Die Wiedervereinigung – Meilensteine eines kleinen Wunders
Für die längste Zeit schien die Teilung Deutschlands manifestiert zu sein, an eine Wiedervereinigung war nicht zu denken. Doch dann kam es gefühlt Schlag auf Schlag – innerhalb kürzester Zeit änderte sich alles.

1989: Montagsdemonstrationen und Massenflucht
Während mehrere Staaten des Warschauer Pakts, wie beispielsweise Polen oder Ungarn, gegen Ende der 80er Jahre schrittweise Reformen einführten, hielt die DDR-Regierung an ihrem Kurs fest. Dieses Vorgehen stand bei vielen Bürgerinnen und Bürgern in der Kritik, denn die Versorgungslage war zu diesem Zeitpunkt mitunter katastrophal. Doch nicht nur die Reformunwilligkeit führte zu Unmut, hinzu kam ein weiterer Skandal: Bei den Kommunalwahlen am 07. Mai 1989 wurde die Stimmauszählung erstmals unabhängig überwacht. Die Beteiligten konnten Beweise für eine Manipulierung der Ergebnisse nachweisen. Diese flächendeckenden Wahlfälschungen können heute als Aufbruchssignal der Bürgerrechtsbewegung der DDR gesehen werden.
Im Sommer 1989 begangenen immer mehr Menschen ‚Republikflucht‘ über neu entstehende Fluchtrouten über Ungarn oder über die Botschaften der BRD in Prag, Budapest und Warschau. Allein in den Monaten Juli und August verließen insgesamt 50.000 Menschen die DDR.
Am Abend des 04. September fanden sich in Leipzig mehrere hundert Bürgerinnen und Bürger zusammen und demonstrierten für Reformen und Reisefreiheit. Die Montagsdemonstrationen waren geboren. Trotz der Unterdrückungsversuche der SED-Führung wuchs die Zahl der Teilnehmenden immer weiter an. Die Proteste konnten nicht gestoppt werden, auch nicht während der landesweiten Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung. Während dieser forderte der angereiste Michail Gorbatschow seitens der DDR Reformen ein.
Schließlich trat am 18. Oktober der SED-Generalsekretär Erich Honecker – offiziell aus Gesundheitsgründen – zurück und machte damit Platz für seinen Nachfolger Egon Krenz.
Ein alles entscheidender Fehler

Es ist wohl das berühmteste Missverständnis der deutschen Geschichte: Günter Schabowski, seines Zeichens Mitglied des Poltibüros, verkündet am Abend des 09. Novembers 1989 im Rahmen einer Pressekonferenz eine an diesem Tag beschlossene neue Reiseregelung. Darin heißt es: „Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt.“ Auf die Frage, wann diese Regelung in Kraft trete, antwortet er: „Das tritt nach meiner Kenntnis - ist das sofort, unverzüglich.“ Ein Fehler. Doch es ist zu spät. Sofort strömen zahlreiche DDR-Bürgerinnen und -Bürger zu den Grenzübergängen der Berliner Mauer. Die Grenzposten sind überfordert und so kommt es, dass sie die Übergänge freigeben. Nach 28 Jahren ist die Mauer offen. Es kommt zu unglaublichen Szenen, Berlin ist im Ausnahmezustand. Bereits 19 Tages später stellt der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl ein Zehn-Punkte-Programm vor. In diesem werden mögliche Schritte bis zur Deutschen Einheit genannt.
Die Wiedervereinigung
329 Tage nach dem Fall der Mauer ist es soweit: Die DDR tritt der Bundesrepublik Deutschland bei. Damit ist die Wiedervereinigung beider deutschen Staaten am 03. Oktober 1990 vollendet. Im Vorfeld gab es viele Debatten und Streitpunkte über das Vorgehen – sowohl innerdeutsch als auch international. Zu den größten die mögliche NATO-Zugehörigkeit Gesamtdeutschland, aber auch der konkrete Zeitpunkt. Während die Wende so schnell wie möglich abschließen wollten, warben andere Akteure für ein langsameres, vorsichtigeres Vorgehen, um die ostdeutsche Wirtschaft nicht zu überfordern.
Ausschlaggebend für die Wiedervereinigung war letztendlich der 2+4-Vertrag. Die Zahlen stehen dabei stellvertretend für die zwei deutschen Staaten und die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs. In diesem Abkommen werden unter anderem die mitteleuropäischen Grenzen endgültig geregelt sowie die volle innere und äußere Souveränität des vereinten Deutschlands wiederhergestellt.
Warum der 03. Oktober?
Ursprünglich stand auch der 09.11. als Wiedereintrittsdatum im Raum. Da im Jahr zuvor an diesem Tag die Mauer fiel, besaß dieses Datum eine große Symbolkraft. Da aber im Jahr 1938 an diesem Tag die Reichsprogromnacht stattfand und an diese erinnert wird, wurde sich gegen diesen Termin entschieden. Mit dem 03. Oktober hält ein neuer gemeinsamer Nationalfeiertag Einzug in Deutschland. Der zuvor in der BRD bestehende gesetzliche Feiertag am 17. Juni, der in Gedenken an den Volksaufstand in der DDR als ‚Tag der Deutschen Einheit‘ gefeiert wurde, ist damit Geschichte.
Ängste und Sorgen

Neben all der Freude und dem Jubel über die Wiedervereinigung gab es auch Bedenken – sowohl im Westen als auch im Osten. Während in der ehemaligen DDR vor allem das Gefühl des ‚Geschlucktwerdens‘, des Identitätsverlusts und die (durchaus berechtigte) Angst vor dem Verlust der Arbeit vorherrschen, so sorgen sich im Westen die Menschen um die finanzielle Belastung. Die Jahrzehnte der Trennung haben zudem natürlich zu einer Identitätsbildung geführt, die eng mit „Wessis“ und „Ossis“ verbunden ist. Gregor Gysi sagt dazu: "Nach der Mauer aus Stein müssen jetzt noch die Mauern in manchen Köpfen abgetragen werden".
Nun aber wächst bereits die zweite Generation heran, die eben nur ein Deutschland kennt. Und genau das macht sich auch bemerkbar, denn die ab der Mitte der 1980er Geborenen denken nicht mehr in den Kategorien „Westdeutschland“ und „Ostdeutschland“, oder um frei nach Willy Brandt zu zitieren: „Jetzt ist zusammen, was zusammengehört.“
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