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Das Schwimmbad



Der Weg ging steil nach oben und in der Ferne konnte sie das Farmhaus ausmachen. Wie viele Hunderte Male in der Vergangenheit blickte sie auf die Natursteinmauer des „Damms“.

Ein Schwimmbad konnte man es nicht nennen. Es war vollkommen aus Naturstein gebaut und das Wasser kam direkt aus dem Berg, eben aus diesen Wasserfällen, von denen die Farm ihren Namen erhalten hatte. Weil das Wasser naturrein war, und Chemikalien nie eingesetzt wurden, war es eine Art Naturteich, aber tief genug, herrlich darin zu baden. Unten auf dem Boden schwammen Frösche, manchmal fanden sie sogar eine Schlange darin. Schlangen schwimmen eben gern. Die Frösche waren willkommen auf dem Speisezettel.

Nachts machten sie jedoch einen Höllenlärm. Mit Taschenlampe gewappnet ging sie mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Frösche fangen. Wenn man das Licht der Lampe auf den quakenden Frosch richtete, sah man, wie er seinen Kehlsack aufblähte und mit Hingabe sein Liedchen sang. Im Schein des Lichtes saßen sie merkwürdigerweise bewegungslos. Man konnte sie leicht mit der Hand fangen. In einen mitgebrachten Eimer wurden sie dann vorsichtig gepackt, im Badezimmer aufbewahrt und am nächsten Morgen durften die Kinder sie wieder in den Fluss, wo sie ursprünglich herkamen, zurückbringen. Aber am Abend waren sie wieder da!


Schöne Spiele haben sie in dem Schwimmbad gespielt. Eine alte Zinkwanne diente als Boot, oder ganz interessant, auch als Luftspender unter Wasser. Wenn man das Ding umdrehte und es schräg nach unten zog, aber so, dass Luft im oberen Drittel blieb, konnte man unter Wasser atmen. Da fühlte sie sich immer sehr sicher, unsichtbar für diese Welt.

Der breite Rand des Schwimmbades diente ihr öfters als Weg in ihrem einsamen Spielen. Manchmal lief sie wie in Trance auf dem Beckenrand und spielte laut Theater. Meistens war sie alle Figuren zugleich. Sie spielte abwechselnd Prinzessin, König, gefährliches Ungeheuer usw.

Mit Wehmut dachte sie jetzt an ihre glückliche Kinderjahre zurück. Am glücklichsten war sie ganz allein, nur mit ihren Phantasien und ihren Tieren.

„Wollen wir weiter?“ fragte ihr Bruder und ließ den Motor an.

„Ja, es ist gut so“, sagte sie und sah jetzt voller Neugierde ihr altes Zuhause an. Sie hatte wieder Kraft gesammelt und konnte die Erinnerungen wieder ertragen.

Es war die Zeit in der die Gladiolen blühten, und wie früher standen sie auch jetzt in wilder gelber Pracht am Wegesrand. Unterhalb des Schwimmbades war Feld. Wie in ihren Kinderjahren war dieses Stück Land nicht bewirtschaftet. Nur wilde Feldpflanzen wuchsen dort, Aloe und Gladiolen.

Links lagen damals die Ländereien mit Wein, Gemüse und Obst. Ihre Mutter hatte damals alles Mögliche angepflanzt. Sie konnte sich noch daran erinnern, wie sie mit dem kleinen Lastwagen zu den Schwarzensiedlungen fuhren und Kohl verkauften. Mais war auch eine Zeitlang eine Ertragsquelle, abgewechselt von etwa 5000 Weinreben. Das hatte mehr Spaß gemacht, und die Bauern wurden ihre engsten Freunde. Herrliche Weinparties wurden auf den anderen Farmen gefeiert. Ihr Vater musste dann immer sein Zahnarztbesteck mitnehmen, um die „Volkies“ auf den Farmen zu versorgen. Meistens konnten nur Zähne gezogen werden, da auf vielen Farmen noch keine Elektrizität vorhanden war. Somit konnte auch nicht gebohrt werden. Die Schwarzen zeigten in ihrer Angst nur das Weiß ihrer Augen. Trotzdem war ihr Vater sehr beliebt bei ihnen. Wer sonst hätte sich damals um das Wohl und die Gesundheit der „Volkies“ (Bezeichnung für die farbigen Farmarbeiter) auf den Farmen gekümmert? Nach überstandener Sitzung gab es dann auch einen Becher Wein.

Sie musste lachen als sie an die Episode dachte als ein Farmarbeiter zu ihrem Vater kam. In seine Hände hielt er das rote Rücklicht eines Fahrrads. Er bat ihren Vater dieses in seinem Frontzahn einzubauen. Der Zahn war vollkommen in Ordnung, deshalb staunte ihr Vater nicht schlecht, bei dieser Bitte. Er schmunzelte und versprach dem „Klong“ (kleiner schwarzer Junge) das für ihn zu tun. Bis jetzt wurden auf den Weinfarmen nur Zähne gezogen, aber jetzt lud ihren Vater den Jungen auf seiner „Bakkie“ (klein Geländewagen) und brachte ihn auf die Farm. Dort hatte er ja schließlich Strom für den Bohrer.

Es war ja verboten den schwarzen Jungen in den „Weißen“ Praxis zu behandeln.

Er setzte seine Spritze und bohrte den Zahn so aus, dass das Rücklicht in dem Loch reinpasste. Jetzt wurde es eingepasst. Als er es dem Jungen zeigte, weinte er vor Glück. Es war der stolzeste Junge weit und breit. Er konnte nicht mehr aufhören zu lächeln und seinen sogar in der Dunkelheit scheinenden Zahn zu zeigen.

Selbstverständlich war diese Behandlung für ihn umsonst.

Der alte, verknorpelte Eukalyptusbaum stand noch neben der Garage, auch hier in voller Blüte. Die Straße endete oben in einer Doppelgarage, jedoch nicht mehr wie früher mit Reetdach, sondern jetzt mit Asbestdach. Immer noch gab es die drei Terrassen bis an das Haus. Rechts unten lag die erste Terrasse mit glattem grünem englischen Rasen, abgegrenzt von einer kleinen Steinmauer, bepflanzt mit Rosen. Dann, um die Höhe der Mauer erhöht, lag die zweite Terrasse, wiederum von einer Mauer und einem Blumenbeet abgegrenzt zur höher gelegenen dritten Terrasse, die direkt am Haus endete.


Die erste Terrasse war die interessanteste. Auf ihr stand noch die alte Platane, aus der mal eine Freundin fiel und sich den Arm brach. Auch war da das geheimnisvolle Umkleidehäuschen, eine Holzbaracke mit vielen Spinnen und Mäusen. Sie musste immer sehr vorsichtig die Tür öffnen, um zu sehen, was sich jetzt wieder dahinter verbarg.


Eine Hecke mit orangefarbenen Beeren trennte die drei Terrassen von einer Steinlawine, die irgendwann in der Vergangenheit nach einem Wolkenbruch aus dem Berg angedonnert kam. Die größten Felsen waren quer durch das Haus gedrungen und hatten alles was im Weg stand zerschlagen. Die kleinere lagerte sich wie eine Art Trockenflussbett an der Seite des Hauses. Es waren eben diese Geröllmassen, der ihr liebster Spielplatz war. Sie kannte alle Steine, als ob ein unsichtbarer Weg über sie lief. Für sie gab es einen richtigen Pfad und gewisse Regeln, um über und auf die Blöcke zu springen. Sie kannte die Farben und Muster der verschiedenen Felsen. Alles hatte eine Bedeutung. Viele Murmeltierchen wohnten auch in den Löchern und Höhlen der Steinlawine.


Es gab immer etwas zu sehen oder zu spielen. Ihr imaginärer Weg führte sie manchmal hoch in den Berg zu den Wasserfällen. Sie musste dann ein Flüsschen überqueren, durch Gebüsch und Gestrüpp kriechen, und es war durchaus gefährlich für ein kleines Mädchen da allein herumzuklettern. Es wimmelte von Schlangen, eine Truppe Paviane wohnte in dem Berg, und vereinzelt konnte man die Spuren eines Leoparden beobachten. Sie hatte jedoch immer die Hunde dabei und war nie ernsthaft Gefahren ausgesetzt. Ihre Mutter wusste, dass sie den Abenteuerdrang ihrer Jüngsten nicht verbieten konnte. Sie hatte nur immer gewarnt, worauf sie acht geben sollte.

Weit oben im Berg, fast unterhalb der Wasserfälle gab es eine Stelle, wo herrlich sauberen Lehm vorhanden war, Da saß sie oft stundenlang und modellierte Figürchen, Aschenbecher, Köpfe und dergleichen und ließ ihre Objekte von der Sonne trocknen. Manchmal brachte sie wahre Kunstwerke mit nach Hause.

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