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An den dunklen ruhigen Abenden, an denen ich nun zu Hause mit einem Buch oder einer Handarbeit vor dem Fernseher in der Hand sitze, schweifen immer öfters meine Gedanken ab und wandern zurück in die Vergangenheit.
Meine Kindheit in der Gärtnerei meiner Eltern, nahe der polnischen Grenze, eine halbe Stunde Weg entfernt, der nächst größeren Stadt liegend. Umgeben vom Hochmoor mit Birken am Rande des dichten Waldes. Außerhalb der umzäunten Gärtnerei mit ihren Feldern begann die Wildnis, die unberührte und menschenleere Natur. Für ein neugieriges Kind, wie mich, ein riesengroßer Abenteuerspielplatz.
Die Winter in diesem Gebiet waren für mich als Kind trotz der Einsamkeit nie langweilig. Mit knapp 5 Jahren bekam ich schon meine ersten Schier, knallrot und fünfzig Zentimeter lang. Auch meine Eltern besaßen welche, denn anders war es in diesem schneereichen Gebiet nicht möglich in die Stadt zu kommen. Wenn meine Eltern auch Selbstversorger waren, musste hin und wieder irgend etwas eingekauft werden, was sie nicht erzeugten.
Das Einzige, was ich am Winter nicht mochte, dass waren die von meiner Mutter oder Oma gestrickten Wollsachen, die ich anziehen musste. Nicht weil sie unschön aussahen, sondern, weil diese Wolle mir unheimlich auf der Haut kratzte. Dabei verwendete meine Mutter, ausschließlich für mich, die Wolle der von ihr gehaltenen Angorakaninchen. In den Pullovern nähte meine Mutter ihre ausrangierten nicht mehr zu flickenden Seidenstrümpfe als Futter, und trotzdem... Schrecklich waren auch die langen Strümpfe, die vorne und hinten jeweils an einem Gummiband mit Knopf befestigt werden mussten, damit sie nicht rutschten. Oft habe ich behauptet, ich friere nicht und zog lieber nur Kniestrümpfe an, was meine Eltern natürlich mir nicht durchgehen ließen. So gab es oft Tränen wegen der Anzieherei und meine Freude war groß, wenn die Tage wieder wärmer wurden.
Waren endlich die warmen Tage da, schlüpfte ich in Kurzarmpullover und kurze Seppelhose, an den Füßen trug ich meistenteils Holzpantinen. Mit dem auch noch kurzen Haarschnitt sah ich dadurch eher wie ein Junge aus.

Meine Eltern wünschten sich nichts mehr als einen Jungen als meine Mutter mit mir schwanger ging. Doch Neunzehnhunderteinundfünfzig gab es noch keinen Ultraschall bei den Schwangerschaftsuntersuchungen. Ein „Peter“ sollte es werden.
So wurde ich geboren und ein Mädchenname war nicht zur Hand. Rätselraten, wie soll das Kindchen nur heißen? Bis eine Freundin meiner Oma meinen Namen vorschlug, der auch in das Geburtenregister eingetragen wurde, aber nie, weder von meinen Eltern, Großeltern, weiteren Verwandten oder Freunden und Bekannten benutzt wurde. Mir wurde der „Nicki“ verpasst, der männlich, wie weiblich ist. Den ich dann bis weit ins dritte Lebensjahrzehnt trug. Als meine Eltern starben starb auch dieser mir gegebene Nickname.
Geblieben sind mir der Kurzhaarschnitt und mein burschikoses Auftreten, sowie die Erinnerung an eine kurze Begebenheit am Rande: Ich kann mich noch gut erinnern, dass mich meine Mutter im Alter von sieben Jahren mit dem Fahrrad zum Einkaufen in die Stadt schickte. Als ich aus dem Krämerladen herauskam, mich mit dem Einkauf auf mein Fahrrad schwang, fuhren gerade zwei Jungs etwas älter als ich, mit ihren Fahrrädern an mir vorüber. Durch mein Aussehen gerieten sie lautstark in Streit, ob ich nun ein Junge oder Mädchen wäre. Verdrehten immer wieder ihre Köpfe zur mir zurück, gerieten dabei mit ihren Fahrrädern aneinander und stürzten.
In späteren Jahren gab es keinen Zweifel mehr zu welchem Geschlecht ich gehörte: Manch einen Mann verdrehte ich auch seinen Kopf, aber eine Dame bin ich nicht geworden...

Foto: Puppi, Nicki, Karin 1959

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