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Standards

Kolumne

Nie war ein Standard so wertvoll wie heute

Schon im Jahre 1101 setzte ein König einen Standard per Order di Mufti und zwar Heinrich der Erste von England als er das heute noch gültige Yard schuf.

Seine Majestät streckte den königlichen Arm aus, und bestimmte, dass die Entfernung von seiner Nasenspitze bis zum Daumen das Maß aller Dinge sei. Prinzipiell hat sich an dieser Methode der Standardisierung bis heute wenig geändert, nur die Namen, die Methoden und die Ziele sind andere.

Dass der Name des Königs gewechselt hat, ist klar, denn irgendwo bei Henry CVXIII gab es ein Zählproblem. Deswegen wird heutzutage maximal bei römisch Drei der Name gewechselt. König "Bill III von Redmond" wäre dafür ein typisches Beispiel, würden ihn die meisten Leute nicht einfach nur "King Bill" nennen.
Da fällt mir diese kleine Geschichte ein: Als Bill Gates in einer Sitzung die Entlassung von ein paar Tausend Leuten ankündigete, sagte jemand „oh mein Gott“. Bill Gates Antwort: Es reicht, wenn Sie „Sir“ zu mir sagen.

Dass Standards ständig geändert werden, ist zwar ein Paradoxon, aber offensichtlich unvermeidlich. Schon das ursprüngliche Yard war sehr bald den neusten Anforderungen der Technik nicht mehr gewachsen und mußte deshalb umdefiniert werden. "Yard 2.0" wurde nicht mehr von King Henries Nasenspitze bis zum Daumen sondern bis zum Beginn des Daumennagels gemessen.

Zwei Dinge fallen dabei auf. Wird ein Standard längere Zeit – erfahrungsgemäß wenigstens 3 Wochen lang – nicht geändert, lassen die Anwender die Versionsnummer weg. Kein Brite sagt heutzutage mehr "Yard 2.0", sondern schlicht Yard.

Zum zweiten gilt: Bereits der im Jahre 1101 ausgesprochene Verdacht, dass eine Lobby die Änderungen von Standards erzwingt, damals soll es die Maßbänder-Innung gewesen sein, erwies sich als falsch.

Könige und andere Standardisierer waren und sind völlig unabhängig und nur dem Wohle des Volkes verpflichtet. Ausnahmen von dieser Regel sind jedoch auch zu vermelden. Beispielsweise hat die Firma Telefunken den PAL-Standard durchgesetzt und anschließend ihre Fernseher mit dem Spruch "Wir haben das Farbfernsehen erfunden" beworben. Doch wie jeder erfahrene PC-Nutzer weiß, hat es derartige Ausrutscher in der Computerbranche noch nie gegeben.

Nachdem nun klargestellt ist, dass Standards keinen Hersteller begünstigt, können wir uns den komplexen Problemen der PC-Standardisierung zuwenden. Unter Anwendung modernster Problemanalysemethoden hat die Forschungsgruppe „User“ die "root cause", also die Wurzel des Übels ermittelt. Das Ergebnis ist eindeutig: Alle PC-Standards beruhen auf der sogenannten IBM-Kompatibilität, also einem Standard, der gar keiner ist.

IBM selbst weiß sehr wohl, dass kein Computer wirklich IBM-kompatibel sein kann, schließlich waren es die eigenen Modelle auch nicht, doch einen Verdacht konnte es nie ausräumen. Danach sollen einige User zwecks Vermeidung von Kompatibilitätsproblemen ihre nächsten PC immer bei IBM gekauft haben.
Um solchen den königlichen Ruf schädigenden Verdächtigungen entgegen zu treten, hat IBM für die nächste Computer-Generation, nämlich den Power-PC, die Kompatibilität genau spezifiziert: Der Power-PC ist nicht IBM-komaptibel und läuft (heutzutage) nur noch auf Servern.

Intel und Microsoft versprechen aber immer noch, dass ihre Produkte alles verarbeiten, was dem PC-Standard entspricht. Dumm nur, dass sich der dauernd ändert.
Ab Windows NT gibt es kein DOS mehr, ergo laufen alle DOS-Programme nicht, von dBase bis Wordstar, nichts geht mehr.
Konnten die Windows-Versionen bis W98 noch mit 16-Bit-Programmen umgehen, tun die es auf den 32-Bit-Rechnern von heute kaum noch, aber auch die 32 Bit sind gerade am Abnibbeln.

Doch auch 64-Bit-Rechner garantieren längst nicht, dass damit modernste Technik läuft. So scheitern zur Zeit die neusten Festplatten an der Grenze von 2 TByte der altertümliche Partitionstabelle der x86-Techik des Uralt-PC. Und nun das Geniale: Um dennoch Festplatten mit 3 TByte zu verkaufen, werden die mit 4 KByte großen Sektoren (anstatt 0,5 K) geliefert. Dumm nur, dass davon kaum ein Betriebstem booten kann.

Das können nur 64-Bit-Rechner ab Vista aufwärts vorausgesetzt die Rechner haben kein BIOS mehr, sondern EFI (Erweiterbares Firmware Interface) auf der Hauptplatine. Doch auf diesen Rechnern würde kein 32-Bit-Windows mehr starten, also kein XP und das nur, weil Microsoft schlicht gepennt hat. Oder wird das als Feature für Windows 8 aufgehoben?

Das Chaos mit der Festplatten-Partitionierung gibt es beim Mac schon lange nicht mehr, denn der läuft seit Jahren mit EFI. Der Grund: Bei Apple entscheidet ein einziger Mann namens Steve Jobs, während die zig Hersteller der PC-Branche sich wieder einmal nicht einigen können bzw. keiner den ersten Schritt wagt.
Das Beispiel zeigt aber auch das grundsätzliche Dilemma der Branche, nämlich Innovatonsbremsen infolge der angeblichen Abwärts- und Windows-Kompatibilität, also dem Bestreben der Hersteller einmal entwickelte Software für immer und ewig zu verkaufen samt dem Wunsch der Anwender, dass uralte Software auf den allerneusten Rechnern laufen soll.

Du siehst, es reicht nicht, wenn ein PC dem Standard entspricht, es muss auch der zu deinem PC und deiner Software passende Standard sein.

Autor: WoSoft

Peter Wollschlaeger

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