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Bitte nie wieder!!

Von tastifix Montag 06.02.2023, 16:05 – geändert Montag 06.02.2023, 16:13

Ja, das gibt’s wirklich. Nein, es geht nicht um ein Treffen. In diesem Falle nicht.
Dagegen um etwas, das mich, die Frau des Hauses, fast verzweifeln ließ.

Als es geschah, fand ich mich hoch oben in der sprichwörtlichen Palme wieder und sah auch keine Chance, sie in absehbarer Zeit wieder runter zu klettern. Mein Kreislauf raste, das Herz klopfte mir bis zum Hals und ich meckerte auf eine Weise wie nur selten und mit nicht ganz gesellschaftsfähigen Ausdrücken in Lautstärke 300 los.

Was war passiert? Ich hatte - verzeihe ich mir nie - den Fehler begangen, die knarrende Haushaltsleiter hervor zu kramen und so zu signalisieren, dass ich gewillt wäre, tatsächlich tätig zu werden. Es selbstlobend zu erwähnen, kann ich mir jetzt nicht verkneifen. Das Ding steht nämlich die meiste Zeit im Abstellraum und neigt sich mir, öffne ich dessen Tür, nur zu gern höflich entgegen. Undank ist der Welten Lohn. Ich setzte sie genervt auf den niedrigsten Rang auf meiner Beliebtheitstabelle für Haushaltsutensilien. Es beeindruckt sie anscheinend nicht. Sie macht weiter.
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Unlustig schleifte ich sie also in die Küche und stellte sie seufzend vor einen der Hängeschränke. Es wartete eine fiese Arbeit auf mich. Im Anfall von Fleißwut hatte ich vor, sämtliche Hängeschränke auszuwaschen. Leider sinds 13 an der Zahl und zudem noch Decken hoch. Verblüfft schaute ich dann auf ´Blütenweiß` und ´Porentief rein`.
„Wieso komm ich nur auf die Schnappsidee, hier putzen zu wollen? - Bekloppt so was!“
Aber meine innere Stimme meldete sich. Anscheinend ertrug sie es nicht, mich winziges Menschlein dort auf der wackligen Leiter dabei zu erwischen, wie es sich selber gegen die Stirn tippte. Nein, es gab tatsächlich einen Grund fürs Putzmanöver ...
„Nu guck genauer hin!“
„Wiiiee?“
„Na, bislang hast doch nur auf die unsäglich vielen kleinen und großen Papppackungen und Dosen gestarrt!“

„Da ist nichts!“, murrte ich.
„Also, wirklich! Hiiinguucken!!“
Ich tat wie befohlen: Weiß. Nichts als Weiß, egal, wohin ich den Blick lenkte. So allmählich war ich sauer auf meine innere Stimme, die mich wohl verulkte. Nicht mit mir! Ich kramte die patzige Bemerkung, die ich noch so gerade eben runter geschluckt hatte, aus der hinteren Gedächtnisschublade wieder hervor und wollte los legen, da fiel es mir auf. Jenes Weiß um die Dübel herum war anders, ein bisschen weniger kalkweiß, eher vielleicht offwhite zu nennen. Und es hatte Löcher, sogar ganz viele davon. Selber kalkweiß geworden, schrie ich auf, Tränen der Wut und des Frustes kullerten mir über die Wangen, was für Sekunden den Vorteil mit sich brachte, dass ich jenes biestige Weiß nicht mehr sah. Ein nasses Gesicht ist unangenehm, ich griff ein Küchentuch und hatte prompt wieder den totalen Durchblick. Es weißte nur so vor meinen Augen.
„Iiiiiih!!“
Denn der Groschen war gefallen, was das war und womit ich also zu rechnen hatte und dies in jedem der Löcher, äußerst sorgfältig damit zugekleistert. Als ich dann mit zwei spitzen Fingern einige der Dosen entfernte, dachte ich im nächsten Moment, dass ich sie besser dort gelassen hätte. Meine Vorahnung wurde bestätigt und hinter einer der Dosen grinste mich ein zartes Wesen mit durchscheinenden Flügeln unverschämt an. Aber, anstatt sich passend zum Outfit in Weiß zu kleiden, hatte es eine Modesünde begangen und hockte dort, mit einem deutlichen Wohlstandsbauch ausgestattet, frech an der hinteren Schrankwand, ganz in Schwarz. Ich grinste frech zurück. Was mir wegen des Ekels, der sich meiner bemächtigte, denn relativ schwer fiel. Aber diesem Eindringling würde ich es zeigen.
„Kannste mir mal sagen, wie Du hier rein gekommen bist und was Dir einfällt, Dich hier uneingeladen breit zu machen und dann noch den Schrank als Kinderstube auszustaffieren?“
„Tja, gut gemacht, gelle? Na, die Mehltüte war toll gemütlich und zudem reicht ja der Vorrat darin für mehrere Generationen!“
„Das glaubst Du ja wohl selber nicht, dass ich da mitspiele!“
„Wie willste denn das verhindern? Hihi, in wenigen Minuten sind alle meine Kleinen geschlüpft und dann feiern wir hier ne tolle Party!“

Es war das Letzte, was ich von dem ekligen Etwas hörte, denn ich holte aus und die Fliegenklatsche sauste durch die Luft. Daraufhin war es sowohl endgültig geplättet wie auch platt und zudem auffallend tot, woraufhin ich mich nun als Massenmörderin betätigte. Dabei half mir eine ausrangierte Bratennadel, mit der ich in jedem der Löcher herumstocherte, zunächst das weiße Gespinst zerstörte und dann auch die Miniwürmchen dahinter. Mit jedem weiteren Mord ward es mir übler. Zum Glück hatte sich meine eine Hand um den Griff der Leiter geklammert, nicht willens, etwa loszulassen, sonst hätte ich mich vielleicht gar auf dem Boden in der Waagerechten wiedergefunden. Mit der anderen bohrte und bohrte ich, warf eine halbe Rolle Küchenpapier mit darin verborgenen Leichen in die Abfalltüte, hielt aber die Gewissheit, dass nun mein Abfalleimer als Friedhof der besonderen Art diente, nicht aus, löste die Hand vom Leitergriff, rutschte mit wackelnden Beinen nach unten und flitzte zur Biotonne draußen. Geschafft!

Zurück im Haus, sammelte ich sämtliche Lebensmittel, auch die in verschlossenen Packungen, in einer weiteren Tüte und sah zu, dass ich diese, inzwischen heftig schluckend, der ersteren folgen ließ. Die Hängeschränke präsentierten sich nach dem Auswaschen wieder in einem gesunden Weiß, aber ihres Inhalts beraubt. So leer erinnerten mich die Fächer zu stark an das, was ich gerade hinter mir hatte und auch das, was mir noch bevorstand, nämlich den Küchenboden von etlichen Resten zu befreien. Danach raffte ich mich zu einem sehr ausgiebigen Tupperdosenerwerbsbummel auf und platzierte sie dann ordentlich aufgereiht in die besagten Schränke.

Zum Glück musste ich ein solches Mehlmottenrendezvous nie wieder durchstehen.

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