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Telekommunikation

Kolumne

Tricksen, tarnen, täuschen

Der Ruf der Telekommunikationsbranche ist miserabel und offensichtlich tut sie viel dafür, dass es noch schlimmer wird.

Sie kaufen einen Liter Milch und finden zu Hause nur 0,2 Liter in der Tüte. Selbst schuld. Auf der Verpackung steht doch – wenn auch gut versteckt – „bis zu 1 Liter“.
Ihr Auto hat statt der 120 PS im Prospekt nur 10? Ist doch klar. Im Prospekt steht 120 PS* und 3 Seiten weiter in Mikroschrift „*bis zu“.

Jetzt will die Bundesnetzagentur die Branche zur Wahrheit zwingen und zusätzlich die Angabe einer garantierten Mindestgeschwindigkeit verlangen. Die Telekomiker wehren sich mit Händen und Füßen. Klingt ja auch blöd wenn sie demnächst die Wahrheit schreiben müssten, also zum Beispiel „1 bis 16.000“.

Immer wieder fallen Kunden auf die vielen anderen mit Sternchen gespickten Werbesprüche herein um dann bei Reklamationen eiskalt abgebügelt zu werden. Offensichtlich beschäftigen die Firmen Heerscharen von Juristen, deren einzige Aufgabe es ist in 100 Seiten AGB die zahlreichen Nachteile so zu formulieren, dass ein Kunde ohne zweites juristisches Staatsexamen es nicht merkt, wenn er überhaupt in der Lage ist, die Mikroschrift in mittelgrau auf grauem Hintergrund zu lesen.

Damit ist ein Umzug kein Grund den Vertrag vorzeitig zu beenden, selbst dann nicht, wenn es im neuen Wohnort den Anbieter gar nicht gibt. Selbst der Tod ist kein Grund, den Vertrag aufzulösen. Dann sollen halt die Erben zahlen, meint mancher Provider allen Ernstes.
Ein beliebter Dreh ist nach einer Kündigung die Rücksendung des Routers zu verlangen obwohl der – weil veraltet -- beim Provider weggeworfen wird. Der Trick: Wer nicht per Einlieferungsquittung sicher nachweisen kann, dass die Ware angekommen ist, muss kräftig zahlen denn plötzlich ist der Schrott auf der Abschlussrechnung 150 Euro wert.

Ein Anschluss für DSL und Telefon kann jederzeit mit sehr geringem Aufwand, meisten nur mit ein paar Tastendrücken, ab- und umgeschaltet werden. Die Bundesnetzagentur hat der Branche dafür sogar einen ganzen Tag zugestanden. Mal abgesehen davon, dass dieser Vorgang auch Wochen dauern kann, typisch weil der abgebende Provider seinen Kunden halten will, meint die Branche, der Vorgang sei so aufwendig, dass der Kunde frühestens nach 2 Jahren wechseln könne.
Und wenn die 2 Jahre fast rum sind, dann ruft die Hotline an und erzählt dem Kunden, dass sie seine Treue mit einer vorteilhaften Vertragsänderung belohnen wolle. Wer darauf reinfällt, zahlt für Peanuts drastisch mehr und das für wiederum 2 Jahre. Merke: Es gibt keine Firma, die Leute dafür bezahlen, dass sie Kunden anrufen, um denen etwas zu schenken.

Dass innerhalb dieser 2 Jahre der Preis für Neukunden halbiert wurde bringt manchen Altkunden auf die Idee, auch nur noch den halben Preise zahlen zu wollen. Doch auf der Straße um Geld zu betteln ist wesentlich lukrativer und nervenschonender als beim Kundenservice einer TK-Firma anzurufen.
Warum sich das überhaupt „Kundenservice“ nennt, ist mir ein Rätsel. Überforderte und genervte Mitarbeiter können individuelle Anfragen gar nicht beantworten, sondern nur Standard-Programme abspulen oder schriftlich Textbausteine senden, egal ob die passen oder nicht. Die Mitarbeiter selbst können am wenigsten dafür. Sie kriegen den Unmut der Kunden ab ohne helfen zu können, die Kundensysteme (eine Datenbank mit Antworten) taugen nichts und die Personalplanung geht total am Bedarf vorbei.
Ein simples Beispiel: Ich reklamierte, dass die E-Mail nicht mehr funktionierte und zwar auf 3 Rechnern nicht. Die Tante am anderen Ende bestand dennoch darauf die Outlook-Einstellungen durchzuchecken. Als ich erwiderte, dass ich nur Thunderbird und Apple Mail nutze, war ihre Antwort, dass sie mir dann nicht helfen könne. Ich bin inzwischen bei einem anderen Provider.

Demnach bin ich ein sogenannter Terrorist. So nennt man Kunden, die mit dem Beschwerdemanagement eines Anbieters so unzufrieden sind, dass sie von dieser Firma abraten sowohl in persönlichen Gesprächen als auch in Foren.
Es gibt aber Unterschiede. Im Durchschnitt sind 44% mit den Antworten zufrieden sagen die Marktforscher. Spitzenreiter mit 69% ist Unitymedia, gefolgt von der Telekom mit 57%. Letzter in der Beschwerdezufriedenheit mit 35% ist O2/Alice. Das sind übrigens die Zahlen der DSL-Anbieter, die Mobilfunker sind noch schlechter.
Aber auch 69% überzeugen nicht, heißt es doch, dass jeder dritte Kunde unzufrieden ist.
Damit liegt die Telekommunikationsbranche am Ende aller Dienstleister. Banken glänzen typisch mit über 90% und man darf annehmen, dass der Erfolg der ING-DiBa auch auf einer Beschwerdezufriedenheit von nahezu 100% beruht.

Mein Tipp an die Telekommunikationsbranche: Kümmert Euch um die Altkunden, denn die so hart umworbenen Neukunden sind nichts weiter als die Unzufriedenen der Konkurrenz.

Autor: WoSoft

Peter Wollschlaeger

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