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Flatrate

Kolumne

Von wegen Flatrate

„flat“ heißt flach und eben, nur in der Telekommunikation nicht. In deren Flachland gibt es Fallen, in die man stolpern kann und steile Berge, die bremsen.

Die Fallen sind im Kleingedruckten versteckt. Um deren Text überhaupt lesen zu können wird zuerst eine starke Lupe oder besser ein Mikroskop benötigt. Eine juristische Ausbildung, gute Kenntnisse in Verschlüsselungstechniken und Grundlagen der Informatik sind die nächsten Voraussetzungen. Ansonsten ist Ausdauer angesagt, denn die wesentlichen Paragraphen sind meistens am Ende unter Überschriften versteckt, die mit der jeweiligen Aussage absolut nichts zu tun haben und das mit wenigen Worten in einem endlosen Bandwurmsatz.

Die beliebteste Falle wird neuerdings in der Werbung entschärft. Das Zauberwort für die Geschwindigkeit heißt „bis zu“ beispielsweise „bis zu 6000“. Klingt zwar besser als „irgendein Wert zwischen 1 und 6000“, ist aber dasselbe. Das „bis zu“ wurde eingeführt, weil die Unternehmen keine Lust mehr hatten, dauernd die Abmahngebühren der Verbraucherzentralen zu bezahlen, aber eine Menge Tricks blieben ihnen.

So ist es ein schwerer Fehler, mündlichen Versprechen der Verkäufer zu glauben oder gar ein Angebot zu verlangen. Das kommt zwar prompt, stellt sich aber bei näherem Hinsehen als Auftragsbestätigung heraus. Aber auch die reguläre Auftragsbestätigung sollte man sorgfältig lesen und spätestens nach 14 Tagen schriftlich widersprechen. Sonst könnte es sein, dass man 24 Monate lang mehr Geld für weniger Leistung zahlen muss.
Sogar schlicht einen Breitbandanschluss zu buchen, kann riskant sein. Denn die Politik hat in ihrem steten Bemühen Deutschland als fortschrittliches Land zu erklären, jede Form von DSL als Breitbandverbindung bezeichnet. Somit zählt auch 384 kbit/s /s, also DSL 0,4 als schnelles Internet. Dieses „Tempo“ bringt Deutschlande auf Platz 16 der europäischen Länder, u.a. Rumänien und Lettland übertreffen uns deutlich.

Im Prinzip wirk eine Flatrate wie ein „All you can eat“ in einem Restaurant mit einem Unterschied: Spätestens nach dem dritten Lauf zum Buffet steht dort plötzlich nur noch eine einzige winzige Untertasse.
In der Telekommunikation heißen die Untertassen Drosselung. Die gab es schon immer im Mobilfunk aber neuerdings auch bei einigen Anbietern im Festnetz. Den Vogel schießt hierbei die Telekom ab und das in ihrem superschnellen Glasfasernetz. Erreicht man darin die Volumengrenze, fällt das Tempo von 100 oder 200 MBit/s auf 0,384 ab. Das sind dann nur noch 0,4 bzw. 0,2 Prozent der bezahlten Flach-Rate.
Die Grenze liegt hier bei 300 bzw. 400 GB pro Monat. Das klingt sehr hoch, ist es aber für viele Anwender nicht. Im Zeitalter von Cloud-Computing oder gar der Sicherung von Festplatten auf einem Online-Speicher sind die paar Hundert GB schnell verschwunden.

Um solche Fallen im Kleingedruckten zu finden darf man aber nicht nach „Drosselung“ suchen. Wahrscheinlicher ist, dass im Abschnitt über besondere Vorteile „SSD“ steht. Das heißt nun nicht, dass der Anbieter in seinen Router eine „Solid State Disk“ eingebaut hat. Das Akronym SSD steht hier für „Speed Step Down“. Wie gerade geschildert, führt dieser Geschwindigkeitsschritt nach unten praktisch in den Abgrund.
Wenn SSD noch nicht wirkt aber dennoch plötzlich das Download eines Films auf Schleichfahrt geht, dann liegt das natürlich am Server und niemals daran, dass der Provider die von Power-Saugern bevorzugte Adressen ausbremst.

Wer in ländlichen Gebieten wohnt und bisher kein DSL hat oder nur das "rasante" DSL-0,4, ist neuerdings per Sendemast an das schnelle Web angebunden oder soll es demnächst sein. LTE (Long-Term-Evolution) heißt der neue Mobilfunkstandard, sozusagen ein schnelles UMTS.
Doch diese Zwangs-LTE-Nutzer leiden besonders unter der Volumenbegrenzung. Die 5 GB pro Monat mögen für eine Person reichen, aber wohl nicht für eine größere Familie mit mehreren PCs im Haus. Diese Kunden dürfen dann nur noch überlegen, ob 10 GB Limit für 50 Euro oder 30 GB für 70 Euro ausreichen und das für ein Tempo, für das Großstädter ohne Begrenzung 19,95 zahlen.

Die Politik tut momentan gar nichts, denn sie glaubt der Propaganda der Telefongesellschaften, wonach die Versorgung mit LTE alle Probleme löse und damit Kabel- oder Glasfaserverbindungen unnötig seien. Die Drosselung müsse sein, weil die Kapazität der Masten begrenzt sei.
Dass die Telefongesellschaften mit der Drosselung tatsächlich nur Kosten sparen, verschweigen sie geflissentlich, müssen sie auch, weil sie die Story von der begrenzten Kapazität der Masten selbst ad absurdem führen. Der Kunde kann nämlich, wenn die Drosselung zuschlägt, für viel Geld Volumen ohne Drosselung nachkaufen und schon hat derselbe Mast wieder technische Kapazität frei.

Wer meint, dass 384 kBit/s arg langsam ist, der sollte mal eine Daten-Flatrate für sein Handy buchen. Da bremsen die Provider nicht nur früher, manche Scherzkekse schon ab 0,2 GB (pro Monat!) sondern auch noch viel brutaler. Im Kleingedruckten steht dann GRPS und das heißt im Klartext 64 kBit/s , natürlich wieder „bis zu“. Denn wenn ich mich recht erinnre, war einst meine 64er ISDN-Leitung schneller.

Auch ganz toll sind die Telefon-Flatrates. Damit sind laut Werbung alle Anrufe in das deutsche Festnetz kostenlos ausgenommen das Kleingedruckte, also alle Sondernummern. Das sehe ich im Prinzip ja noch ein, Sex-Hotlines sind teuer, aber eines verstehe ich nicht. Die Hotlines der Provider sind häufig auch nur über kostenpflichtige 180er oder 900er Rufnummern erreichbar und bei manchen „Experten“ ist schon die telefonische Bestellung gebührenpflichtig. Man könne ja auch über das Internet buchen, antworten diese Scherzbolde. Aber wie bestellt man das Internet über das Internet wenn man noch kein Internet hat?

Noch toller ist die Werbelüge, dass sogar Edel-Handys a la iPhone oder Galaxy -S3 0 Euro kosten. Nur die Telekom ist wieder mal teurer und verlangt 1 Euro. Der Haken ist der Vertrag, wonach die Flatrate mit div. Einschränkungen so ab 50 Euro/Monat kostet und das über eine Vertragslaufzeit von 24 Monaten.
Macht 24 x 50 = 1200 Euro. Günstiger ist es, das Handy selbst zu kaufen und es mit der SIM-Karte eines Prepaid-Anbieters zu bestücken, spart typisch 600 Euro.

Ob die Webeabteilungen null Euro, gratis, kostenlos, billig, Rabatt oder Sale texten, es ist schlicht niemals die ganze Wahrheit, oft nur ein Körnchen davon. Merke: Die Telekommunikationsbranche ist kein Sozialverein. Die wollen nur eines von Ihnen, Ihr Geld und davon möglichst viel.

Autor: WoSoft

Peter Wollschlaeger

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