Vor 200 Jahren wurde Ludwig Knoop geboren, Namensgeber des gleichnamigen Parks in Lesum

Ganz in der Nähe des Schlossteiches in Knoops Park steht eine fast lebensgroße Bronze-Skulptur des Mannes, der in dem Park, der ihm seinen Namen zu verdanken hat, einst auf Schloss Mühlenthal residierte. Seinen Spazierstock hat er in der einen, seinen Bowler in der anderen Hand und oft wird ihm eine rote Rose in den Arm gelegt. Das Denkmal wurde 1995 vom Bremer Künstler Claus Homfeld geschaffen. Die Blumengaben dürften sich in diesem Jahr noch häufen, denn der spätere Baron wurde vor 200 Jahren, am 15. Mai 1821, als viertes von acht Kindern des Bremer Tabakhändlers Gerhard Knoop zunächst in ärmliche Verhältnisse hineingeboren. Was vielen vielleicht gar nicht so bewusst ist: Als umtriebiger Unternehmer, der aufgrund der prekären Familienverhältnisse lediglich bis zum 14. Lebensjahr die Schule besuchen konnte, avancierte Knoop Mitte des 19. Jahrhundert zum ersten global player einer bis dahin noch sehr lokal geprägten Wirtschaft.

An alter Stätte: die Homfeld-Skulptur des Barons Ludwig Knoop.
Foto: Marina Köglin

Aufstieg zum Textilmagnaten

Zunächst absolvierte er eine dreijährige Textilhandelslehre. 1838 wechselte Knoop nach Manchester, zur Firma Jersey und Co., die von seinem Onkel geleitet wurde. Das ermöglichte ihm den Sprung nach Moskau in die firmeneigene Dependance. 1843 heiratete Knoop Luise Mathilde Hoyer, die Tochter eines deutsch-baltischen Kaufmannes. Das Paar hatte drei Töchter: Louise, Adele und Emilie sowie die drei Söhne Johann (genannt Wanja), Theodor (Fedja) und Andreas (Andruscha). Knoop stieg zum Textil-Magnaten auf, dessen Know-how bei russischen Unternehmern zunehmend begehrt war.

Im Jahr 1852 gründete er seine eigene Firma in Moskau und bald darauf eine Filiale in St. Petersburg. So konnte er Kredite und Maschinen beschaffen. Außerdem ließ er Ingenieure und Facharbeiter ausbilden. Im russischen Zarenreich war Knoop an der Gründung von rund 200 Fabriken beteiligt und leistete so einen entscheidenden Beitrag zur Industrialisierung. Der clevere Geschäftsmann verkaufte die Maschinen nicht nur gegen Geld oder Kredit, sondern auch gegen Aktien.

Die Umrisse von Schloss Mühlenthal mit seinen 30 Zimmern und dem riesigen Festsaal sind hoch über der Lesum noch heute zu erkennen. Das Schloss wurde im Auftrag Knoops von 1868 bis 1871 durch den Bremer Architekten Gustav Runge erbaut. Knoops hochkarätige Gäste, zu denen Fürsten, Kaisersöhne, Künstler, Wissenschaftler und hohe Militärs zählten, genossen nicht nur die Annehmlichkeiten des Schlosses, sondern auch die Aussicht über die vielfältigen Blickachsen des Landschaftsparks. Schloss Mühlenthal verfügte sogar über eine eigene Telegrafenstation. Das ermöglichte dem erfolgreichen Geschäftsmann, Kontakt mit seinem weit verzweigten Imperium zu halten.

Das riesige Vermögen des sagenhaft reichen Ludwig Knoop, der, inzwischen russischer Staatsbürger und Berater der zaristischen Regierung, von Zar Alexander II. 1877 mit dem Titel eines Barons geadelt wurde, fiel der russischen Oktober-Revolution zum Opfer. Den Niedergang seines Imperiums zu erleben blieb ihm erspart, er starb 1894 und wurde im familieneigenen Mausoleum auf dem Waller Friedhof bestattet.

Schloss Mühlenthal war seit 1910 nicht mehr bewohnt, es verfiel zusehends, weil wohl in Inflationszeiten die aufgelaufenen Steuerschulden und die notwendigen Reparaturkosten nicht mehr bezahlt werden konnten. Der vom Gartenarchitekten Wilhelm Benque im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegte Park wurde 1936 von der Gemeinde Lesum erworben und zählt heute zu den schönsten Parks der Hansestadt. Dort, wo bis 1933 das Schloss Mühlenthal im prächtig britischen Tudor-Stil stand, befindet sich jetzt eine weiße Bank, von der aus sich der Blick über das grüne Tal genießen lässt.

Hochherrschaftlich: Lustpartie bei Schloss Mühlenthal.
Quelle: Johann Carl Lasch/Wikimedia Commons

Landsitze als Geschenk

Seinen Töchtern schenkte er hochherrschaftliche Landsitze. Einer davon prägt neben dem Haus Lesmona, das Eigentum der Patrizierfamilie Melchers war, noch heute Knoops Park. Die Bremer Patriziertochter Matti Melchers erlebte hier einen Sommer lang die bittersüße Liebe zu ihrem britischen Cousin Percy. Nach dem Briefroman, den sie unter dem Pseudonym Marga Berck schrieb, ist das Klassik-Festival „Sommer in Lesmona“ benannt, zu dem vor Corona Jahr für Jahr Tausende strömten.

Ein zufriednener Patriarch: Ludwig Knoop mit seinen Söhnen.
Quelle:Förderverein Knoops Park e.V. und Verlag H. M. Hauschild GmbH, Bremen

Die Albrechtsburg, die bis 1950 nahe Haus Schotteck stand, ist dagegen schon längst Geschichte. Knoop schenkte die Albrechtsburg seiner Tochter Louise und ihrem Ehemann Georg Albrecht, nach ihm wurde sie benannt.

Noch vor seinem Tod 1894 hatte Ludwig Knoop veranlasst, dass gegenüber des Parks an der Straße „Auf dem Hohen Ufer“ in der Nähe des Bahnhofes St. Magnus für seine Tochter Emilie und deren Ehemann Willi Kulenkampff „Haus Kränholm“ erbaut wurde. 1896 wurde es fertiggestellt. Heute beherbergt es die Stiftung Haus Kränholm, eine Stiftung für Kunst und soziale Kultur. Neben Ausstellungen sollen, sobald die Corona-Pandemie vorüber ist, auch wieder Konzerte hier zu erleben sein. Benannt ist das Haus, das von einem weitläufigen Skulpturengarten umgeben ist, nach der gleichnamigen Textilfabrik, die Knoop 1857 bei Narva in Estland gründete.

„Die Baumwolle importierte er schließlich auf einer Flotte von gecharterten Schiffen, direkt aus den Erzeugungsgebieten Nordamerika, Brasilien, Ägypten und Mittelasien. In Bombay und New Orleans unterhielt er eigene Einkaufskontore. Auch der damals einsetzende Aufstieg Bremens als internationaler Baumwollhandelsplatz war weitgehend sein Werk“, schreibt einer seiner Biografen, Hans Jaeger. Mit ihren 400.000 Spindeln und 2000 Webstühlen zählte die Textilfabrik damals zu den größten des Kontinents. 4500 Menschen arbeiteten dort. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Manufaktur verstaatlicht.

Knoop ist übrigens der Ur-Ur-Ur-Großvater der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie der Brüder André und Fritz Grobien. Und auch der Showmaster Hans-Joachim Kulenkampff gehörte zu den Nachfahren der Familie. Haus Schotteck ließ Knoop von 1892 bis 1894 für seine Tochter Adele und seinen Schwiegersohn, den Bankier Georg Wolde, erbauen.

Ein prächtiges Gemäuer: das 1871 fertiggestellte Schloss Mühlenthal.
Repro: Köglin

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