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Digitale Demenz


Das Gehirn kann eines nicht: nicht lernenProf. Dr. Martin Spitzer

Mich hat ein vor Kurzem in der Tageszeitung veröffentlichter Artikel sehr nachdenklich gemacht. Daß wir eine Demenzerkrankung mit all ihren schlimmen Folgen für uns und besonders unsere Umgebung erleiden können, müssen wir hinnehmen. Ob wir das wollen oder nicht. Aber digitale Demenz, schon bei der jungen Generation, was ist das denn?

Sofern ich keine persönlichen Nachrichten und Glückwünsche handschriftlich an mir näher stehende Menschen verfasse, nutze auch ich moderne Kommunikationsmittel. Zuerst ab 1987 den Computer mit 20 Megabytes großer Festplatte (heute im Gigabytes- oder Megabytes-Bereich), Diskettenlaufwerk und 7-Nadel-Drucker; das kostete mich damals zusammengerechnet stolze 3.500 Deutsche Mark. Hinzu kam etwas später das Handy und als Ersatz dann ein schlaueres Telefon namens Smartphone. Letzteres verrät mögliche Rechtschreibschwächen nicht, selbst wenn wir halbe Analphabeten wären. Korrekturhilfen und Wortvorschläge sind ja mit an Bord. Gehirn anweisen abzuschalten? Nein, geht gar nicht, wie Prof. Spitzer feststellt.

Wehe, wenn sie losgelassen, die Millionen meist junger Smombies, Smartphone-Zombies, die unter Nomophobie, der „Angst ohne Handy“ -Krankheit leiden und Fobo, „Fear of being offline, Furcht vor Nichterreichbarkeit im mobilen Netz“ fürchten wie der „Teufel das Weihwasser“. Was für ein Drama.

Die Weiterentwicklung war das Tablet, nicht zu verwechseln mit der Tablette oder dem Trageutensil mit 2 „tt“ für Geschirr oder andere Sachen. Dieses 8 - 10 Zoll große Gerät ist wegen der Schwere und Unhandlichkeit nicht so zum Telefonieren unterwegs geeignet. Es brächte unsere nicht bratpfannengrossen Hände arg ins Zittern. Horizontal vor dem Mund oder vertikal am Ohr gehalten wirkt das außerdem viel hässlicher als bei einem Smartphone. Kinder ab
Grundschulalter könnten diese Gerätschaft nur auf Knien gelagert
bedienen, also nein.

Von den Neuerungen wie Ultrabooks wollen wir hier erst gar nicht reden, die Entwicklung geht da immer weiter. Ein mir von meiner Tochter vor einigen Jahren vermachtes Weihnachtsgeschenk, das elektronische Buch, kurz eBook genannt, nutze ich auch. Ob im Café, Bus oder Bett, je nach Bedarf auch sonst wo, es liegt federleicht in der Hand und wiegt trotz Inhaltsschwere, bei mir rund 50.000 Seiten Klassikerliteratur, weniger als 200 Gramm. Aber zurück zur digitalen Demenz.

Es ist schon ein Phänomen mit dem Zeug in der Hand oder Gesäßtasche. Kaum im Bus, Bahn, an Haltestellen, einfach irgendwie in der Gegend herumsitzend oder stehend, sind die Smombies wegen jener Fobo dauerbeschäftigt, manchmal auch zu zweit. Sie kichern auf ein Gerät starrend oder Suchergebnisse mit dem jeweils anderen vergleichend. Ich bezeichne so was als voll uncool. Fängt da schon die digitale Demenz an?

Ja, Smombies, müssen nicht mehr viel denken, der Umgang macht süchtig. Selbst viele Erwachsene wollen erreichbar sein. Es ist jetzt schon wissenschaftlich nachgewiesen, dass sich die heutige Jugend durch intensive Nutzung digitaler ach so „sozialer“ Netzwerke wie Facebook und Co. von realen Sozialkontakten abkoppelt. Sie driftet in selbst gewählte Vereinsamung, Isolierung und Unglücklichsein ab. Die Frustrationstoleranz fällt auf niedriges Niveau. Natürliche Auseinandersetzung und Reibung wie im Sportverein oder in realen Gruppen fehlt.

Und, wir merken das nicht einmal. Wie oft lassen wir die Kinder wegen Nichtverstehens der Wirkung dieser Medien allein mit sich und dem Internet. Wo wir doch auch als Großeltern liebevoll kontrollierend eingreifen und die Resilienz, auch die unsere, hätten fördern sollen und müssen. Wer es mal gelesen hat, George Orwells „1984“ lässt grüßen, nur schlimmer.

Unser Gehirn speichert unbewußt oder bewußt bis ins hohe Alter alles ab, was ihm in die Quere kommt. Es sortiert Unnötiges aus und behält das Wichtige. Je mehr wir unser eigenes Gedächtnis beschäftigen und arbeiten lassen, desto besser funktioniert dieses wunderbare Organ. Nur so entwickelt es sich weiter. Bei Unterforderung verkümmert es und der Prozess, wir nennen ihn Bildung, erleidet schwere Mangelerscheinungen.

Bis Kinder halbwegs selbständig agieren können, sollten sie unter unserer Mithilfe und Anleitung ihren angeborenen Wissensdrang durch Dialog mit ihnen, Bücher, Neugier, Selbsterfahrung, Nachfragen und Ausprobieren befriedigen können.

Das Phänomen Smartphone, Computer und Co. fördert während der Entwicklungszeit und auch später in höchstem Maß Denkfaulheit. Der Wissensbedarf muss ja nicht mehr erarbeitet werden, er ist im Internet in Hülle und Fülle da. Das gilt auch für uns Erwachsene. Welch ein Armutszeugnis wäre es, wenn wir versuchen würden, bei klarem Verstand unser gesundes Gehirn am Lernen zu hindern. Nein, wir können es nicht und das ist gut so.

Ich wünsche uns allen deshalb von ganzem Herzen, nicht jeglicher Form von Demenz zum Opfer zu fallen. Und wenn es uns trifft, mögen Menschen um uns sein, die die Kraft haben, uns zu ertragen; wir nehmen's dann ja nicht mehr wahr.

So grüßt euch, weder Smombie zu sein noch Fobo fürchtend, Euer Hillibaby

Autor: ehemaliges Mitglied


(eingestellt am 22.10.17)



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