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Wegwerfwissen

Kolumne

Wegwerfwissen

Sie sollten diese Kolumne sofort und zügig lesen, denn das hierin verkündete PC-Fachwissen altert schneller als die Zeitung von gestern.

Ein kleiner Trost bleibt. Einige wenige Prozent (so 1-2) des mühsam erworbenen Fachwissens kann man längerfristig (so für einige Monate) noch einsetzen.

Meinen ersten Computer, einen TRS-80, Baujahr 1978, habe ich noch mit einem selbst geschriebenen Disassembler seziert, einem Programm, das den binären Code à la 01110101 in Text verwandelte, den man mit Kenntnis einer Programmsprache namens Assembler sogar lesen konnte.
Die meisten Funktionen konnte ich recht schnell entschlüsseln, doch stellenweise war der Code von Microsoft kaum nachzuvollziehen, ein Effekt, der mir bei Billy Boys Programmen noch heute begegnet.

Später (1980) habe ich mir einen Apple II zugelegt und diesen gleichermaßen solange seziert, bis ich jedes Byte des Betriebssystems mit dem Vornamen anreden konnte. Beim PC war solcherlei Basisarbeit nicht nötig, sagte IBM, denn alle Funktionen seien dokumentiert.
Das stimmte natürlich schon damals nicht, schließlich müssen Systemprogrammierer immer ein paar Asse für die eigene Anwendungsentwicklung im Ärmel behalten.

Meine Kenntnisse des TRS-80 und des Apple II kann ich also in die Tonne treten, dito alles über die Nachfolger Atari ST, den Amiga und die ersten 5 Macintosh-Generationen.

Später war es einfacher, denn es gab es Bücher, die der Systemsoftware auf den Grund gingen. "Undocumented Windows" oder „Windows Secrets“ hießen diese Werke für Insider und alle, die es werden wollen.
Ich -- und wohl auch der Rest der Welt -- haben ein ganz anderes Problem. Wer wirklich tief in ein Thema einsteigt, praktiziert "learning for the trash" (Lernen für den Mülleimer). So habe ich eine Weile gebraucht, um "Undocumented Windows 3.1" zu lesen, zu verstehen und auszuprobieren. Als ich fertig war, erschien Windows 95.
In den 95er hatte ich mich gerade eingearbeitet, da erschien Windows 98, dann 98-SE (Some Errors), dann 98-ME (More Errors). Windows NT und Windows 2000 folgten, wurden aber primär in Firmen eingesetzt. Neu für alle war dann Windows XP. Dem folgte Vista, ein ziemlicher Flop und darauf Windows 7. Der wesentliche Unterschied: „7“ belästigt den User nicht mit so vielen Sicherheitsabfragen, sieht schneller aus, ist es aber nicht.

Den Fachzeitschriften ist die Innovationswut der Branche sogar sehr willkommen, liefert sie doch erst seitenweise Gerüchte über eine neue Windows-Version, dann alles über deren Beta, gefolgt von „Das ist neu“, „alle Funktionen von Windows xyz“, „Tipps & Tricks“ etc.

Viele Anwender hingegen sind ganz schön sauer, und genau deshalb habe ich volles Verständnis für die unterschiedlichen Abwehrstrategien der einzelnen User.
Die beliebteste Strategie heißt offensichtlich "tapfer verteidigen". Diese Leute bleiben solange beim „alten“ Windows bis der Rechner seinen Geist aufgibt oder er für neue Aufgaben wie zum Beispiel HD-Videoschnitt nicht ausreicht.
Pech hingegen haben alle Leute, deren Rechner abnibbelt und ein Neuer nur mit der ungeliebten Windows-Version zu haben ist, natürlich ohne Treiber für die vorhandene Peripherie.

Die zweite Gruppe stellt auf das neue Windows um, ist aber ignorant. Völlig unbeeindruckt von der (lt. Microsoft) absoluten Weltneuheit des besten Windows aller Zeiten wendet sie einfach ihr vorhandenes Wissen auf diese Supernovas an und hat damit Erfolg.
Die Neuheit war wohl nicht so neu, und bestimmt kann es das System von Hyperhilfe und Assistenten nicht sein, zumal es die Bedienungsanleitung zum Bedienen der Bedienungsanleitung einschließt.
Recht erfolgreich ist es auch, vom Pfad der Tugend abzuweichen also anstatt auf ein neues Windows auf Linux oder dem Macintosh umzustellen.

Aber ich will ja nicht nur über Windows lästern. Wer von MS-Office 2003 auf 2010 wechselt, steht urplötzlich im Wald und sieht die Bäume vor lauter Ribbons nicht mehr.
Die Browser sind auch nicht viel besser. Die Umstellung vom Internet Explorer 6 auf 9 oder vom Firefox 3 auf 6 erfordern einiges Umdenken.

Doch selbst auf die Hersteller der Rechner ist kein Verlass mehr. Kaum hat man sich auf einen Anbieter eingestellt, ist der auch schon wieder weg. Den IBM-PC gibt es nicht mehr, die PC-Sparte hat IBM an Lenovo verkauft. Siemens ist auch raus, aus Fujitsu-Siemens wurde Fujitsu. Und wer einen PC oder Notebook von HP kaufen will, der darf schon mal nachdenken. HP ist gerade dabei, seine PC-Sparte auszugliedern, so nennt man die erste Stufe eines Verkaufs.

Aber wie war das vom Glashaus und mit Steinen werfen? Ich war gerade ein Jahr Feierabend-Botschafter und hatte gelernt das Backoffice zu bedienen, das System mit dem die Seiten gestaltet werden. Diesem System folgte eine neue Version, deren Übereinstimmung mit dem Vorgänger bei knapp null Prozent lag.
OK, das liegt einige Jahre zurück und ist verjährt, aber langjährige FA-Anwender wissen auch, dass die Bedienoberfläche ab und zu modernisiert wird, womit plötzlich einige Funktionen über neue Wege zu erreichen sind und dann auch noch anders aussehen.
Doch auch die aktuelle Version zählt zum Wegwerfwissen denn dem Branchentrend folgend wird auch die Bedienung von Feierabend noch intuitiver werden müssen um speziell Einsteigern das harte Web-Leben einfacher zu machen.
Und wann umgestellt wird, weiß ich auch schon, nämlich noch vor dem 31.12. Nur das Jahr fällt mir gerade nicht mehr ein.

Autor: WoSoft

Peter Wollschlaeger

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