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Serbien will von Exilrussen profitieren

Von Novelle Dienstag 16.05.2023, 20:19

Die EU wird tätig.
Hier ein Textauszug aus der NZZ v. 16.5.2023:

"Die Regierung in Belgrad möchte russischen Staatsbürgern die Einbürgerung erleichtern. Bereits nach einem Jahr sollen Russinnen und Russen, die selbstständig sind oder in einer serbischen Firma arbeiten, den serbischen Pass erhalten können.

Seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 sind etwa 200 000 russische Staatsbürger nach Serbien eingereist. Sie brauchen dafür kein Visum, dies im Unterschied zu fast allen anderen Staaten Europas. Belgrad hat bisher auch keine Sanktionen gegen Russland verhängt.

Wie viele russische Staatsbürger sich fest in Serbien niedergelassen haben, ist unklar. Wer eine Arbeitsstelle hat oder selbstständig ist, bekommt schon heute umstandslos eine Aufenthaltsbewilligung.

Russen, die keine solche Bewilligung haben, können jeden Monat pro forma nach Bosnien-Herzegowina reisen, das ebenfalls keine Visapflicht für Russen hat. Mit dem erneuten Grenzübertritt nach Serbien dürfen sie wiederum für einen Monat im Land bleiben. «Visa-Run» heißen diese Exkursionen, die von Transportunternehmen angeboten werden.

Die meisten Exilrussen leben in den beiden grössten Städten Belgrad und Novi Sad. Sie haben seit Kriegsbeginn laut Medienberichten um die 3000 Firmen und Geschäfte registrieren lassen.

Die Regierung und Wirtschaftsvertreter erhoffen sich von den russischen Immigranten einen substanziellen Beitrag zur Entwicklung des Standorts. Die meisten Exilrussen sind gut ausgebildet und jung. Sie entsprechen damit genau jenem Bevölkerungssegment, das seit zwanzig Jahren in Scharen das Land Richtung Westeuropa verlässt. Viele der Russen sind im IT-Sektor tätig.

EU gegen erleichterte Einbürgerung
Die meisten der Exilrussen sind laut Kennern der Szene gegen den Krieg. Ein kleiner Teil engagiert sich politisch, die Mehrheit ist gekommen, um der Mobilisierung zu entgehen oder weil sich das Geschäftsklima in der Heimat verschlechtert hat. Viele Russen in Serbien würden wohl auch gerne in Westeuropa Wohnsitz nehmen, aber der Weg dahin ist durch Visamauern versperrt.

Der Plan der Regierung, den Russen bereits nach einem Jahr die serbische Staatsbürgerschaft anzubieten, hat die Europäische Kommission auf den Plan gerufen. Kürzlich hat sie Belgrad in einem Schreiben ermahnt, dass sie dessen Politik genau beobachte, um mögliche Sicherheitsrisiken für die Europäische Union frühzeitig zu erkennen.

Brüssel, so heißt es in dem Schreiben, habe schon 2022 die klare Empfehlung ausgesprochen, dass Belgrad die Programme für «Investoren-Staatsbürgerschaften» (die anderswo Verleihung von «goldenen Pässen» genannt werden) abschaffen solle.

Es geht dabei um die Ausstellung von Pässen an Geschäftsleute, die im Gegenzug eine Investition tätigen. Belgrad praktizierte das bisher vor allem mit türkischen und arabischen Investoren und würde das Programm nun gerne auf russische Business-Leute ausdehnen.

Im vergangenen Jahr war die Einbürgerung von Russen markant gestiegen (um mindestens 70 Prozent). Die absoluten Zahlen blieben aber noch bescheiden, es handelte sich um zirka dreißig Personen. Es waren vor allem Geschäftsleute und Sportler, denen ohne weiteres die serbische Staatsbürgerschaft verliehen wurde.

Davon profitierte etwa der 19-jährige Boxmeister Alexei Schendrik aus Moskau, dessen Einbürgerung bloß zwei Monate dauerte. Für ihn dürfte die neue Staatsbürgerschaft vor allem deshalb von Vorteil sein, weil viele russische Sportler von Wettkämpfen ausgeschlossen sind.

Die Visaliberalisierung ist populär in Serbien
Ein anderer frisch gebackener Serbe ist Arkadi Mutawtschi, ein ehemaliger Lieferant der Kreml-Verwaltung, der laut Radio Free Europe auch in Luxemburg an einer Investmentfirma beteiligt sein soll. Ob die serbischen Jungbürger ihrer russischen Staatsbürgerschaft wirklich entsagt haben, wie es das serbische Gesetz vorsieht, ist nicht bekannt.

Mit dem Warnschuss Richtung Belgrad will die EU verhindern, dass solche Personen dank serbischem Pass visafreien Zugang zum Schengenraum erhalten. Die Chancen, dass sich Brüssel durchsetzt, sind groß. Denn es droht mit der Aufhebung der Visafreiheit für Serbien.

Sie wurde dem Land nach mühseligen Reformen 2009 verliehen. Jede Regierung, die diese Errungenschaft aufs Spiel setzt, käme seitens der Bevölkerung enorm unter Druck.

Es ist deshalb damit zu rechnen, dass Belgrad keine massenhaften Einbürgerungen vornehmen wird. Zumal sich diese als zweischneidiges Schwert erweisen könnten: Mehr Russen würden Serbien dann den Rücken zuwenden und versuchen, weiter nach Westen zu wandern."









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