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Eine Alternative zu Chinas Seidenstrasse

Von Feierabend-Mitglied Mittwoch 01.12.2021, 09:45

"Nicht nur von Deutschlands neuer Ampelkoalition wird ein neuer Umgang mit China erwartet, auch aus Brüssel soll Peking ein steiferer Wind entgegenwehen. Das jüngste Beispiel dafür ist die sogenannte Global-Gateway-Initiative der EU-Kommission. Brüssel möchte als Konkurrenz zu Chinas neuer Seidenstrasse (Belt-and-Road-Projekt) also eine Art «globales Portal» kreieren. Ein Entwurf der Vorlage, die am Mittwoch vorgestellt werden soll, ist im Vorfeld verschiedenen Medien zugespielt worden.

Daraus geht hervor, dass die EU für das Projekt 300 Mrd. € in die Hand nehmen will. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, hatte Global Gateway bereits Mitte September in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union angekündigt. Neu ist nun allerdings, dass die Deutsche das geplante Volumen des Vorhabens offenbar deutlich ausweiten konnte. Noch Mitte November war in den Entwürfen laut der Nachrichtenagentur Bloomberg «nur» die Rede von 40 Mrd. € gewesen.

Die höhere Summe soll dazu dienen, in hochwertige Infrastrukturen zu investieren, wie von der Leyen im September sagte. Als Beispiel nannte sie ein Untersee-Glasfaserkabel, das seit dem Sommer Portugal und Brasilien verbindet. In Afrika wiederum soll mit erneuerbaren Energien hergestellter «grüner» Wasserstoff gefördert werden.

«Wir sind gut im Finanzieren von Strassen», sagte von der Leyen. «Aber es ergibt für Europa keinen Sinn, eine perfekte Strasse zwischen einem Kupferbergwerk in chinesischem Eigentum und einem ebenfalls in chinesischem Eigentum stehenden Hafen zu bauen», ergänzte sie in ihrer Rede zur Lage der Union in Strassburg. Man müsse künftig intelligenter vorgehen. Das soll nun mit Global Gateway geschehen.

Die EU will ärmeren Ländern eine attraktive Alternative bieten zu China. Die Investitionen aus dem Reich der Mitte gerade auf dem Balkan werden von Brüssel mit Argusaugen betrachtet.

Kritiker sehen dieses Geld als Versuch Pekings an, geopolitisch Einfluss zu gewinnen. Die strengen Auflagen sollen demnach gezielt genutzt werden, um dann bei Zahlungsausfällen in den Besitz von wichtiger Infrastruktur im Ausland zu kommen, lautet der Verdacht. So soll beispielsweise Uganda laut Medienberichten von Ende November seinen wichtigsten Flughafen, Entebbe International Airport, an China verlieren. Der Vorwurf wird allerdings von Offiziellen aus Uganda und Peking bestritten.

Es sind derartige Bedenken, die Brüssel nun adressieren will. Man wolle einen wertebasierten Ansatz verfolgen, der den Partnern Transparenz und eine gute Geschäftsführung ermöglicht, sagte von der Leyen. Sie möchte «Verbindungen schaffen und nicht Abhängigkeiten».

Die EU beabsichtigt Projekte in Bereichen zu fördern, die ihr auch zu Hause wichtig sind. Dazu gehören Gesundheit, Klimaschutz, Digitalisierung, Transport, Bildung und Forschung. Dank den europäischen Geldern möchte Brüssel auch Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit unterstützen. Von der Leyen betonte am 13. Asien-Gipfel Ende November zudem, dass die Infrastruktur in Einklang stehen müsse mit dem Ziel, bis 2050 die Treibhausgas-Emissionen auf netto null zu senken.

Kommission gewährt Garantien und übernimmt Ausfallrisiken
Doch woher kommt das Geld für diese hehren Projekte? Einmal mehr nutzt die Kommission alle erdenklichen Kniffe, um zu einer möglichst eindrücklichen Summe zu kommen.

Mit 145 Mrd. € wird der Löwenanteil offenbar von europäischen Entwicklungsinstituten erwartet. Das schreibt das Online-Portal Politico. Dazu dürften nationale Förderbanken wie beispielsweise die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gezählt werden, aber auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). Da dürften wohl einige Euro auch schlicht umetikettiert werden.

Sodann soll der Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) weitere 135 Mrd. € mobilisieren. Dazu wird in erster Linie auf einen Hebeleffekt gesetzt. Konkret übernimmt die EU die Garantie für Verluste aus unterstützten Projekten. So sollen private Geldgeber angelockt werden. Dieses Instrument hat schon Jean-Claude Juncker für seine Investitionsoffensive für Europa eingesetzt. Es ermöglicht schnell eindrückliche Zahlen, während mögliche Kosten in die Zukunft verschoben werden.

Sodann sind weitere 25 Mrd. € von der Europäischen Investitionsbank vorgesehen, der Bank, die von der Kommission immer herangezogen wird, wenn sie etwas finanzieren will. Und nochmals 18 Mrd. € an Subventionen sollen dem EU-Budget entnommen werden.

Zuspruch von Deutschland
Die Initiative löst zumindest beim grössten Mitgliedstaat der EU positive Reaktionen aus. Und aus der antichinesischen Stossrichtung wird kein Hehl gemacht. «Global Gateway hat das Potenzial, die EU zu einem effektiveren geopolitischen Akteur zu machen», teilt der EU-Botschafter Deutschlands mit. «Für viele Partnerländer wird das Angebot einer regel- und wertebasierten Zusammenarbeit auf Augenhöhe eine attraktive Alternative zur chinesischen Belt-and-Road-Initiative sein.»

Aus dem EU-Parlament spendete der deutsche Abgeordnete Reinhard Bütikofer von den Grünen Beifall. Die Entwicklung der «Weltpolitikfähigkeit» werde nicht nur ein Schlagwort bleiben, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Und das sei gut so.

Von der Leyen stellt mit diesem Vorhaben die EU auch explizit an die Seite der USA. Deren Präsident Joe Biden weibelt für ein Projekt namens Build Back Better World (B3W), das er anlässlich des G-7-Treffens im Sommer in Cornwall vorstellte. Die Vereinigten Staaten versammelten die Demokratien der Welt um sich, um die grössten Herausforderungen der Welt zu bewältigen und die gemeinsamen Werte zu demonstrieren, heisst es in einer Mitteilung der US-Regierung dazu. Die Initiative will zur Deckung des mit mehr als 40 Bio. $ bezifferten Infrastrukturbedarfs von Ländern mit niedrigem Einkommen beitragen. Es soll sich um eine werteorientierte, auf hohen Standards basierende und transparente Infrastrukturpartnerschaft handeln, heisst es in dem Dokument weiter. Brüssel hat sich ganz offensichtlich davon inspirieren lassen."

MSN
www.msn.com


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