Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

4 4

Ein Buchstabe outet sich

Von tastifix Donnerstag 18.03.2021, 17:02 – geändert Donnerstag 18.03.2021, 19:23

Das ABC hat 26 Buchstaben. Es gibt sie als Erwachsene (Großbuchstaben) und als Twens (Kleinbuchstaben). Die Großen treten selbstbewusster auf, stehen ja allermeist am Anfang eines Substantivs, das ja ohne sie gar nicht da wäre. Daher rührt auch deren Selbstwertgefühl.
Die Kleinen dürfen dagegen höchstens ein Verb anführen oder müssen sich gar mit der noch niedrigen Position mitten in jenem zufrieden geben. Ab und zu kommt es deswegen zu Reibereien, wer denn wohl etwas zu bestimmen und wer sich gefälligst möglichst zurückhaltend zu melden habe. Wird die Streiterei zu wild, schreitet das ´R` ein:
„Ruuuhe!!“
Beleidigt geben die Buchstabentwens auf.

Tja, aber es geht ja nicht nur darum, wo genau sie ein Wort vervollständigen, sondern auch, welche Gewichtigkeit dies dann hat und ob jenes etwas Schönes oder gar etwas Schlechtes bedeutet. In dem Falle steigen die erwachsenen Buchstaben auf die Barrikaden und würden sich manchmal zu gern an die Haken, Striche und Rundungen gehen. Aber selbst sie werden zurechtgewiesen. Wie denn das?

Wie gesagt, werden Einige kaum beachtet, weil sie eventuell gar nur das Ende eines Wortes anzeigen und höchstwahrscheinlich ein weiteres folgen wird. Es sei denn, ein Zeichen drängt sich dazwischen. Dann ist der Satz zu ende. Gegen einen Punkt oder ein Rufzeichen kommt keiner der Buchstaben an.
Jedoch machen Andere mehr Einfluss geltend, verstärken den Sinn des Wortes oder wandeln ihn gar ab. Und schon wird gestritten, wer denn welcher Buchstabengruppe angehört.

Ein sehr kecker Buchstabe ist das ´I`. Die anderen Buchstaben sind deswegen oftmals ziemlich sauer. Na ja, solange es nur etwas infrage stellt, sind sie nur ein bisschen sauer, denn das ist ja zu ertragen.
´Wie`?
´Wie viele …?`
´Wie macht man …?`
Dies wird geduldig angehört, denn, um diese Fragen zutreffend zu beantworten, wissen sie alle etwas beizutragen.

Wenn aber einer der Strich-Twens seinen Nebenmann so fies schubst, dass jener aus dem Wort und dann gar aus der Zeile fliegt, beweist das ´I`, wozu ein ´I` so fähig ist und es brüllt wie der Ausbilder bei der Bundeswehr während eines Appells, wenn ein Soldat mit dreckigen Fingernägeln aufzukreuzen wagt.
„Iiihhh!!“
Sowohl die Soldaten wie auch die Buchstaben zucken zusammen und bemühen sich, ja nicht mehr unangenehm aufzufallen. Was den Soldaten leichter fällt als den ABC-Anteilen.

Ganz schlimm wird es, wenn ´Iih!` noch eine Steigerung erfährt:
„Ihhgitt!!!“
Es kommt fast einem Rausschmiss gleich. Dies allerdings trägt beileibe nicht dazu bei, den betreffenden Ausbilder und genauso wenig das ´I` etwa beliebter werden zu lassen. Dagegen bringt es beiden viele Feinde ein.

Weil aber die meisten Ausbilder heutzutage als auch das ´I` viel lieber viele Freunde haben möchten, beruhigen sie sich rasch und werden ganz doll charmant. Der Soldat heftet vielleicht sogar einem Untergebenen einen blitzenden Orden ans Revers, worauf ihn der geschmeichelt anstrahlt.

Das ´I` hat da seine ganz eigene Methode: Es lobt jeden Buchstaben, der seine Aufgabe gut erfüllt hat und auch sonst während der letzten 24 Stunden nicht negativ aufgefallen beziehungsweise gar ausgefallen ist, über den grünen Klee:
„Wieder wie ein wichtiges Mitglied des ABCs agiert!!“
Derjenige strahlt dann auch geschmeichelt:
´Wie nett das I doch ist!`

Aber es ist der Auszeichnung noch nicht genügend. Der Geehrte darf einen bedeutenderen Platz im Wort einnehmen und sich zudem entsprechend selbstbewusster äußern. Jedoch nie so sehr kess wie das ´I`. Seinen Rang lässt es sich nämlich denn doch nicht strittig machen.

Du möchtest die Antworten lesen und mitdiskutieren? Tritt erst der Gruppe bei. Gruppe beitreten

Mitglieder > Mitgliedergruppen > Kreativ Schreiben > Forum > Ein Buchstabe outet sich