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Elizabeth / Elikott

Elizabeth Kott wuchs in den 50er Jahren als echtes Burenmädchen in Südafrika auf, wo sie eine glückliche Kindheit erlebte. Ihre Muttersprache ist Afrikaans. Als junges Mädchen zog sie mit ihren Eltern aus der malerischen Umgebung von Stellenbosch in eine neue Welt im frostigen südlichen Schweden. Über viele Umwege kam sie nach Holland, dann nach Belgien, um im Erwachsenenalter wieder nach Südafrika zu gehen. Dort blieb sie jedoch nicht, sondern kam wieder nach Europa zurück.
Mit ihrem deutschen Mann war sie 35 Jahre glücklich verheiratet - trotz andauernder Existenzprobleme und persönlicher Rückschläge - bis er unerwartet an einem Herzstillstand starb.
Die Autorin beschreibt ihr Leben im Busch mit ihrem Mann, der als Mineraloge für die Kartierung eines weiträumigen Gebietes zuständig war. Ihre anfänglichen Abenteuer im Busch machten das Dasein interessant und erlebenswert. Sie trotzten der Hitze, die sich manchmal anfühlte, als ob die Sonne achtundvierzig Stunden am Tag schien. Der Wechsel nach Phalaborwa nahe dem bekannten Krüger-Nationalpark hingegen war der Anfang vom Ende. Die schweren Enttäuschungen und der Psychoterror, den ihr Mann erlebte, machten es notwendig das Land wiederum zu verlassen. Alkoholkrank, gedemütigt und verzweifelt verließen sie Südafrika, um in Deutschland von vorne anzufangen.
Die bebilderte Autobiografie entstand als Vergangenheitsbewältigung.
(Auszug aus dem Klappentext - mit Genehmigung von Elizabeth).

Cover_Elikott

Auszug aus dem Buch "Acht Monate unseres Lebens im afrikanischen Busch" von Elizabeth, den Sie für unsere Leseecke bereit gestellt hat:

Die Reise in den Schwarzen Kontinent

An dem Tag, als unsere Welt sich änderte, war es kalt, sehr kalt. Draußen im Garten stand ein Schneemann. Nach längerem Stehen bereits grau und schmutzig, da Hunde immer wieder ihr Bein an ihm gehoben hatten, und die Stellen waren gelblich verfärbt. Die Schneemassen zeugten von längeren Frostperioden und so grau wie der Schnee waren die Gesichter der Menschen, die endlich Frühling und Sonne haben wollten. Es war Mai, der 5. Mai 1975.

Die Kälteperiode hatte das Heimweh in mir derart an gefackelt, dass ich mir die Gerüche und Farben aus meinem Heimatland Südafrika so stark herbeisehnte, dass es fast wehtat. Ich dachte an die wunderbaren purpur- bis malvenfarbige Blüten von den Jacarandabäumen die jetzt wie ein Teppich auf den Boden lagen.

Jacaranda_Elikott
Jacarandabäume in Südafrika
Foto: Elikott

Die Bäume sind ein Wahrzeichen von Pretoria und die Stadt wird liebevoll Jacarandastadt genannt. Jetzt würde auch die Bougainvillea blühen, und Kakteen und Palmen würden der Stadt einen Rahmen geben. Bantufrauen würden ihre kunstvolle Perlenhandarbeit präsentieren, und auf Springbockfellen würden die Männer ihre Holzarbeiten zum Kauf anbieten. Pretoria ist stark von der schwarzen afrikanischen Kultur beeinflusst, einfach durch die Anwesenheit der Schwarzen, die die Eigenarten von den jeweiligen Bantustämmen in das Stadtbild projizierten. Die Afrikaans sprechenden Südafrikaner beherrschen das Gesamtbild, mit den Denkmälern ihren Burenhelden, aber auch die Schwarzen haben ihre Identität nie verloren.

Wenn man ihre Sprachen verstehen würde, es gibt davon 8 verschiedene Bantusprachen, würde man die Geschichten von den Vorfahren hören, die Geschichten von dem gefürchteten „Tokoloshe“, der Nachts die Schlafstellen heimsucht, um die schwarzen Menschen zu verzaubern. Der Tokoloshe, ist ein zwergenhafter, böser Geist der Zulu. Er würde sich nachts unter dem Bett verstecken und im Schlaf angreifen. In südlichen Teilen Afrikas erhöhen manche Menschen ihre Betten daher mit Backsteinen, um sich vor dem Tokoloshe zu schützen, da sie davon ausgehen, dass er lediglich 20-30 cm groß ist und daher das erhöhte Bett nicht erreichen kann. Auch das Aussprechen des Namens wird von vielen vermieden, da befürchtet wird, er könnte darauf erscheinen. Die Angst vor Tokoloshe führt auch zu einer gewissen Angst vor Fröschen und Schlangen, da er sich angeblich in diesen Tieren manifestieren kann. Die Kinder jedoch sind meistens nicht gefährdet. Sie allein können und dürfen den Tokoloshe sehen, und manchmal zeigt er Güte und baut sogar eine Freundschaft auf.

Ich habe meine Kindheit in Südafrika verbracht und war bestens vertraut mit den Gewohnheiten des Landes, und ich spreche ja auch meine Muttersprache Afrikaans. So zu sehen war ich ein echtes Burenmädchen. Ich wuchs 6 Jahren auf eine wunderschöne Farm in der Gegend von Stellenbosch auf und teilte meinen Schulunterricht mit den Kindern unserer farbigen Farmarbeiter, die am offiziellen Unterricht nicht teilnehmen durften. Dazu hatte ich eine schwarze Tafel, weiße Kreide, und ich kaufte Bücher und Stifte für meine „Schüler“. Immerhin habe ich ihnen das Lesen und Schreiben beigebracht.

Mein deutscher Mann Klaus war Mineraloge, ein stiller Intellektueller mit vielen Büchern und einer starken Verbundenheit und Liebe für sein Land. Das Leben hatte uns nach vielen Umwegen nach Clausthal-Zellerfeld im Harzgebirge verschlagen, wo er seine Doktorarbeit als Mineraloge angefangen hatte, und ich als Institutssekretärin im Institut für Physikalischen Chemie arbeitete. Es ging uns soweit gut.
Dann schrieb ein Onkel von mir uns, dass es eine vakante Stelle als Mineraloge in Pretoria gab, mit der Möglichkeit eine Doktorarbeit zu schreiben, und mein Mann sollte sich bewerben. Ich schrie natürlich sofort Hurra, aber das würde bedeuten, dass er seine jetzige Doktorarbeit abbrechen müsste um dort wieder von vorne anzufangen.
Wir sagten zu.

Der lang ersehnte Brief aus Südafrika traf ein, und voller Spannung lasen wir ihn. Soweit alles in Ordnung. Er enthielt einen Vertrag, einen Zugticket erster Klasse von Clausthal nach Frankfurt Flughafen und einen Scheck für den Umzug. Wirklich alles in Ordnung. Nur... was kann man in Südafrika kaufen für das Gehalt, das in südafrikanischem Rand angegeben wurde, und was verdient ein südafrikanischer Mineraloge überhaupt? Stimmt das alles so? Wie können wir das überprüfen? Frage um Frage quälte uns und wir wussten nicht ob wir das Richtige tun. Die Entscheidung war enorm. Wir würden emigrieren und alles hinter uns zurücklassen. Unsere Wohnung musste gekündigt werden, die Finanzen in Ordnung gebracht werden, die Papiere für unsere Katze musste beantragt werden, und die Gewissheit, dass wir nicht zurückkehren würden machte die Sache noch ernster, als sie schon war. Wir konnten niemand um Rat fragen und mussten unsere Entscheidung selbst treffen, in der Hoffnung, dass man nicht einen furchtbaren Fehler machen würde. Wir waren noch so jung und hatten beide keine richtigen Erfahrungen im Leben. Aber wir waren voller Tatendrang und schließlich entschieden wir, den Weg zu gehen. Das war ein Fehler!

Erst als wir bereits im Flugzeug saßen, zwischen uns auf dem Boden unsere Katze in ihrem Korb, redeten wir über den Vertrag. Es war ein Fünf-Jahres-Vertrag, mit einer sehr ominösen Klausel, dass wir, wenn wir vor den fünf Jahren das Land verlassen würden, die Umzugskosten zurück erstatten mussten. Wie konnten wir überhaupt wissen, ob wir fünf Jahre in dem Land bleiben wollen, und können. Es war ein fremdes Land, zu mindestens für meinen Mann. Da ich ja aus dem Land stammte und die Sprache beherrschte war es für mich Heimat. Aber für ihn, ohne jegliche Berufserfahrung war das ein großes Hasardspiel. Ich tröstete ihn damit, dass ich mich ja auskannte und ihm bei allem helfen konnte, und die Aussicht auf wunderbares Wetter und schöne Landschaften mit grandioser Flora und Fauna besänftigte vorerst seine Bedenken.

Unsere Katze forderte dann auch ein wenig Aufmerksamkeit. Wir fütterten sie mit Schinken und Wasser. Sie war so lieb und pflegeleicht, aber irgendwann in der langen Nacht war ihr Notdurft zu groß und sie zeigte uns durch leises Miauen, dass wir irgendetwas tun müssen. Ich nahm sie samt Korb nach hinten zu den Toiletten. Dort ließ ich sie frei. Für diesen absehbaren Notfall hatte ich eine Zeitung dabei, die ich auf dem Boden ausbreitete. Nach einigem Zureden war sie bereit sich darauf zu erleichtern, und sie fing sofort an zu schnurren als sie sich wohler fühlte, eine Sorge weniger, denn ich habe mir die ganzen Zeit Gedanken darüber gemacht, was ich tun kann wenn sie mal muss. Jetzt war das erledigt. Es war eine lange Reise, 12 Stunden lang, aber das Flugzeug war zum Glück nicht ausgebucht, und wir konnten uns für die Nacht jeder eine dreier Reihe nehmen und uns ausstrecken. Fiepie, unsere Katze, war ganz zufrieden und schlief. Es war schon ein komisches Gefühl von einem Kontinent zum anderen zu fliegen und von eisiger Kälte in sommerlich warmes Wetter zu kommen. Wir hatten keine Ahnung, was uns erwartete. Irgendwann in der Nacht sah ich aus dem Fenster, und weit unten konnte ich Feuerstellen sehen. Wir flogen über Ägypten.

Die Stimme aus dem Lautsprecher verkündigte, dass wir im Landeanflug seien; wir sollten die Sitze in die aufrechte Position stellen und nicht mehr rauchen. Ja, damals durfte man das noch!

Joh'burg Skyline_Elikott
Die Skyline von Johannesburg
Foto: Elikott

Jetzt konnten wir schon Johannesburg Skyline von oben sehen und ein Wolkenkratzer nach dem anderen flog unter uns vorbei. In die Ferne waren die „Mine Dumps“ zu sehen, die gelb von Goldstaub zu schimmern schienen. Später sollten diese Hügel wieder aufgearbeitet werden, weil man auch im ehemaligen Abraumgestein noch einiges an Gold vermutete. Fast jede Villa hatte einen eigenen Pool. Die schimmerten kobaltblau zwischen den Häusern, die jetzt immer näher und näher kamen. Bald konnten wir auch Straßen und Gebäuden erkennen und dann, mit einem sanften „bumms“ waren wir gelandet.

Zum ersten Mal in vielen Jahren hatte ich wieder die rote Erde meines Heimatlandes unter den Füßen. Laue 25°C erwarteten uns, der Himmel war wolkenlos und blau. Jan Smuts Flughafen war zu der Zeit noch freundlich und übersichtlich, und nachdem wir unsere Katze aus dem Zoll befreit hatten, konnten wir weiter. In der Ankunftshalle wartete ein Schwarzer Chauffeur mit einem Schild, worauf unsere Namen standen, und er begleitete uns zu einer Luxuslimousine. Sogar in der verschlossenen Sicherheit der Limousine fühlten wir uns von der Stadt mit ihren Wolkenkratzern verschlungen, und nach einer langen Fahrt hielten wir erleichtert vor einem sehr großen, sehr imposanten Gebäude, worauf in goldenen Lettern stand „Geological Survey of South Africa“ , der Auftraggeber meines Mannes. Der Chauffeur brachte uns nun in die dreiundzwanzigste Etage, wo wir von einer Sekretärin begrüßt und dann dem Direktor vorgestellt wurden. Er hieß uns herzlich Willkommen und sagte, dass wir vorerst kostenlos in einem Appartement untergebracht werden. Wir hatten drei Monaten Zeit eine geeignete Wohnung zu suchen, aber er versicherte uns, dass das gar nicht nötig sei, da er große Pläne mit meinem Mann hatte und wir nach einer kurzen Eingewöhnungsphase, 9 Monate lang im Busch in der Lowfeld leben würden.

Wir hatten keine Ahnung! Die Herzlichkeit der Menschen und ihre Hilfsbereitschaft ließen kaum Zweifel aufkommen, aber wir wunderten uns doch sehr, dass sobald von der „Lowfeld“ gesprochen wurde, die Leute sehr bedauerlich guckten und alle fragten, ob wir uns auch sicher waren. Irgendwie beunruhigend, nur konnten wir nicht genau herausbekommen, was so schrecklich an der „Lowfeld“ sein sollte. Das Gebiet, das mein Mann kartieren sollte, belief sich auf 100.000 km², und der Krüger National Park mit seinem 20.000 km² war mitten drin! Das Gelände war Busch, Steppe, Hügel, Flüsse und verschiedenen Wildfarmen, die je so um die 8.000-10.000 km² hatten. Er bekam einen Kompass, einen Geologenhammer, Luftbildaufnahmen des Gebietes, Veröffentlichungen, ein Stereomikroskop und ein Minilabor, einen Ford Custom , groß wie ein Lastwagen, mit vergitterter Ladefläche, und daran gekoppelt einen Sechs-Personen-Caravan, ausgerüstet mit diversen Wasserbehältern, Gasflaschen und Werkzeug. Im inneren befanden sich zwei Betten unten, darüber zwei Kojen, und auf einer Seite waren ein Kühlschrank, eine Kochnische, sogar mit Ofen und eine Anrichte mit Waschbecken. Auf der anderen Seite einige Schränke, zwei Bänke, dazwischen ein Tisch der zum Doppelbett umgebaut werden konnte.

Es gab keine Dusche und keine Toilette.

Unser Camp_Elikott
Unser Camp
Foto: Elikott

Dann erfuhren wir endlich, was uns erwartete. Die Lowfeld ist bekannt dafür, die heißeste Gegend von ganz Südafrika zu sein. Wir mussten uns auf Temperaturen um 48°C im Schatten einstellen, und abends würde es gerade mal auf 40°C abkühlen. Dabei waren wir im Malariagebiet und obwohl die Regierung massiv gesprüht hat, konnte man nicht ausschließen, dass doch noch Mücken überlebt haben. Wir sollten also dringend Tabletten als Malaria Prophylaxe nehmen, wobei man dann einige Nebenwirkungen erwarten kann! Aber das ist halt so. Weiter sollten wir uns möglichst sofort nach Ankunft eine Waffe zulegen, da die Farmer über unseren Besuch als „Prospektoren“ nicht gerade begeistert sein würden. Auch sollten wir nicht schutzlos wilden Tiere gegenübertreten. Wir sollten unser Camp auf einer Farm aufschlagen, ca. 1 km vom Farmhaus entfernt, aber wir hätten keine Elektrizität und auch kein fließendes Wasser. Wir würden direkt am Fluss campen, und dort sei ja Wasser genug. Außerdem warnte man uns, nicht auf nassen Handtüchern oder Kleidern zu sitzen: Da drohte die Gefahr, dass die Larven der Mango Fliege in die Haut eindringen und widerliche Beulen verursachen. Wir würden gerade mal 1 km westlich vom Krüger-Nationalpark campen. Wilde Tiere sollten unsere nächsten Nachbarn sein. Dann erfuhren wir, dass Mica, das nächste Dörfchen, wo Proviant gekauft werden kann und auch eine Art Postamt war gerade mal sechs Häuser hatte und nicht mehr als dreißig Einwohner in der näheren Umgebung wohnten, von unserer Farm abgesehen, wo der Farmer mit seiner Frau und drei Kindern lebten. Die nächste „große“ Stadt ist Phalaborwa, direkt am Krüger National Park angrenzend, aber 60 km von Mica entfernt. Dort sollten wir den Ford Custom eintauschen gegen einen Land Rover, der bequemer war im Busch und wir durch den Vierradantrieb auch schwierigen Stellen meistern konnten. In Phalaborwa sollten wir uns dann auch die Waffe besorgen.

Wir schluckten. Ein mulmiges Gefühl mit einem bitteren Nachgeschmack machte sich breit. Worauf, zum Teufel haben wir uns eingelassen, und es gab keinen Weg zurück. Die Klausel in dem Vertrag machte es unmöglich für uns, das Land vor Ablauf der fünf Jahre zu verlassen. Dann kam das Allerschlimmste. Mein Mann musste seinen deutschen Führerschein abgeben und in einen südafrikanischen umwandeln lassen. Jetzt fühlte er sich wie amputiert, und das war kein guter Anfang. Zum Glück hatten wir noch die Zeit der Eingewöhnung. So lange konnten wir in Ruhe erst mal die große Städte, Johannesburg und Pretoria besichtigen und das Schreckensbild rückte ein wenig in die Ferne. Das Klima war sehr angenehm, obwohl die Nächte schon empfindlich kalt werden konnten, aber nach den vielen Monaten mit Schnee und Eis in Deutschland eine richtige Erholung. Unsere guten Geister kamen wieder zurück.

Der 20. Mai 1975 war ein entscheidender Tag in unsere Lebensgeschichte. An diesem Tag begann unser großes Abenteuer. Wir waren doch eigentlich gut vorbereitet, oder vielleicht doch nicht? Klaus hatte erst noch ein paar Fahrstunden mit dem großen Ford Custom absolviert, um sich an den Linksverkehr zu gewöhnen. Nun musste er mit unserem Gespann quer durch Johannesburg kutschieren, bis er die Hauptstraße N12 Richtung Norden nehmen und weniger Verkehr erwarten konnte. Der Caravan war vollgeladen mit Proviant und Zeltutensilien. Fiepie würde einfach ohne Korb im Caravan mitreisen, wo sie dann auch Futter und Katzenklo hatte. Man hat uns versichert, dass das kein Problem ist, nur wenn Berge überquert werden oder Steigungen, sollten wir sie wieder einsperren und alles Lose verstauen. Und so fuhren wir dann los.

Wir waren jetzt nicht mehr weit von unserem Zielort entfernt. Klaus studierte fleißig seine Karten, damit wir wussten wo wir ungefähr sind. Wir mussten eigentlich in ein paar Stunden ankommen. Es war sehr wichtig, dass wir in Tageslicht die Farm erreichten, denn das Camp musste noch aufgebaut werden, vor allem das Toilettenzelt. Dafür musste noch ein Loch gegraben werden. Es wurde immer wärmer und wir waren noch nicht mal in der Hochsaison. Es war nur ein Vorfühlen was uns erwartete.

Die Straße war fast leer. Ab und zu überholten wir einen Lastwagen, aber abgesehen von ein paar Schwarzen, die uns unterwegs begegneten war nichts Besonderes zu sehen. Die ersten „Koppies“, kleine Hügel, ragten aus der Steppe, und Dornenbäume mit enormen weißen Stacheln säumten die Straße. Wir waren jetzt in einer Gegend, wo eine Wildfarm an die nächste angrenzte. Öfters sahen wir jetzt auch Kudus oder Springböcke. Diese Farmen wurden gern von Deutschen Politikern für Jagdurlaube genutzt. Eine davon gehört der Familie von Franz-Josef Strauß (Bayern) in Afrika. Ein Tor mit einem Holzschild, auf dem der Name „Carthage“ stand, zeigte uns, dass wir unser Ziel erreicht hatten. Es war jetzt halb drei mittags, also eine gute Zeit anzukommen.

Ich öffnete das Gittertor, und ich wusste da noch nicht, dass ich in den kommenden neun Monaten Hunderte von Toren öffnen und schließen würde, um Rinder am Ausbüchsen zu hindern. Vor jedem Gatter befand sich eine Rinne mit Röhren darüber gelegt, damit die Rinder mit ihren Hufen Probleme haben würden darüber zu klettern, wenn versehentlich ein Tor nicht verschlossen würde.

An beiden Seiten einer Schotterstraße standen Reih an Reih herrlich duftenden Orangebäume, die Äste brechend voll mit reifen Orangen. Zum Teil lagen sie einfach auf dem Boden. Ich stieg aus und pflückte einige für später. Wir würden dem Farmer nachher unseren „Diebstahl“ beichten.

Orangen_Elikott

An beiden Seiten einer Schotterstraße standen Reih an Reih herrlich duftenden Orangebäume, die Äste brechend voll mit reifen Orangen. Zum Teil lagen sie einfach auf dem Boden. Ich stieg aus und pflückte einige für später. Wir würden dem Farmer nachher unseren „Diebstahl“ beichten.

Wir fuhren noch ein ganzes Stück, bevor wir das Farmhaus in der Ferne erblickten, weiß getüncht mit Reetdach. Zwei große Doggen stürzten sich mit wütendem Gebell auf uns, und dann erschien auch der Farmer. Ein großer, gut gebauter Mann in T-Shirt und Shorts und ein kleines Spitzbärtchen unter seiner Unterlippe. Freundlich begrüßte er uns und sagte sein Name ist „Ronny“. Der Geological Survey hatte uns angekündigt. Er war also nicht unvorbereitet auf unser Kommen. Er führte uns ins Haus und lud uns zu einem Drink ein. Wir betraten ein typisch südafrikanisches Wohnzimmer. An allen 4 Wänden standen Sessel oder Stühle und daneben Nierentischchen. In Mitte des Raumes waren auf einem niedrigen Couchtisch Nüssen und Limonade serviert. Das Zimmer war so ungemütlich wie ein Wartesaal, aber die Möblierung war typisch für die Afrikaans sprechenden Südafrikaner, die sog. „Boer“. Die Dame des Hauses betrat den Raum mit Gläsern und einer Flasche Whiskey. Sie stellte sich als „Margie“ vor. Eine liebenswerte Frau, für die wir sofort Sympathie empfanden. Die Limonade die uns angeboten wurde, war Chemie pur! Irgendeine eklige orange Flüssigkeit mit Wasser verdünnt. Ich konnte mir nicht helfen, ich musste einfach die vielen, vielen Orange-bäume erwähnen die wir gesehen hatten. Es muss doch einfach sein, die Orangen auszudrücken und herrlich frischen Orangesaft zu bekommen! Ihre Antwort war erschütternd! „Wir sind zu faul dazu“, sagte sie. Dabei hat jeder Farmer einige Hausangestellte

Whiskey trinken in dieser Hitze und um diese Uhrzeit fanden wir auch nicht so prickelnd. Wir drängten, unser Camp einzurichten und uns danach auszuruhen. Ronny wollte mit einigen Helfern mitkommen, damit wir schnell fertig wurden und so brachen wir auf, nachdem Margie uns noch etwas zum Essen mit gab. Sie lud uns zum Frühstück am nächsten Morgen ein. Dann wollte sie uns mit der Umgebung bekannt machen und evtl. nach Mica fahren, damit wir erstmals richtig einkaufen konnten.

Die Schotterstraße brachte uns wieder an den vielen Orangenbäumen vorbei, aber dann wurde die Vegetation immer buschiger. Als wir Rindertor Nummer 5 öffneten und schlossen, sahen wir auch, warum. Es gab keine Orangenbäume mehr, dafür grasten Hunderte von braunen Rindern mit riesigen langen Hörnern auf kargen Feldern. Ronny erzählte uns, dass die Herde sein Haupteinkommen lieferte und dass er ca. 3.000 Rinder als Schlachtvieh besaß. Die Orangen waren nur so ein Hobby, und außerdem waren sie schon immer da. Wir fuhren jetzt an einem Fluss entlang, der die Vegetation freundlicher und grüner werden ließ, der Olifants River. Er sollte in den nächsten neun Monaten unsere Waschgelegenheit und unser Trinkwasservorrat werden; das Wasser sollte man allerdings nur abgekocht trinken. Später konnten wir es auch gut zum Kühlen von Bier- und Weinflaschen benutzen. Für eine lange Zeit bot er uns die einzige Möglichkeit zur Abkühlung und Ablenkung.

Wir fanden ein wohnliches Plätzchen unter großen Bäumen, mit direktem Blick auf den Fluss. Zuerst mussten wir die Lage ebnen, damit der Caravan auf einer ebenen Fläche stand, trotz Einsatz von Richtschnur und Wasserwaage war das ein mühsames Unterfangen. In der Zwischenzeit gruben drei schwarze Farmarbeiter in einiger Entfernung ein tiefes Loch für unser KloZelt. Über das Loch wurde ein Holzbänkchen mit Deckel errichtet und rundherum die Erde fest angedrückt. In die Vertiefung wurde Chlorkalk gestreut. Das Zelt war dann schnell aufgebaut, und fertig war unser Klo. Das Abenteuer konnte beginnen!

Nachdem wir den Caravan an seine Stelle gerückt hatten und auch das blaue Vorzelt aufgebaut war, entschlossen wir, Fiepie freizulassen. Tiefgeduckt kam sie aus dem Vorzelt heraus, das Bäuchlein berührte dabei den Boden. Ich nahm sie auf meinen Arm und zeigte ihr so ihr neues Zuhause. Mit beruhigenden Worten ließ ich sie dann los, und erstaunlicherweise blieb sie erst in unserer Nähe. Ein Schwarm fliegender Ameisen erweckte ihr Interesse, und sie fing an, diese nacheinander zu fangen und aufzuessen.
Die Gasflaschen wurden angeschlossen, und die schwarzen Farmarbeiter füllten unsere Wasserbehälter mit dem Wasser aus dem Fluss. Dann waren wir fertig für unsere erste Nacht im Busch. Ronny verabschiedete sich. Wir waren allein.

Wir hatten nichts, womit wir im Ernstfall Ronny herbeirufen konnten. Zu der Zeit gab es noch keine Handys, und Sprechfunk hatten wir auch nicht. Aber das war auch gut so. Nach der langen Fahrt durch Staub und Hitze hatten wir sowieso keine Lust auf Gesellschaft. Wir mussten uns jetzt für die Nacht vorbereiten. Als einzige Lichtquelle hatten wir eine Petroleumlampe und für draußen drei Fackeln, die ich glücklicherweise in Johannesburg besorgt hatte.
Als Nächstes mussten wir eine Feuerstelle bauen, damit wir nachher auch etwas kochen konnten. Dafür mussten wir zunächst Steine suchen als Umrandung und geeignetes Holz. Wir hatten zwar Holzkohle dabei, aber die war ziemlich teuer, und wir wollten unser Budget nicht allzu sehr strapazieren. Dabei hatten wir ja Holz in Überfluss.

Bei der Holz- und Steinsuche begegneten wir unserem ersten Mitbewohner. Aus einer Kuhle kam er angetappt, zischend und züngelnd, furchterweckend anzusehen: Ein Waran, etwa anderthalb Meter lang mit einer schuppigen grünen Haut und böse funkelnden Augen. Er hörte auf zu Zischen, als wir ihn nur beobachteten ohne ihm zu nahe zu kommen. Unbeeindruckt verschwand er langsam in irgendeinem Loch. Wir hatten keine Angst vor ihm, da wir wussten, dass Warane nicht gefährlich für Menschen waren. Später freundeten wir uns an und fütterten ihn mit Speiseresten. Wir nannten ihn „Freddie“.

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Unser Feuerchen war angezündet, die Fackeln brannten und im Caravan verbreitete die Petroleumlampe einen gemütlichen Schein. Fiepie war von ihrer ersten Jagd zurückgekehrt und wir gaben ihr zu Essen. Sie saß vor dem Vorzelt und putzte sich. Wir waren jetzt überzeugt, dass wir mit ihr kein Problem haben würden. Margie hatte uns zwei Steaks mitgegeben und eine Schüssel Salat. Der Duft der gegrillten Steaks auf Holzfeuer machte uns erst bewusst, wie hungrig wir waren. Der Abend war lau und angenehm warm, und die Flasche Rotwein half dabei, dass wir uns richtig wohl fühlten. Ein Froschkonzert wechselte sich ab mit undefinierbaren Geräuschen vom Fluss herkommend, und weit in der Ferne hörten wir das Prusten und „Hohoho“ von Flusspferden.

Autor: ehemaliges Mitglied

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