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Ich erziehe mein Kind, aber sicher doch!! g

Von tastifix Samstag 28.08.2021, 16:06

Andere taten sich in Gruppen zusammen, lasen Erziehungsbücher, bezogen sich diskutierend auf die erlesenen Weisheiten und machten sich nach Kräften etwas vor, wie Kindererziehung zu laufen hätte.

Ich erstand jene klugen Bücher nicht, trat auch keiner Gruppe bei, um mich dort Erziehungsberechtigten gerecht seelisch umstylen zu lassen, sondern bestand auf meine innere Freiheit.
„Ist der Nachwuchs erst einmal da, ergibt sich alles von alleine!“
Gelassen sah ich der postnatalen Phase entgegen, trotz der Erkenntnis, dass diese keine Angelegenheit von nur wenigen Wochen, sondern eine jahrelang andauernde werden würde. Psychisch stabil genug, hatte mich ja nicht von den besagten Wälzern verrückt machen lassen und schon gar nicht von den tiefschürfenden Argumenten meiner näheren und weiteren Umgebung:
„Solch ein Zirkus! Kindererziehung ist das Einfachste von der Welt!“
Die mitleidigen und noch mehr äußerst besorgten Blicke werde ich niemals vergessen.

Ein paar Monate darauf war es soweit. In Nullkommanix zur reifen Mama mutiert, konnte mir wohl kaum mehr etwas anhaben. So glaubte ich, doch mein Nachwuchs dachte vom ersten Tag an genau das Gegenteil. Noch in der ersten Euphorie begriffen, stellte ich zunächst höchst erstaunt, danach leicht verunsichert und letztendlich (dann ohne jegliche Euphorie) total ernüchtert fest, dass Baby einen festen Willen geerbt hatte, der ehrlich gesagt, extrem fest war.
Wagte ich es, gar Vorschriften zu machen, erntete ich prompt ein empörtes, in der Intensität ständig kräftigeres Protestgeschrei, das oft bis zu einer halben Stunde andauerte. Gelassenheit und Selbstzufriedenheit ade, das Scheiden tat weh, war aber unvermeidbar geworden.

Bis zum Ende des Babyalters durchlief ich die erste Klasse einer recht strengen Mama-Umerziehungsschule und durfte dann in Eigenlob schwelgen, weil ich mich zu Babys ausgesprochener Zufriedenheit als eine regelrechte Musterschülerin erwies. Dementsprechend positiv stellte sich das Versetzungszeugnis dar:
1. Ich hatte erfolgreich gelernt, beim ersten Piep die Beine unter den Arm zu klemmen und zum Babybett zu flitzen.
2. Selbstverständlich verzichtete ich auf den Mittagsschlaf und wiegte derweil(klar strahlender Miene) Baby mindestens eine Viertelstunde lang in den Schlaf, weil es nämlich nicht einsah, dass der eine absolute Pflichtübung für solch extrem jungen Erdenbürger war. Dass mir dabei die Arme lahm wurden,war egal.
3. Baby durfte so lange baden wie es wollte und ich wischte hinterher bei fröhlichem Gequieke meines Kindes auf Knien rutschend das Badezimmer trocken.
4. Das Hauptfach ´Mahlzeit` bereitete mir zwar zum Ende des Schuljahres immer noch etwas Kopfzerbrechen, aber eher aus überschäumenden Mitleid mit dem Mini, das der geschmacklosen Babybreipampe ausgesetzt war. Heimlich mischte ich geriebenen Apfel darunter, ab und zu auch ein mildes Gewürz und hinterging damit die damals vorrangig herrschende Vorstellung von der für solch Winzlinge passenden Ernährung. Den so gesunden Spinat hatte mir Baby beim ersten Male überall hin gespuckt und so klar gezeigt, was es von dem grünen Zeug hielt. Eilig strich ich ihn vom Speiseplan, was mir ein lobendes Strahlen meines Nachwuchses einbrachte.
Als es mir dann das zerknitterte Versetzungszeugnis in die Hand schob, verziert mit ein paar hübschen Möhrenflecken und Apfelmusklecksen, urteilte es:
„Da, Mama ei!“
In die blöde umständliche Erwachsensprache übersetzt hieß es:
„Gehorcht hervorragend. Zur Mama gut geeignet!“
Dieses Lob begleitete mich weitere siebzehn Jahre lang.




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