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Heutiges Gespräch von Steinmeier mit Schulz

Von ehemaliges Mitglied Donnerstag 23.11.2017, 08:47

Es sieht fast danach aus, als könne es doch noch klappen mit der GroKo,
was m.E. nach dem Scheitern der Jamaica-Sondierungen wirklich die einzige vernünftige Möglichkeit wäre. Neuwahlen würden immense Kosten bringen, aber wahrscheinlich ein ähnliches Ergebnis bringen wie die Wahlen im September, so das man dann wieder vor dem gleichen Dilemma stehen würde.

Zu diesem Thema stand heute ein glänzend formulierter Beitrag von Gabor Steingart im Morningbriefing des Handelsblatts, den ich den Usern hier nicht vorenthalten möchte:

"Der Nebel über dem Berliner Regierungsviertel wird immer dichter: Gerüchte und Bösartigkeiten dutzendfach, es wirkt taktiert und finassiert. Der Parteienstaat ist ganz bei sich.

Inmitten des Nebels aber zeichnet sich – wenige Stunden vor dem Gespräch zwischen den ehemaligen SPD-Spitzenkandidaten Steinmeier und Schulz – eine Regierungskoalition ab, die der Volksmund „die Große“ nennt. Noch gibt es keine Gewissheit, wohl aber die begründete Spekulation, dass die Schulz-SPD ihre Merkel-Allergie in den nächsten Tagen überwinden wird. Fünf Gründe sprechen für die schnelle Genesung:

1. Als Oppositionspartei verliert die Sozialdemokratie weiter an Bedeutung. In der Konkurrenz mit AfD, Linkspartei und FDP fehlt ihr der Unique Selling Point, wie die Marketingexperten sagen würden. Wer keine Flüchtlinge mag, wählt AfD. Wer die Umverteilung von den Konten der Wohlhabenden zu den Sparbüchern der Hartz-IV-Bezieher bevorzugt, bucht bei der Linkspartei. Das Aufsteigermilieu hat sich bei Christian Lindner einquartiert.

2. Die wahren Freunde der SPD sitzen bei der Union, denn deren Vorsitzende ist williger als willig, auf die Forderungen der Genossen einzugehen – mehr Europa, weniger Rüstung und ein paar Extra-Milliarden für den Sozialstaat. Da die Kanzlerin dringend einen Partner braucht, geht es in Berlin zu wie auf dem Ball der einsamen Herzen. Jeder weiß: Die Musik wird gleich aufhören zu spielen, da schmiegt man sich lieber aneinander. Alles ist besser als die Einsamkeit. Es gilt das umgekehrte Lindner-Motto: Lieber schlechter Sex als gar keiner.

3. Auf die gewendete SPD wartet ein Wunschkonzert der Posten und Pöstchen. Sigmar Gabriel darf Außenminister bleiben, was die Mehrzahl der Deutschen als Bereicherung und nicht als Zumutung empfindet. Vier weitere Kabinettsposten und vielleicht sogar ein zusätzlicher Finanzminister ließen sich rausschlagen. So funktionieren die Top-Bonus-Programme der Politik. Die SPD als neuerlicher Merkel-Juniorpartner hätte sich einen Treuerabatt redlich verdient.

4. Um die Zustimmung der Abgeordneten der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion muss man sich keine Sorgen machen. Sie hassen Neuwahlen. Die Abgeordneten verlieren lieber ihr Gesicht als ihren Job.

5. Schulz hat vor einer Neuwahl mehr Angst als seinerzeit vor der Abiturprüfung. Er weiß: Auch wenn er seinen Posten als Parteichef über den Parteitag retten kann, eine zweite Kanzlerkandidatur wird ihm die Partei kaum gewähren. Also wird er nach der Unterredung mit dem Bundespräsidenten von staatspolitischer Verantwortung sprechen - und später sanft umfallen. Bliebe nur noch die Schlussfrage: Wohin fällt ein Mann, der im Wahlkampf versprochen hat, niemals in ein Kabinett Merkel einzutreten. Doch auf Entsorgungsfälle wie diese ist das politische System bestens vorbereitet. So wie die moderne Kompostierungsanlage Fallobst in Dünger verwandelt, haucht die EU-Hauptstadt Brüssel den zu Hause Gestrauchelten ein zweites Leben ein. Angesichts der vielen Rettungsmilliarden sollte ein zweiter EU-Kommissar für Deutschland machbar sein. Martin Schulz wäre über den Umweg einer verlorenen Bundestagswahl genau da gelandet, wo er ohnehin hinwollte. Hans Christian Andersen hat es geahnt: „Das Leben ist das schönste Märchen.“

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