Sie haben lange überlegt, sehr lange. Sie haben sich gefragt: Wohin soll ich dieses Jahr reisen, wo kann ich Funktionskleidung über der Jogginghose und eine schicke Baseball-Kappe tragen, ganz so wie die Kanzlerin? Wo kann ich durchatmen und nebenbei auf Fotomotive stoßen, die mich zu einer kleinen Berühmtheit auf Instagram und Facebook machen? Leicht fällt die Entscheidung nicht.

Der römische Taxifahrer hat Ihnen zu viel Geld abgeknüpft, in Venedig waren Sie zu oft Teil von Menschenstaus in kleinen Gassen? In Irland stören Sie die engen Straßen, der Linksverkehr und die notorischen Schafsherden? New York ist Ihnen zu teuer, Las Vegas zu artifiziell, Los Angeles zu gefährlich? In Andalusien war Ihnen das Essen zu fettig, in Skandinavien war es Ihnen zu kalt, in Griechenland und der Türkei zu heiß?

Und dann plötzlich diese Idee: Urlaub in der Bretagne! Eine touristenarme Gegend, moderate Preise, köstliches Essen, vor allem aber herrliche, unberührte, wilde, geradezu poetische Natur und ein zu Scherzen aufgelegter Wettergott. Die Bretagne ist Verheißung pur. In der Theorie. In der Praxis warten ein paar Probleme.

Das Problem mit der Anreise

Die Bretagne liegt als Urlaubsziel schon deswegen nicht nahe, weil sie sich ganz im Westen Frankreichs an den Atlantik schmiegt. Ganz so, als wolle sie sagen: Kommt mich ruhig besuchen, wenn ihr es nicht lassen könnt, aber plant ausreichend Zeit für die Anreise ein.

Brest hält sich rund 1.100 Kilometer von Frankfurt am Main entfernt. Ihr Auto schafft die Strecke in gut 11 Stunden. Natürlich nur, wenn Sie nicht zu viele Pausen machen und geltende Geschwindigkeitsbegrenzungen höchstens wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Französische Autobahnen sind gut gepflegt und staufrei, was vor allem an den Gebühren liegt, die Autobahnfahrende in Frankreich an Mautstellen entrichten. Zwischen Frankfurt am Main und Brest liegen ca. 65 Euro an Mautgebühren, One-Way. Dazu kommen Benzin- und Verschleißkosten: ein teures Vergnügen.

Vielleicht also lieber mit der Bahn fahren? Der französische Schnellzug TGV bringt Bretagne-Reisende von Frankfurt am Main aus nach Paris, von dort aus geht es nach einem Zug- und Bahnhofswechsel weiter nach Brest. Sie haben richtig gelesen: Sie müssen nicht nur den Zug, sondern auch den Bahnhof wechseln. Ankunft ist am Pariser Gare de l’Est, weiter geht es vom Gare Montparnasse. Dazwischen liegt eine ca. 25-minütige U-Bahnfahrt mit der Linie M4, was zu verschmerzen wäre, wenn nicht die Fußwege zu den einzelnen Stationen nur von Leistungssportlern als unerheblich empfunden würden.

Sie sollten also für den Zugwechsel mindestens 60 Minuten einplanen, lieber mehr, was die Gesamtreisezeit auf ca. 10 Stunden steigert. Der Bahnhofswechsel in Paris wird vor allem dann zur Herausforderung, wenn man Gepäck für mehr als eine Woche dabei hat, weil Sie es durch unendlich lange U-Bahn-Schächte zerren und über Drehkreuze wuchten müssen. Wenn Ihnen das zu anstrengend ist, könnten Sie stattdessen ein Taxi von Bahnhof zu Bahnhof nehmen und das Risiko in Kauf nehmen, dass der Anschlusszug ohne Sie weiterfährt, weil Sie im Pariser Verkehr stecken bleiben. Schade, dass Sie das Gepäck nicht einfach in Frankfurt aufgeben und in Brest in Empfang nehmen können – wie beim Fliegen.

Das Fliegen also! Fliegen spart Zeit, Nerven und bei rechtzeitiger Buchung häufig sogar Geld. Leider gibt es aus ganz Deutschland keine einzige Direktverbindung zu den beiden größten bretonischen Flughäfen Brest und Lorient. Na gut, werden Sie sich sagen, umsteigen ist doch kein Problem, kurz von Gate zu Gate, wer will sich da beschweren? Dummerweise haben die Franzosen ein ähnlich gutes Händchen in Sachen Flughäfen wie Berlin: Die Chance, dass Sie auf dem internationalen Flughafen Charles de Gaulle landen und Richtung Bretagne vom Flughafen Orly weiterfliegen, ist groß. Vor allem, wenn Sie bei der Buchung nur auf den Preis und nicht auf die Art der Verbindung achten.

Die Bretagne ist eine Ferienhaus-Region. © Benjamin Lauterbach

Das Problem mit der Unterkunft

Nun sind Sie also angekommen, haben ein paar Mal tief die bretonische Meeresluft eingeatmet und sich auf den Weg zu Ihrer Unterkunft gemacht. Ihre Unterkunft befindet sich mit großer Wahrscheinlichkeit in einem Ferienhaus oder auf dem Campingplatz, weil die Bretagne nun mal eine typische Ferienhaus- und Camping-Region ist.

Wenn Sie sich im Urlaub also gerne bekochen, bedienen und beservicen lassen, haben Sie wahrscheinlich schon bei der Urlaubsplanung eine erste Enttäuschung erlebt. Luxushotels mit Außen-, Innen- und Zwischendrin-Pool finden sich nur selten. Stattdessen schmucke Einfamilienhäuser in Küstennähe, voll ausgestattet, in denen Sie ganz wie zu Hause leben, kochen und abwaschen dürfen. Wir hoffen, dass Sie sich Ihre Unterkunft mit Bedacht ausgesucht haben, Sie werden nämlich viel Zeit darin verbringen. Die zwei Faktoren, die dafür sorgen: das Wetter und die bretonische Küche.