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Weinstammtisch im Januar 2010

Der erste Wein-Stammtisch im neuen Jahr führte am 21. Januar 2010 zwölf Mitglieder zum Mainzer Fastnachtsmuseum.

Von der Haltestelle der Straßenbahn am Schillerplatz nehmen wir den „walk of fame des Kabaretts“. Das Forum-Theater Unterhaus, das Deutsche Kabarettarchiv und die Stadt Mainz haben in Anlehnung an die berühmte Straße in Hollywood mittlerweile ca. 80 kleine Bronzetafeln mit siebenzackigem Edelstahlstern und dem Namenszug bzw. den persönlichen Signaturen bedeutender deutschsprachiger Kabarettisten im Boden eingelassen, die „Sterne der Satire“.

Das Fastnachtsmuseum befindet sich etwas versteckt auf der Rückseite des Proviant-Magazins. Der Klepperbub weist den Weg, er ist ein beliebtes Fotoobjekt. Die 160 kg schwere und 1,60 m hohe Bronzefigur wurde von der Kleppergarde anlässlich ihres 150. Geburtstages im Jahr 2006 gestiftet und zeigt die historische Schnitzel-Uniform von 1856.

Till_bakru26
Die Symbolfigur des Till weist den Weg zum Museum
Foto: bakru26

Beate Popp, die Leiterin des Fastnachtsmuseums, empfängt uns und steigt für uns in die Bütt’. Sie berichtet, dass es 30 Jahre, bis zum Juni 2004, gedauert hat, bis in Mainz ein Fastnachtsmuseum eröffnet wurde. In den 70er Jahren begann Karl Delorme, Bürgermeister der Stadt Mainz und Bundestagsabgeordneter, Exponate der Mainzer Fastnacht zu sammeln und gründete das Mainzer Fastnachtsarchiv, das heute Bestandteil des Museums ist.
Beate Popp erzählt uns zuerst etwas über das Gebäude, in dem sich das Museum befindet.
Das Proviantmagazin entstand in den Jahren 1865-1867 und ist eines der wenigen noch erhaltenen Militärbauten aus der Ära des Deutschen Bundes. Die dem Rhein zugewandte Seite war für die in Mainz stationierten Preußen reserviert, die Rückseite den Österreichern. Nach dem Abzug der Österreicher lag das Bauwerk lange im Dornröschenschlaf, bis die Bundesvermögensverwaltung das Magazin übernahm. In den 1960er Jahren entging es nur knapp dem Abriss. Schließlich wurde es an die Stadt Mainz mit der Auflage übergeben, das Gebäude für die Kultur vorzusehen. Die Wohnbau Mainz baute das Objekt mit Wohnungen, Büroflächen, Gastronomie und Kultur aus und bewahrte das Denkmal für das kulturelle Erbe der Stadt. 2004 wurde das Fastnachtsmuseum eröffnet.

40 ehrenamtliche Mitarbeiter engagieren sich seitdem für das Museum.
Danach erzählt uns Beate Popp etwas über die Ursprünge der Fastnacht.
Sie wird erstmals im Jahre 1495 erwähnt. Die Fastnacht entstand aus zahlreichen Bräuchen, bei denen man nicht mehr genau weiß, woher sie stammen. In der rheinischen Fastnacht wird um 1700 von „befuselten Carnevals-Tolitäten“ gesprochen. In verschiedenen Städten am Rhein hatte sich nach dem Wiener Kongress der Karneval organisiert mit Bällen, Sitzungen und 1823 in Köln dem ersten Rosenmontagszug. Die Mainzer blickten neidvoll auf dieses Treiben, warteten aber ab und dachten:
- wir schreiben es einmal auf
(Beate Popp: „mer schreibe es mol uff“)
- wir warten erstmal ein bißchen ab („mer warte mol e bisje ab“)

Die Mainzer warteten solange, bis Prinz Carneval Köln verließ und mit dem Schiff rheinauf nach Mainz kam! Überbringer war der Großkaufmann und spätere Abgeordnete des Hessischen-Landtags Johann Kertell, der während seiner Zeit als Handelskammer-Präsident in Köln den dortigen Karneval kennen gelernt hatte.

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Der Gardist, eine Persiflage auf das Militär
Foto: Kobold1952

1837 wurde die erste Garde, die Mainzer Ranzengarde gegründet. Sie war eine Persiflage auf das Militär (in Berlin die „langen Kerls“, in Mainz die „dicken“) und dienten als Schutztruppe des Prinzen Carneval. Aufgenommen wurden nur Mitglieder mit 6 Fuß Stockmaß (1,30 m Bauchumfang). Johann Kertell marschierte 1837 auch beim ersten Mainzer Rosenmontagszug mit. Vom 1838 gegründeten MCV (Mainzer Carneval Verein) wurden die sich in Köln bewährten Rituale übernommen. Dazu gehörten die Sitzungen, das Protokoll, die Narrenkappe, das närrische Komitee, die Narrenposse, die Umzüge. Bis heute ist der MCV die Korporation der Saal- und Straßenfastnacht.

Den Schlachtruf „Helau“ gibt es übrigens - so Beate Popp - erst seit 1935. Vorher wurde in Mainz mit „Hoch“ und „Hurra-Rufen“ dem närrischen Treiben Ausdruck verliehen. 1934 brachten Delegationen des MCV und der Mainzer Prinzengarde von Besuchen in Düsseldorf den dort üblichen närrischen Schlachtruf „Helau“ mit. Dieser wurde in Mainz sofort akzeptiert und hat sich seit 1935 etabliert.

Seit Beginn der Mainzer Fastnacht war diese einem „Auf und Ab“ unterlegen. 1914 lief der letzte Rosenmontagszug vor dem 1. Weltkrieg, 1939 der letzte vor dem 2. Weltkrieg. Ab 1933 diente die Fastnacht propagandistischen Zwecken. Der Mainzer Josef „Seppel“ Glückert, Protokoller beim MCV, war einer der wenigen, die sich trauten, während der NS-Diktatur in der Bütt versteckte Kritik zu üben. Mit „Hermann, der Hering“ und anderen zweideutigen Büttenreden wagte er eine schmale Gratwanderung. Seine Popularität schützte ihn, aber 1938 trat er nicht mehr als Protokoller auf.
1946 wagte man den Neuanfang mit einer einzigen Sitzung, die 14x wiederholt werden mußte. 1955 begann mit der ersten Fernseh-Fastnacht eine neue Ära. Die „Määnzer Fassenacht“ wurde über die Grenzen von Mainz hinaus in die Welt getragen.

Narhalla_Kobold1952
Die ersten Sitzungen veranstaltete der MCV 1838 im Saal des "Römischen Königs" in der Grebenstraße. Ab 1842 wurden sie im neuen Festsaal des Gasthauses "Zum Frankfurter Hof" in der Augustinerstraße durchgeführt und später auch in der "gut Stubb", der 1884 eingeweihten Stadthalle, damals der größte Hallenbau Europas. Als Ersatz für die kriegszerstörte Stadthalle dient seit 1969 die Rheingoldhalle.
In der Nachkriegszeit führten der MCV und der MCC Sitzungen im "Roten Kopf" und im Brauhaus "Zum Rad" durch, bis das Kurfürstliche Schloß wieder hergestellt war. Heute verwandeln sich manche Turnhallen in den Vororten während der fünften Jahreszeit in eine Narhalla.
Hier das Bild einer Sitzung im "Frankfurter Hof" 1842.
Foto: Kobold1952

Schwellkopp_Kobold1952
Määnzer Schwellkopp
Foto: Kobold1952

Nach soviel Informellem betrachten wir im Anschluss die zahlreichen Exponate, die unsere Fotografen in farbenprächtigen Bilder festgehalten haben. Die "Links" am Ende des Berichts führen zu den Fotos.

Zahlreiche Orden, Schwellköpp, Komitee-Ketten, Narrenkappen, Rednerkostüme, Garde-Uniformen, Sitzungsprotokolle, Programme, Liedtexte und vieles mehr versetzen uns in die fünfte Jahreszeit.

Die „Määnzer Schwellköpp“ bestehen nur aus Kopf, Hals und Oberkörper. Sie dürfen nicht mehr als 25 Kilo wiegen und müssen bequem zu tragen sein. Für die Träger sind Öffnungen im Hals vorhanden, damit sie sehen und frei atmen können. Bis heute wird für die Schwellköpp Pappmaché verwendet.
In den 1920er Jahren spezialisierte sich Ludwig Lipp, Sohn eines Mainzer Steinmetz, der in München Bildhauerei studierte, auf Theaterdekorationen aus Papiermaché. In seiner Werkstatt entstanden die Schwellköpp, die 1927 zum ersten Mal im Rosenmontagszug mitliefen. Lipp wollte damit Mainzer Typen karikieren.

Die Narrenkappe, ein Merkmal aller Mitglieder eines Karnevalvereins, kam 1827 in Köln zum ersten Mal zum Einsatz. Sie diente auch als Eintrittskarte. An ihrer Form und Farbe konnte jeder erkennen, wer zahlendes Vereinsmitglied war und wer unbefugt an einer Sitzung teilnahm. Deshalb wurden die Narrenkappen in früheren Jahren jedes Jahr neu gestaltet.

Leporello_Kobold1952
Die ersten Umzüge am Fastnachtsmontag, der in Mainz erst seit 1890 Rosenmontag heißt, waren Maskenzüge, in denen kostümierte Gruppe kleine Szenen darstellten. Es gab historische Kostüme, Phantasiegestalten, uniformierte Gruppen und Musikchöre. Die größten Festwagen mit den Hauptfiguren bildeten den Höhepunkt des Zuges.
Hier ist ein Leporello aus dem Jahr 1857 zu sehen.
Foto: Kobold1952

Frau Babbisch_Kobold1952
Die legendare Frau Babbisch
Foto: Kobold1952

Am 17. Februar 1955 gab es die erste Fernsehsendung „Mainz, wie es singt und lacht“, die von der ARD ausgestrahlt wurde. 1964 folgte das ZDF mit der „Lachparade“ und später mit "Mainz bleibt Mainz". Die gemeinsame Fastnachtssendung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ gibt es seit 1973.
Auf den Bildschirmen, vor denen wir uns mit Kopfhörern in alte Zeiten der Fernseh-Fastnacht zurück versetzen lassen können, wird an die unvergessenen Figuren wie „Frau Babbisch und „Frau Struwwelisch“ und an andere Urgesteine der Mainzer Fastnacht, wie den singenden Dachdeckermeister Ernst Neger, Margit Sponheimer, den langjährigen Sitzungspräsidenten Rolf Braun, Dr. Willi Scheu, Herbert Bonewitz und viele andere erinnert.

Lustig_bakru26
Margret551 und fidelis45 amüsieren sich beim Rückblick auf Vorträge der Fernsehfastnacht
Foto: bakru26

Wir sehen Erklärungen von Mainzer Wörtern:

„Fleebutz“ - in Määnz is des ääner, der es Gras wachse hört“

„Die Strunzern“ - uffgedonnert is die e richtig Krakeelern.

„Alt Schees“ - E Schees is in Määnz a Kutsch, uff Hochdeutsch „Chaise“. Wenn die Mitfahrer ziemlich „zusammengeschockelt wer’n, is das e „alt Schees“

und viele mehr.

Interessant auch die Zugplakettchen. Sie dienen bis heute zur Finanzierung des Rosenmontagszuges. Infolge der Kriegseinwirkungen wurde der gesamte Fundus des Mainzer Rosenmontagszuges vernichtet. Für Neuanschaffungen fehlte das notwendige Geld.
So kam man auf die Idee, wie beim Deutschen Katholikentag 1948 – der damals in Mainz stattfand – Ansteckplaketten zu verkaufen. Die hier verwendeten Plaketten wurden kuzerhand umfunktioniert. Statt des Kreuzes kam der Bajazz und das Motto „Lachen spende – Trübsal wende“ drauf. Die erste Rosenmontagszugplakette, "es Zugplakettche" war damit kreiert. Für den Vertrieb wurde ein Gremium gebildet, das sich am Ende der Kampagne wieder auflöste. Der MCV-Plakettenausschuss wurde 1951 gegründet. Heute besteht der Ausschuss aus 11 Mitgliedern. Bis zur Kampagne 1971 wurden die Plaketten als Anstecknadeln hergestellt, auf denen das jeweilige Motto der Kampagne aufgedruckt war. Seit 1972 sind die Plaketten plastisch. Es werden häufig Figuren der Mainzer Fastnachtskorporationen dargestellt und seit einigen Jahren mit einem blinkenden Teil versehen.

Aber auch kritische Anmerkungen fehlen nicht. So wird dargestellt, wie die Nationalsozialisten auch die Mainzer Fastnacht für ihre Zwecke nutzten. Schriftwechsel aus dieser Zeit und auch nach dem Krieg mit der französischen Besatzungsmacht geben ein Zeugnis über die damaligen schweren Jahre.

1952 interpretierte Ernst Neger das „Heile, heile Gänsje“ von Martin Mundo mit dem er zum Star der Mainzer Fastnacht avancierte. Für die Nachkriegsauftritte wurden zwei Strophen hinzugefügt:

"Wenn ich emol de Herrgott wär', dann wüsste ich nur eens:
Ich nähm' in meine Arme fest mein arm' zerstörtes Meenz.
Ich drückte es ganz fest an mich und sag' "Hab' nur Geduld!
Ich bau Dich widder auf geschwind! Ei, Du warst ja gar net schuld.
Ich mach dich widder wunnerschön,
Du kannst, Du derfst net unnergehn ...Heile, Heile, Gänsje..."

"Wenn ich mir so mei Meenz betracht, dann denk ich in mei’m Sinn:
Mer hat’s mit Meenz genau gemacht wie mit der Stadt Berlin.
Man hat’s zerstört, hat’s zweigeteilt. Und trotzdem hab ich Mut,
zu glaawe, des des alles heilt. Aach des werd schon widder gut.
Meenz und Berlin, Ihr seid so schön.
Ihr könnt, Ihr derft net unnergeh‘n ...Heile, Heile, Gänsje..."

Rosenmontagszug1952_Kobold1952
Zum Schluss sehen wir einen Film über alte Faschingszüge ab 1910. Bemerkenswert sind die
Rosenmontagszüge zwischen den Weltkriegen, z.B. 1927 „Inder auf Elefant“ oder ein Wagen, der die Kolonien zeigt. 1933 sieht man einen Wagen mit „Gutes tue nicht bekleckern und nicht über Dachau meckern“ oder „Gaas Schutz Raum“. Aktuell schon damals die Themen „Arbeitsbeschaffung“. Bereits 1938 war ein Fußgänger ein Museumsstück
Bewegende Bilder vom letzten Rosenmontagszug 1939 und danach als man bis weit in die 50er Jahre jubelnde Mainzer sieht und im Hintergrund noch die Trümmer der zerstörten Stadt.
Hier ein Bild vom Rosenmontagszug 1952.
Foto: Kobold1952

Gegen 16.45 Uhr reißen wir uns los und gehen die wenigen Meter zum „Raugraf“, einer urigen Weinstube in der Nähe des Mainzer Hauptbahnhofs. Die Tische werden so gut es geht zusammen geschoben. Um 18 Uhr treffen die „Ginsemer und Bischemer“ ein, die am Tag zuvor auf der Mädchensitzung in Köln "fremd gegangen" waren.

Die Fotos von bakru26, Kobold1952, Margret551 zeigen die wie immer gute Stimmung. Um 21 Uhr beenden wir, gut eingestimmt auf die fünfte Jahreszeit, den „närrischen“ Wein-Stammtisch.

Raugraf_Kobold1952
v.lks. Karenage, Wullewatz, fidelis45, bakru26, Hillibaby
Foto: Kobold1952
Raugraf2_Kobold1952
Marchen, hahubeibru, Gritle, Unimog43
Foto: Kobold1952
Raugraf3_Kobold1952
Unimog43, Rose56, Margret551
Foto: Kobold1952
Raugraf4_bakru26
Die Köln-Heimkehrer am Extra-Tisch
Foto: bakru26

Margret551 schreibt im Forum: Im Fastnachtsmuseum haben wir uns beim Januar-Weinstammtisch die Einstimmung auf die 5. Jahreszeit geholt. Ein paar Bilder davon und vom anschließenden Stammtisch im "Raugraf" könnt ihr hier sehen.

Kobold1952 schreibt: Hier der Link zu den Bildern von gestern. Wie man erkennen kann hatten wir mal wieder sehr viel zu lachen ;-)))))
Grüße von Kordula

bakru26 schreibt:
War wieder SUPER, wie immer. Nun habe ich auch meine fotographische Ausbeute gesichtet und bearbeitet. Hier ist sie. Viel Spaß beim Betrachten der Bilder, Gruß Günter

Karenage (Karin) hat ihre Fotos ebenfalls in Picasa eingestellt. 5431367623716067938Hier# kommst Du zu ihnen:

eingestellt am 23. Januar 2010

Autor: Feierabend-Mitglied

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