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Koalition der Willigen oder der Unfähigen?

Von Harvey11 Samstag 17.05.2025, 12:04

Wer mit Russland verhandeln will, sollte seine Regierung nicht öffentlich nötigen
Lutz Herden, der Freitag 17.5.2025

Wo Politik und Propaganda eng verschränkt sind wie in Deutschland, müsse theoretisch die Einsicht verbreitet sein, dass man stets erntet, was gesät wurde. Wenn Russland der unverfrorene Paria-Staat ist, als der er gern hingestellt wird – was hat er dann noch zu verlieren, wenn der Krieg gegen die Ukraine fast gewonnen ist? Weshalb kommt die „Koalition der Willigen“ (Frankreich-Großbritannien, Deutschland, Polen) allen Ernstes auf die Idee, Moskau würde sich durch ein Ultimatum vorführen lassen und eine von ihr festgesetzte Waffenruhe ausrufen? Es ist eine glasklare Erfahrung aus über drei Kriegsjahren, dass Wladimir Putin und seine Regierung Druck von außen nicht nachgeben. Schon gar nicht, wenn er öffentlich ausgeübt wird.
Weder bei der mittlerweile 16 (!) EU-Sanktionspaketen noch beim angekündigten Embargo für russisches Gas war das je der Fall. Nie hat man sich in Moskau von erklärten Gegnern das eigene Handeln diktieren lassen. Warum sollte das plötzlich anders sein? Noch dazu, wenn eine Tonlage vorherrscht, wie sie die willigen Koalitionäre seit ihrem Kiewer Treffen anschlagen. Sie hat mit dem Wunsch nach Verständigung weniger zu tun als dem Bedürfnis nach Nötigung. Würde Putin dem nachgeben, hätte er diesen Krieg nicht führen müssen. Wer mit Russland so umgeht, weiß, dass er keinen Erfolg haben kann und folglich nicht haben will.
Was daran so erschreckt, ist das Zusammenspiel von Anmaßung und Unvermögen. Im Nachhinein wird offenbar, dass die Russland angedrohten Strafen eher fiktiver Natur sind. Das avisierte 17. EU-Sanktionspaket ist weder fixiert noch dagegen gefeit, am Veto Ungarns zu scheitern. Eine „Koalition der Willigen“, der es an politischer Professionalität gebricht, die aber bei einem Krieg munter mitmischen will, taugt mehr zum Sicherheitsrisiko als zum Friedensstifter.
Im Übrigen hat Putin seine Absicht kundgetan, mit der Ukraine direkt zu verhandeln. Vermutlich treiben ihn auch Erwartungen der US-Regierung zu diesem Schritt, um die mit Donald Trump angebahnte bilaterale Normalisierung nicht zu gefährden. Sollte der Ukraine-Krieg mit unverminderter Härte andauern, wäre der US-Präsident vor schwierige Entscheidungen gestellt. Fortgesetzter, Womöglich forcierter Beistand für Kiew? Oder Rückzug aus der Unterstützerfront, verbunden mit dem Eingeständnis, beim einem ersten Anlauf zur Friedenssuche gestrauchelt zu sein? Für die von Donald Trump beanspruchte Aura des international relevanten und respektierten Dealmakers wäre das wenig vorteilhaft.
Schließt Putins Angebot die Möglichkeit ein, Wolodymyr Selenskyj in der Türkei zu begegnen? Die Positionen der Ukraine und Russlands sind die sich nichts schenkenden Kriegsparteien und in einem Maße gegensätzlich, dass ein solcher Gipfel kaum zu Ergebnissen führen dürfte. Ihn ohne Vorbedingungen zu veranstalten, heißt vor allem, dies ohne Vorbereitung zu tun. Diplomatie verträgt es nicht, auf dem Jahrmarkt der Sensationen verramscht zu werden, um das Publikum zu beeindrucken.
Zunächst wären Erklärungen in Kiew und Moskau ratsam, dort weitermachen zu wollen, wo im März 2022 in Istanbul aufgehört wurde, als Verhandlungen zwischen beider Länder weit fortgeschritten waren, aber dann abgebrochen wurden. Natürlich ist das nicht so spektakulär wie der Wille zum Auge-in-Auge mit Putin, aber aussichtsreicher. Und nicht zum Nachteil der Ukraine.
…………………
Das altes, sinnlose Spiel. Versuchen das Unheil abzuwenden durch einen Wirtschaftsfeldzug. Und den lässt man sich etwas kosten, ruiniert sich dabei selbst.
Putin weiß schon, wie es zu diesem Krieg kam, in welcher Klemme jetzt der Westen steckt und welche Rolle dabei Selenskyj spielt.
Es wird versucht, ihn bei der Stange zu halten. Warum sollte sich da Putin Vorschriften machen lassen? Man behandelt ihn so, als wäre er der Bittsteller.
Es wäre für den Westen an der Zeit, vom hohen Ross abzusteigen. Putins Pferde haben die längere Ausdauer. Das weiß man auch im Westen. Darum die Verzweiflung. Irgendwann werden sie den Europäern die Wahrheit sagen müssen. Noch wollen sie Putin nicht als gleichberechtigten Partner anerkennen.
Aber sie werden es müssen. Bis dahin werden weiter Menschen sterben.

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