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Ein Hauch von Nichts? Bademoden im Wandel der Zeit

Es ist das Jahr 1962. In Deutschland löst die „Spiegel-Affäre“ eine Regierungskrise aus, die im Rücktritt Franz Josef Strauß‘ endet und der Kalte Krieg erlebt mit der Kuba-Krise einen ihrer schlimmsten Momente. In den Kinos jagt James Bond Dr. No – und Ursula Andress steigt als Muscheltaucherin in einem weißen Bikini aus den Fluten.
Eine Szene, die Filmgeschichte schreibt. Danach tritt der Bikini endgültig seinen weltweiten Siegeszug an. Heute ist er nicht mehr von den Stränden wegzudenken, aber bei seiner Erfindung galt er als Symbol des Sittenverfalls und der schwindenden Moral. Models oder Mannequins, wie man sie damals nannte, weigerten sich, das skandalöse Teil vorzuführen. Es war einer weiter Weg von den Anfängen der Bademode bis zu diesem kleinen Stück Stoff.

eine sich sonnende Frau im Badeanzug in den 1950er Jahren


Lasset die Spiele beginnen

Antikes römisches Bodenmosaik zweier Frauen im Bikini in der Villa Romana Del Casale auf Sizilien

Den ersten Beleg für "Bikinis" gibt es in der römischen Antike. In Mosaiken wurden Darstellungen von Frauen in Kleidungsstücken gefunden, die dem heutigen Zweiteiler sehr nahe kommen. Allerdings herrschen Zweifel, ob sie tatsächlich auch zum Schwimmen genutzt wurden. Zwar war die Badekultur zweifelslos sehr ein wichtiger Bestandteil des römischen Lebens, doch eigentlich ging man davon aus, dass nackt gebadet wurde. Zudem fehlen schriftliche Quellen, so dass über die Verbreitung und die Nutzung bis heute gerätselt wird.

Der Beginn der Bademode

Bademode im eigentlichen Sinn ist ein Produkt des späten 19. Jahrhunderts. Wer davor schwimmen gehen wollte, tat dies in langen Woll- oder Baumwollkleidern, die bei den Damen sogar noch mit zusätzlichen Gewichten beschwert waren - es sollte auf keinen Fall dazu kommen, dass der Stoff durchsichtig oder gar Haut entblößt wurde. Ganz klar, praktisch ist anders. So verwundert es auch nicht, dass es wegen der hinderlichen Kleidung wiederholt zu Badeunfällen kam.

Nordisk Mønster-tidende nr. 11 1898 side 84

Das ändert sich mit dem Aufkommen der ersten Seebäder. Dort treffen sich Aristokraten und die Elite des Landes zur Kur. Schnell kommen die ersten Badekleider in Mode, die eine deutliche Verbesserung zum vorherigen Zustand bedeuten. Trotzdem: Ziel war es nach wie vor, so viel wie möglich vom weiblichen Körper zu bedecken. Bei den Männern durfte es ein bisschen weniger Stoff sein.


Der Einteiler für Sie und Ihn

Ab der Jahrhundertwende führt der Trend nun zum Einteiler, für die Herren der Schöpfung waren sie häufig gestreift. Männer tragen wie Frauen Ganzkörperbadeanzüge, auch aus einem ganz simplen Grund: die schweren Materialen sogen sich mit Wasser voll. Eine Hose ohne Träger hätte nicht gehalten und wäre herunter gerutscht.

Postkarte aus dem Familienbad Wannsee aus dem Jahr 1912

Ein Polizist misst am Strand die Länge eines Badanzugs, 1922

Die wilden 20er machen sich auch in der Bademode bemerkbar. Wie die Säume der Kleider im Alltag werden die Badeanzüge kürzer und Männer beginnen Hosen ohne Träger zu tragen. Das wird manchem Zeitgenossen dann doch zu viel des Guten, denn zu kurz durfte die Kleidung der Damen auf keinen Fall werden. Zur Not wurde die Länge überprüft. 1932 erreicht die Prüderie dann den Gesetzgeber, als der so genannte "Zwickelerlass" in Kraft tritt. In ihm wird ganz klar geregelt, wie viel Stoff Badekleidung im öffentlichen Bereich mindestens haben muss. Züchtig soll sie sein.

Die Bikini-Revolution

1946 schlug er ein wie die ersten Atombomben über dem gleichnamigen Atoll im Pazifik, wo sie von den Amerikanern getestet wurden: der Bikini. Auch wenn bereits vorher in der Freikörperkultur Zweiteiler getragen wurden, so ist diese aus Höschen und Oberteil bestehende Kombination so neuartig und unerhört, dass es Furore macht. Präsentiert wurde er von Louis Réard, der dafür eine Nackttänzerin engagiert. Das muss er auch, denn er findet zu diesem Zeitpunkt kein Model, das sich in diesem Hauch von Nichts ablichten lassen möchte.

Zwei Frauen im Bikini am Strand, 1950er

So dauert es dann auch noch gut 20 Jahre, bis sich der Bikini in der breiten Masse durchsetzt. Noch bis Anfang der 1960er ist er teilweise an Stränden oder in Schwimmbädern verboten.

Dem Bikini haftet nach wie vor der Duktus des Verruchten an, doch sein endgültiger Siegeszug lässt sich nicht aufhalten. Angefeuert wird diese Entwicklung durch Stars wie Marylin Monroe, die sich darin fotografieren lassen. Die Filmindustrie hat zu dieser Zeit einen enormen Einfluss auf die Gesellschaft, strömen doch Woche für Woche Millionen Menschen in die Kinos. Und so sehen die Zuschauer Streifen, in denen brave Mädchen nach wie vor auf den Badeanzug zurückgreifen, während sich die "Vamps" im Bikini präsentieren. Kein Wunder also, dass es die jungen Frauen sind, die ihn tragen.

Erst Ende der 60er Jahre wird er zu Normalität. Im Zuge der 68er- und sexuellen Revolution wandelt er sich zum nicht mehr wegzudenkenden Badeklassiker, der bis heute an den Stränden dieser Welt zu finden ist.

Und heute?

Viele Trends sind seit der Einführung von wirklich funktionaler Bademode gekommen - und geblieben. Mit der Einführung von neuen Textilien wie beispielsweise Nylon oder Neopren konnte Badehose, Bikini und Co. frei und kreativ gestaltet werden. Auch wenn die Häkel-Bikinis der 70er heute eher selten zu sehen sind, so zeigt sich eine breite Variation an Formen, Farben und Varianten. Die Herren - deren Körper und Badekleidung im übrigen stets sehr viel weniger im Fokus standen und stehen - tragen Speedo oder Shorts, gerne auch enge Shorts. Erlaubt ist, was gefällt.

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