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In dieser Novembernacht

Ein Mensch den die Menschen verlassen tritt in die Welt des Geistes oder der Geister m.n.

Es war die dunkelste Jahreszeit, als ein alter Mann in einem Zimmer, im Seniorenheim, mitten in der Nacht furchtbaren Krach machte. Man hatte ihn aus seinem vertrauten Umfeld, weil er stark erkältet war, verlegt. Die Mitbewohner sollten geschützt werden. Der alte Mann, der den Menschen Spitzwegs ähnelte, war Kavalier der alten Schule. Er beugte sich zur Begrüßung über unsere Hände, um einen Kuss anzudeuten.

Plötzlich war er isoliert. Seine einzige Kommunikation bestand nun darin, dass man ihm das Essen hinstellte. Da gab es keine Zeit zum Hände küssen. Danach war er sich selbst überlassen, in einem kargen Krankenzimmer, so nannte man den Isolierraum.

In dieser Novembernacht verlor er das Gefühl für sich. Um sich zu spüren, begann er, dass es nur so krachte, Tisch und zwei Stühle hin und her zu schieben.

Ich hatte Nachtdienst. Erschrocken betrat ich das dunkle Zimmer, schaltete das Licht ein. „Was ist denn hier los, wollte ich ihn fragen. Doch bevor ich noch ein Wort sagen konnte, stürzte er sich mit aufgerissenen Augen auf mich und rief verzweifelt: „Schwester, was bin ich?

Bin ich Mensch oder Geist?

Dieser alte Mann, der die Kunst der Nähe ohne Nähe beherrschte, sah mich mit fast irren Augen an. Ohne zu überlegen, nahm ich ihn in die Arme, schaute in seine entsetzten Augen, nannte ihn bei seinem Namen. Tränen liefen über die schmalen Wangen. Meine Hände küssend rief er immer wieder: „Schwester, sie haben mir das Leben gerettet. Ich bin ein Mensch und kein Geist!“

Autorin: manoem

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