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Engelchen

Von tastifix Montag 06.08.2018, 13:18 – geändert Mittwoch 08.08.2018, 13:09

Ach, welch ein niedliches Windelpaket! Der Anblick des zarten und dermaßen hilflosen Bündels rührt alle. Achtung: Es ist keine putzige, unschuldige Puppe, sondern in dem viel zu riesigen Kinderbett und dem viel zu großen Strampelanzug liegt ein etwas sehr Lebendiges. Die Sorge, von den Eltern vielleicht gar übersehen zu werden, darf es getrost vergessen. Die haben nämlich seit Monaten schon sehnsüchtig auf seine Ankunft gewartet.

Bestimmt haben sie sich Bücher über das Kinderkriegen und die Kindererziehung gekauft. Lauter schlaue Schriftwerke, die erstens den unerfahrenen Jungeltern das liebe Geld aus der Tasche ziehen und sie zudem völlig verunsichert. Schlechtes Gewissen quält sie wegen elterlichen Fehlverhaltens, das sie noch gar nicht begangen haben können und auch die Befürchtung, für die Elternschaft untauglich zu sein. Die Autoren, die jenen Mist verzapft haben, werden von jenen unbedarften Sorgeberechtigten geradezu maßlos bewundert. Es klingt ja alles so immens weise!

Zum Glück zählt das Elternpaar, dem ich hier schreibe, nicht zu denen und machen das Klügste, was man machen kann: Sie vergessen diese Machwerke schnellstens und sind fest entschlossen, nehmen das Kleine so zu erziehen, wie sie selber es für richtig halten.

Hihi!
Wie bitte? Tja, trotz aller Euch zugesprochenen pädagogischer Begabung habt Ihr Zwei nicht allein mehr das Sagen. Seit ein paar Monaten ertönt eine zaghafte Stimme in Eurer unmittelbaren Nähe. Sie verrät auf wunderbar engelsgleiche Art, dass Baby Euch nur zu gerne im Glauben lässt, dass Ihr die Erziehungsberechtigten seid. Dies gelingt ihm ohne allzu große Anstrengung. Denn wegen der Ähnlichkeit mit einer Puppe würden nur die wenigsten frisch verliebten Mamis und Papis auf die Idee kommen, dass der Winzling bereits emsig damit zugange ist, ihnen dieses Vorrecht abzuluchsen.

Baby registriert höchst zufrieden ab dem ersten Atemzug an der frischen Luft, dass die Großen bei jedem Quietschen zwar stolz wie Oskar, aber gleichzeitig völlig aufgelöst zum Bett eilen, immer in der Sorge, das Kleine brauche irgendetwas. Manchmal braucht es wirklich etwas, vielleicht eine saubere Windel oder die lebende Milchflasche, die aber soundso ohne Unterlass um seine Liegestatt herum wuselt. So klein Eure Nachwuchs auch noch ist: Für solche Aktionen hat er einen siebenten, nein, offensichtlich sogar einen achten Sinn. Denkt nur nicht, dass Ihr das Strampelpaket vielleicht austricksen könntet. Seid besser auf der Hut, dass es das nicht eher mit Euch anstellt.

Weil ich ein hilfsbereiter Mensch bin, folgen jetzt ein paar nette Hinweise. Wohlgemerkt: Hinweise, nicht etwa Ratschläge. Letztere überhäufen Euch soundso und hängen Euch nach kurzer Zeit zu den Ohren raus. Bis dahin solltet Ihr Euch soweit emanzipiert haben, die von allen Seiten nervenden, obwohl selbstverständlich nur gutgemeinten Tipps tunlich zu ignorieren. Am cleversten deichselt Ihr es so:
Gibt die liebe oder auch manchmal nicht so sehr liebe Verwandtschaft mal wieder zum x-ten Mal ihren Senf dazu, nickt gottergeben, denkt Euch Euren Teil, aber geratet deswegen bloß nicht in Rage. Es kostet nur Nervenkraft, die Ihr besser für schlaflose Nächte wegen Baby aufspart!

Aber zurück zu dem selbstverständlich stets nur braven Schatz. Dem schönsten Baby der Welt mit einem Charakter, von dem alle übrigen Eltern auf Erden bei ihren Kindern nur zu träumen wagen. Ihr aber habt einen solchen Engel. Baby schreit garantiert nur, wenn es wirklich triftigen Grund dazu hat. Bei nasser Hose, Hunger oder vergessenem Bäuerchen. Dann wird das Kleine mit engelszarter Stimme nach Euch rufen. Auch brüllt es dann nicht etwa einfach los, damit die Eltern gefälligst nur noch ums Kinderbett herumlaufen und ausschließlich die in diesem Frühstadium ach so ergiebige Unterhaltung mit dem Nachwuchs suchen sollten. Nein, stattdessen schläft es von der Fütterungszeiten abgesehen, den ganzen Tag friedlich durch und ist generell die Rücksichtnahme in Person. Legt Ihr das kleine Bündel abends ins Bett, erntet Ihr ein seliges Lächeln und es schlummert ohne jedes Aufmucken sofort lieb ein.

Von wegen!! Die Idee mancher seiner Altersgenossen, etwa ein anhaltendes Protestgebrüll vom Stapel zu lassen, ist auch ihm leider sehr wohl bekannt und es vermag dermaßen penetrant zu schreien, dass die Mami und auch der Papi sich fragen:
„Vielleicht fehlt ihm ja doch etwas??“
Solche sorgenvollen Gedanken sind äußerst gefährlich. Verdrängt sie besser sofort, sonst ist es um die liebe Autorität geschehen, der Mini-Engel landet auf dem Arm und anschließend im Elternbett. Dort wundern sich dann Mami und Papa, wieso das Kreischpaket so prompt verstummt oder höchstens nur noch ein seliges Quietschten von sich gibt.

Baby hat instinktiv eine eine prima Methode gefunden, vom zum erziehenden Lebewesen zum Erzieher zu mutieren. Wofür hat es denn die riesigen Augen, den süßen verstrubbelten Haarschopf und die winzigen Hände? Selbst bei dem geringsten schüchternen Versuch der Eltern, doch noch die Oberhand zu behalten, umschließt es eben mit den Puppenhänden fix deren Finger und hat die Situation sofort wieder unter Kontrolle. So schnell geht das. Und Mami und Papi schlucken vor Rührung:
„Guck mal, die Äugelchen, die süßen Fingerchen! Hast du gesehen, wie niedlich es lacht?“ Achtung! Derweil sagt sich Baby:
„Wenn das hier so bleibt, fühle ich mich wie im sechsten Himmel!“
(Für den siebenten ist es denn doch noch ein wenig zu früh!).

Wichtig: Nur zu lesen ...
in Abwesenheit des geliebten Pseudoengels im Wachzustand!
Oder...
in Anwesenheit des geliebten Pseudoengels im Schlafzustand!

Nichtsdestotrotz wünsche ich Euch viel Glück mit dem selbstverständlich entzückendsten Baby der Welt!!

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