stücke der oberen Tortenhälfte von der Pappe auf einen Tortenheber, was sie sich auch in angebrachter aufrechter Haltung brav gefallen ließen und stellte sie dicht an dicht in Kuchenform auf eine Platte. Zu meiner Erleichterung war von der vorhergegangenen Katastrophe nichts mehr zu sehen.
„Ist eben ´ne einstöckige Torte!“, trumpfte ich auf.
„Ehem!“, kam als Kommentar.
Den unteren Teil der Torte, der nun etwas jämmerlich aussah, weil ohne Sahnemantel, entsorgte ich nicht etwa, sondern verwahrte ihn nach einem Probenaschen im Kühlschrank. Um den würde ich mich am nächsten Tag noch „kümmern“.

Dann wurde gespeist. Alle waren begeistert.
„Mama, die schmeckt toll! Aber, sag` mal, wieso ist die denn diesmal so niedrig?“
Ich hatte es ja kommen sehen, es bliebe mir nicht erspart und ich beichtete denn auch, wieso und weshalb die so aussähe, wie sie eben aussah. Meine vier Töchter grinsten vielsagend:
„Ja, ja ... das Alter, Mama!“

Anderntags klaute ich der etwas verunglückten unteren Tortenhälfte ein Viertel. Der Rest überlebte dann nur noch zwei weitere Tage.
„Mmm - lecker!““

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