- Mitglieder 947
- gerade online 1
- Chat online 0
- Forumsbeiträge 2659
- Veranstaltungen 8
Reise an den Niederrhein
(Hanns-Dieter Hüsch, gebürtig aus Moers)
Über Pfingsten, vom 17.-21. Mai 2024, zeigte uns Renate/Schmiermaxe ihre frühere Heimat am Niederrhein. Ein Gebiet, begrenzt im Süden von Düsseldorf, im Westen und Norden von den Niederlanden, im Osten vom Rhein und gegenüber vom Ruhrgebiet.
Der Niederrhein und die benachbarte niederländische Provinz Limburg sind das größte zusammenhängende Produktionsgebiet Europas für Blumen und Gemüse. Jahr für Jahr werden hier mehr Blumen und Gemüse produziert und vermarktet als anderswo in Deutschland. Einen Teil dieser Region um Straelen, Krefeld, Kamp-Lintfort, Kevelaer und Venlo haben wir auf dieser Reise kennengelernt.
Renate hatte in großer Fleißarbeit diese individuelle Reise für uns ausgearbeitet, die in keinem Reiseprogramm zu finden ist. Sie ist die Strecke mehrfach abgefahren und hat sich Hotel, Restaurants und die einzelnen Programmpunkte angesehen, unzählige Telefonate geführt und den Bus - samt unserem bewährten Busfahrer Heiko - gebucht.
Es konnte eigentlich nichts mehr schiefgehen und es ging auch nichts schief. Im Gegenteil – aber davon soll mein Bericht erzählen, den ich mit wissenswerten und interessanten Details von Renate und Wikipedia ergänzt habe.
1. Tag - Freitag, 17. Mai:
Pünktlich um 8.20 Uhr biegt unser bester Busfahrer Heiko um die Ecke am Mainzer Mühldreieck und es gibt eine stürmische Begrüßung – wir haben uns immerhin ein Jahr lang nicht gesehen.
Im Bus sitzen bereits unsere Frankfurter Freunde, die Heiko um 7.30 Uhr abgeholt hat. Wenig später sind wir am Mainzer Hauptbahnhof und sammeln dort die restlichen Mitglieder ein – wir sind 28 Reisende. Schnell sind wir auf die Autobahn.
Elke/Sunny322 von unserem Reiseteam begrüßt alle Mitreisenden und kündigt die ersten 3 Highlights an diesem Tag an:
- Wir fahren wieder mit Heiko
- Wir sind überhaupt wieder „on tour“
- Das Spargelmenü am Abend ist kostenlos
und ein großes Dankeschön und Lob, und natürlich einen großen Applaus an Renate, die uns diese Tour ermöglicht hat.
Der Wettergott meint es nicht gut mit uns; im Hunsrück kommt der angekündigte Regen und es schüttet heftig. Die Wolken hängen tief und Nebel kommt dazu. Kein Problem für unseren erfahrenen Busfahrer. Nach der Moselbrücke wird es heller und der Regen läßt nach.
Um 11 Uhr machen wir die große Pause zwischen Bonn und Köln und haben Glück: es regnet nicht mehr. So kann Heiko den kleinen Tisch mit Kaffee neben dem Bus aufstellen.
Auf der Weiterfahrt erzählt uns Renate, was uns am heutigen Nachmittag in Straelen erwarten wird - und außerdem ....
„Ein bißchen Klatsch darf sein ....
Was bei uns der Bau-Unternehmer und Projektentwickler Dirk Gmünden ist, ist hier am Niederrhein Hermann Tecklenburg. Er ist verheiratet mit der ehemaligen Frauenfußball-National-Spielerin und ehemaligen Trainerin der Frauenfußball-National-Mannschaft Martina Voss-Tecklenburg, beide wohnen in Straelen.
Zudem ist er Präsident und Hauptsponsor des Regionalisten SV Straelen.
Zu seiner Unternehmungsgruppe gehören auch einige Immobilien, so auch das "Landhotel Straelener Hof"...
Es ging durch die Presse, dass das Baugeschäft durch Corona und Zinsentwicklung in Schieflage geraten war und Insolvenz beantragt werden musste. Das Hotel jedoch sei nicht in der Insolvenzmasse enthalten und bleibe bestehen. Ohne das Sponsoring der Firma Tecklenburg ist jedoch der SV Straelen in die untere Liga abgerutscht.“
Gegen 13 Uhr erreichen wir Straelen und das „Landhotel Straelener Hof“. Das Gepäck bleibt erst einmal im Bus und wir stärken uns im Hotel mit Kartoffelsuppe und Würstchen. Um 14.30 Uhr holt uns Frau Linsen vom Touristikbüro zu einem Stadtbummel ab. Leider fängt es wieder an zu regnen, so dass immer wieder die Schirme zum Einsatz kommen.
Straelen hat eine lange Geschichte. Der Ortsteil Herongen – in den wir später fahren– wurde bereits 899 urkundlich erwähnt; 1342 wird Straelen erstmals als Stadt bezeichnet und bekam 1428 offiziell die Stadtrechte.
Am Marktbrunnen erklärt uns Frau Linsen, dass sich die Geschichte und das gesellschaftliche Leben auch im Brunnen widerspiegeln: Für den Glauben steht Bischof Anno II, Erzbischof von Köln. Der Schützenoffizier symbolisiert das Bruderschaftsleben seit dem Mittelalter. Das Blumenmädchen steht für die Tradition als Blumenstadt mit Gartenbau und Blumenversteigerung. Der Clown, der auf dem Brunnen thront, repräsentiert das karnevalistische Vereinsleben.
Zu jeder vollen Stunde – für uns um 15 Uhr – ertönt das Glockenspiel am Markt. Seine Figuren zeigen, dass der Marktplatz früher als Handelszentrum für Geschäfte aller Art diente und diese noch per Handschlag besiegelt wurden.
Beim Bummel durch die „Stadt der kurzen Wege“ macht uns Frau Linsen auf die „Alltagsmenschen“ aufmerksam. Die Figuren zeigen vor allem ganz normale Menschen, die das Leben in Straelen geprägt und liebenswert gemacht haben.
Wir sehen den „Mann mit der Kappe“, der Matthias Bocksteger, einen allseits beliebten Bürgermeister symbolisiert. Er hatte auch die Idee zu den Alltagsmenschen.
Unweit von ihm steht der „bofrost-Mann“. Die Firma bofrost* ist einer der größten Arbeitgeber in Straelen.
Valentin Florentin heißt der junge Mann, der den Blumenstrauß hinter seinem Rücken hält. Er ist Gärtner und steht als Synonym für den Produktionsgartenbau in Straelen.
Hier kannst Du alle Alltagsmenschen kennenlernen
Auf unserem kleinen Rundgang kommen wir am Europäischen Übersetzer-Kollegium vorbei. Es ist das weltweit erste und größte internationale Arbeitszentrum für literarische Übersetzer mit Appartements für den Aufenthalt, Arbeitsräumen, einer 125.000-bändigen Spezialbibliothek; davon 25.000 Lexika in über 275 Sprachen und Dialekten.
Wahnsinn – wer hätte das gedacht - und das in einer relativ kleinen Stadt !
In die Pfarrkirche St. Peter und Paul können wir nur einen kurzen Blick werfen, denn die Zeit drängt.
Mit dem Bus fahren wir weiter, vorbei an den hier ansässigen bekannten Firmen Bonduelle, bofrost und Kühne (Essig, Senf). Die Gästeführerin erzählt, dass bofrost ca. 600 Beschäftigte hat und 8 Tiefkühlhäuser. Bonduelle hat einen Vertragsanbau von Gemüse und verarbeitet z.B. täglich 20 Tonnen Salat.
Kein Wunder, dass wir an riesigen Flächen mit Gemüse – aber auch Pflanzen – vorbeifahren, die auf Felder mit dunkler Folie und Lavaerde aus der Eifel, wachsen. Straelen hat etwa 200 Gartenbaubetriebe.
Unser Ziel ist ein landwirtschaftlicher Betrieb - "Vitaland", in dem Tomaten angebaut werden.
250 Mitarbeiter hat der Betrieb; viele sind auch aus dem europäischen Ausland. Sie wohnen unweit des Betriebs.
Wir dürfen das riesige Gewächshaus und auch kurz die Verpackungsanlage besichtigen und erhalten viele interessante Erklärungen.
Es duftet nach Tomaten und auf den Bildern ist zu sehen, wie hoch sie wachsen. Temperatur und Nährstoffzufuhr werden computergesteuert. Die Wurzeln stecken in Steinwollmatten statt in Erde. Dadurch kommt man mit weniger Pestiziden und Wasser aus. In einem Jahr kann eine Tomatenpflanze 12 – 15 Meter lang werden. Bestäubt werden sie von Hummeln.
Nach dem Besuch fahren wir weiter zur Versteigerungshalle für Blumen und Pflanzen.
"Veiling Rhein-Maas in Straelen-Herongen ist Deutschlands einzige Blumen- und Pflanzenversteigerung und liegt zentral in Europa. Am internationalen Marktplatz Veiling Rhein-Maas treffen Anlieferer aus der ganzen Welt und internationale Kunden im hochmodernen Versteigerungssaal, dem Herzen der Versteigerung, aufeinander, um Produkte zu verkaufen oder selber einzukaufen."
(Zitat aus der Homepage)
Die Halle selbst kann nicht besichtigt werden, aber unser Bus darf aufs Gelände fahren. Hier erklärt uns Frau Linsen, dass während der Versteigerung absolute Ruhe und Konzentration herrscht, denn die Uhren laufen rückwärts und der Moment des Zuschlags muss im richtigen, also dem günstigsten Moment erfolgen.
Die Veiling Rhein-Maas ist – laut Frau Linsen – der drittgrößte Versteigerungsplatz in Europa. Die beiden ersten – wie könnte es anders sein – sind in Holland.
Die Anlieferungshalle ist 1,1 km lang und 10 Fußballfelder groß. Die Versteigerung findet nach holländischem Modell statt. Der Montag ist der stärkste Versteigerungstag mit einem Umsatz von 3,2 Mio. Euro. Es werden vor allem Blumen, Gräser, Pflanzen versteigert.
Nachdem wir ins Hotel zurückgekehrt sind, können wir unsere Zimmer beziehen und haben noch etwas Zeit bis zum gemeinsamen Abendessen. Wir haben einen Raum für uns.
Das Spargelessen beinhaltet eine leckere Spargelsuppe und danach 500 gr Spargel mit Butter oder Hollandaise und so viel Schinken, dass nicht jeder diese Menge schafft. Der Walbecker Spargel ist weltberühmt, wie man hier lesen kann.
Nach einem Absacker in der Bar fallen wir alle müde ins Bett.
Hier kannst Du die Bilder des 1. Tages im Album sehen.
Das Album von Ulf/SeutenJunge stelle ich - als Zusammenfassung unserer Reise - am Ende des Berichts ein.
2. Tag - Samstag, 19. Mai:
Die Sonne strahlt, es ist angenehm warm und frohgemut fahren wir um 9 Uhr – ein Gruppenbild von denjenigen, die schon am Bus sind muß sein – nach Linn, einem Stadtteil Krefelds. Die Stadt Linn wurde in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts durch Graf Dietrich VIII. von Kleve im Osten der Vorburg zur Burg Linn gegründet. Linn wurde in beiden Weltkriegen von der Zerstörung weitgehend verschont. Beinahe der gesamte historische Stadtkern steht heute unter Denkmalschutz. (Quelle: Wikipedia).
Unser Ziel ist der Flachsmarkt. Jedes Jahr am Pfingstwochenende findet in und um Burg Linn und in der angrenzenden Linner Altstadt der bekannte Flachsmarkt statt; in diesem Jahr zum 50mal. Der mittelalterliche Handwerkermarkt ist der größte Handwerkermarkt Deutschlands. Hier bieten mittlerweile über 300 Händler ihre Waren an.
Mehr zum Flachsmarkt kannst Du hier lesen
Pünktlich um 9.30 Uhr öffnet der Markt.
Heiko lässt uns direkt am Haupteingang aussteigen und holt uns am Nachmittag auch wieder dort ab. Der Andrang hält sich an diesem Morgen noch in Grenzen. Nach Öffnung gelangen wir mit unseren, von Renate ausgeteilten, Eintrittskarten rasch auf das Gelände und streben der Burg zu. Im Burghof findet für uns eine Vorführung durch das Haus der Seidenkultur statt.
Renate hatte uns im Bus schon ein wenig davon erzählt:
„Von 1908 bis 1992 wurden in der einstigen Paramentenweberei Hubert Gotzes Textilien aus italienischen und chinesischen Seidengarnen für die katholische Kirche gewebt. Diese Produktion – in erster Linie waren es Priestergewänder - werden unter dem lateinischen Begriff Paramente zusammengefasst, was übersetzt heißt: Für den Tisch des Herrn zubereitet.“
Hier kannst Du mehr darüber lesen
Herr Brenner erzählt uns die faszinierende Geschichte dieser kostbaren Naturfaser, die Jahrtausende zurückreicht.
Die Seidenraupe liefert den Rohstoff für die Seide. Die gewonnenen Kokons enthalten lange, feine Seidenfäden, die zu Seidengarn versponnen werden. Das können wir anschließend in der Spinnstube sehen.
In der Spinnstube können wir beobachten, wie auf einem großen Webstuhl Stoffe entstehen und die kostbaren Jacquardstoffe bewundern.
Beim anschließenden Rundgang in der Burg, dem Burghof, der Vorburg und der Museumswiese sehen wir viele alte Handwerke, auch schon fast ausgestorbene Berufe, die ihre Techniken live vorführen. Wir erleben Kettenhemdmacher, Perückenmacher, Seiler, Schmied, Lehmbauer und vieles mehr.
Im Album vom 2. Tag und in Ulfs Album finden sich zahlreiche Bilder dieses interessanten Tages.
Um 11.30 sind wir bei der offiziellen Eröffnung des Marktes durch den Schirmherrn mit großem Zeremoniell auf der Wiese der Vorburg dabei und spazieren in kleinen Grüppchen weiter. Zum Ausruhen laden Bänke auf dem Gelände ein oder die Essens- und Getränkestände auf der Museumswiese. Einige schlendern zur Ritterwiese, wo es auch genug zu sehen gibt und am Nachmittag Ritterspiele stattfinden.
Auch im kleinen Städtchen Linn gibt es viel zu sehen, aber die meisten sind am Nachmittag fußlahm und wollen sich keinen Meter mehr bewegen. Gemeinsam verbringen sie die restlichen Stunden – die sich in die Länge ziehen – im Schatten bei kühlen Getränken.
Als Heiko uns um 16.30 Uhr am Haupteingang abholt sind alle froh, wieder im Bus zu sitzen. Einige steigen am Marktplatz in Straelen aus, um im Ort essen zu gehen, die anderen fahren mit zum Hotel. Dort können wir auf der Terrasse zu Abend essen und später gibt es einen Absacker und nette Gespräche am Stammtisch in der Bar.
Die Bilder des 2. Tages kannst Du hier sehen,
Das Album von Ulf/SeutenJunge findest Du am Ende des Berichts.
Hier ein paar Impressionen des 2. Tages:
3. Tag – Pfingstsonntag, 19. Mai
Es ist diesig – die Sonne zeigt sich nicht an diesem Tag. Wir sind schon froh, dass es am Morgen nicht regnet. Welch ein Glück hatten wir am Tag zuvor auf dem Flachsmarkt.
Wir fahren wieder Richtung Krefeld, genauer gesagt, nach Uerdingen.
Renate erzählt uns im Bus:
„Uerdingen ist der ältere Teil von Krefeld, eine römische Ansiedlung, die bereits ab dem 2.Jh. nachgewiesen ist. Das weiter landeinwärts gelegene Krefeld bestand zu dieser Zeit aus Bauernhöfen und Dörfern.
Erst die Kommunal-Neugliederung im 20. Jh. brachte den Zusammenschluss beider bis dahin selbstständigen Städte.
Es sind große Industriefirmen angesiedelt: aus den ter-Meer-Teerfabriken wurden die IG Farben und später Bayer05. Dort wurde der feuerabweisende Stoff Makrolon entwickelt und als erste Anwendung als Dach des Münchner Olympia-Stadions 1972 verwendet. Heute wird der Ausgangsstoff Polycarbonat vielfach weltweit eingesetzt.
Das Gelände ist jetzt ein ChemiePark.
Die Firma Alberdingk Boley GmbH wurde vor rd. 250 Jahren gegründet zur Herstellung von Lein- und Rizinusöl, heute ist sie weltweit vertreten und produziert wasserbasierte Dispersionen, Polyole aus nachwachsenden Rohstoffen und Öle.
Aus Mais gewonnenes Stärkemehl wurde unter dem Namen "Maizena" in Krefeld-Uerdingen produziert, später vom Unilever-Konzern übernommen.
In den ehemaligen Waggonfabriken Uerdingen (DÜWAG, heute Siemens) werden Straßenbahnen und Triebwerkszüge für Hochgeschwindigkeits-Züge gefertigt, z.B. ICE und auch Velaro für Spanien.
Der Kaufmann Henry Melcher begann 1810, Weinbrand herzustellen und bezog den Wein von der französischen Winzerfamilie Dujardin. Der Wein wurde mit dem Weintankschiff "Imperial" über Rotterdam nach Uerdingen geliefert. Später übernahm Melcher das Namensrecht und nannte seinen Brandwein "Dujardin Imperial". Für eine kurze Zeit überflügelte er die in Rüdesheim ansässige Weinbrennerei Asbach.
"Darauf einen Dujardin …." wurde geflügeltes Wort. Noch heute wird auch ein Doppel-Wacholder-Schnaps gebrannt, der "Uerdinger".
1905 wurde der Fußballclub Bayer-Uerdingen gegründet und von Bayer in der Bundesliga gesponsert. Nach dem Rückzug von Bayer firmiert der Fußballverein "KFC Uerdingen 05" und ist in die Oberliga Niederrhein zurückgefallen.“
Am Marktplatz steigen wir aus und gehen ein paar Schritte durch das Rheintor zum Ufer, um einen Blick Richtung Duisburg und den Bayer-Werken zu werfen.
Danach fahren wir weiter durch die verschiedenen Ortsteile Krefelds und Renate erklärt uns, was wir aus dem Fenster sehen können:
„Krefeld ist mit rund 230.000 Einwohnern eine Großstadt am Niederrhein in Nordrhein-Westfalen, mit Stadtrecht seit Mitte des 14. Jh. und aufgrund der Seidenstoff-Produktion im 18. und 19. Jh als "Stadt wie Samt und Seide" betitelt.
Das begann damit, dass aufgrund der Neutralität der Herrschaft der niederländischen Oranier viele Glaubensflüchtlinge Zuflucht finden konnten. So auch die Familie von der Leyen, Anhänger der Mennoniten, welche aus der Täuferbewegung nach der Reformation hervorgegangen waren. Sie lehnten die Kindstaufe ab (erst Erwachsene sollten über eine Taufe entscheiden) und standen damit im Widerspruch zur kath. Kirche. Durch Zwingli von der Schweiz ausgehend wurden sie als Ketzer verfolgt.
(Anmerk.: der Ehemann von Ursula von der Leyen entstammt einer der vielen Seitenlinien).
Mit der Famile von der Leyen begann die Reihe der "Seidenbarone", die Krefeld zum Zentrum der europäischen Seidenindustrie machten. Der Seidenbaron fungierte als Großhändler, der den Rohstoff in Ländern wie China, Usbekistan oder Persien kaufte und an die Hausweber gab. Das gewebte Tuch brachte der Weber gegen Entlohnung an den Seidenbaron zurück, es folgten dann weitere Verarbeitungsschritte. Die Seidenbarone waren aufgrund ihrer Religionsauffassung keine Ausbeuter, sondern sehr sozial tätig, z.B. durch Stiftungen für den Bau der "Krankenanstalten" und des Stadtwaldes. Die Bronzefigur "Meister Ponzelar" an der Ecke Ostwall/Südwall stellt einen Weber dar, der den "Baum" mit dem gewebten Tuch über der Schulter und in der Hand einen Beutel mit den leeren Garnrollen zum Seidenbaron trägt.
Auf dem Weg von Uerdingen ins Zentrum sieht man den Sollbrüggen-Park mit dem Sollbrüggen-Haus – heute Musikschule – und den Schönwasserpark. Das waren die Privatgärten und Häuser ehemaliger Seidenbarone.
Es folgt der Zoo. Das große Affenhaus ist durch einen tragischen Unfall komplett abgebrannt, als eine Mutter mit ihrer Tochter in einer Silvesternacht leuchtende Papierlaternen aufsteigen ließen und eine davon durch Wind zurück auf das Affenhaus getrieben wurde.
Entlang der Straße sind gut erhaltene Jugendstil- und Gründerzeit-Hausfassaden zu sehen.
Dann der Sprödentalplatz, genutzt für Kirmes, Zirkus und Antiquitäten-/Flohmarkt sowie die Philadelphiastraße, die an 13 mennonitische Familien erinnert, die 1683 als erste Gruppe nach Amerika auswanderten und die Stadt Germantown gründeten, heute ein Stadtteil von Philadelphia.
Die renommierte Fachhochschule Niederrhein bietet 80 Studiengänge in 10 Fachbereichen an 3 Standorten an (Textil- und Bekleidungswesen, Wirtschaftswissenschaft, u.a.).
Vorbei am Rathaus Fischeln, dem südlichsten Bezirk, geht es zum Europark Fichtenhain, einem Gewerbegebiet mit einer Besonderheit: wenn eine Firma dort ein Grundstück kauft, ist sie dazu verpflichtet, 25 % des Grundstücks gärtnerisch zu gestalten und keine Zäune zu errichten, denn die Bevölkerung soll das Gelände als Park nutzen dürfen.
Angesiedelt sind Deutschland- und Europasitze von Canon, Kawai, Okuma mit japanischem Garten, Lumino u.a. Die Nähe und gute Erreichbarkeit von Düsseldorfs Flughafen ist gegeben (20 km).
In der Nähe sind Edelstahlwerke und Thyssen-Nirosta-Werk.
Krefeld hat keinen "Alex", aber auch einen Alexanderplatz, sehr schön zur Zeit der Japankirschbaum-Blüte. Das Haus mit der Nummer 5 ist das Geburtshaus von Joseph Beuys.
Die neue Yayla-Arena ist Heimstätte der Eishockey-Mannschaft "Eisbären".
Pünktlich um die Mittagszeit steuern wir das Stadtwaldhaus mit einem schönen Jugendstil-Mosaik in der Fassade an. Es wird gern für große Feiern genutzt und verfügt über einen großen Biergarten mit einer Musikmuschel für Konzerte.
Auf dem See davor können Tret- und Ruderboote ausgeliehen werden.
Es ist kühl im Biergarten, aber als wir eine Weile dort sitzen, kommt die Sonne hervor und wärmt angenehm. Wir haben noch genügend Zeit, uns nach dem Essen die Beine zu vertreten und einige spazieren an den See.
Kurz nach der Mittagspause stoppen wir an der Rennbahn und wer möchte, kann sie sich mit Renate ansehen.
„Im vom Seidenbaron Deuss gestifteten Stadtwald ist eine Galopp-Rennbahn mit Tribünen im Jugendstil gelegen. Im Innen-Oval ist ein 9-Loch-Golfplatz platziert, der aber an Renntagen nicht bespielt werden kann, weil die Golfer dann nicht wie gewohnt das Geläuf überqueren dürfen um auf den Platz zu gelangen".
Wir fahren weiter durch Krefeld ins Zentrum:
„1920 schlossen sich verschiedene Textilbetriebe zur Verseid AG zusammen und ließen ein Bürogebäude vom Architekten Eiermann (auch Berliner Gedächtniskirche) erbauen (heute Stadthaus).
Der Direktor der Verseid AG und ein leitender Angestellter beauftragten den in Aachen geborenen Architekten Ludwig Mies van der Rohe mit dem Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes sowie zwei nebeneinander gelegenen Villen, heute als Museen genutzt (Haus Lange und Haus Esters) und für den Bauhausstil unter Denkmalschutz stehend. Zusammen mit einem Neubau von Prof. Behnisch (auch Bundestagsgebäude in Bonn) und den Buschhüter-Häusern sind in Krefeld mehrere Bauten berühmter Architekten vorhanden.
Die Verseid AG hatte bis 1940 rund 6.000 Mitarbeiter, weltweit führend für Seiden- und Krawattenstoffe. Starke Kriegsschäden und Konkurrenz aus Niedriglohnländern brachte den Niedergang bis 1970. Die Firma Astor produziert jedoch noch heute Krawatten und Seidentücher in Krefeld.
"Ein großer Anziehungspunkt war für 25 Jahre die jährlich in der Innenstadt auf drei bis zu sechs Laufstegen stattfindende "Größte Straßenmodenschau der Welt", die mit der Verleihung des "Goldenen Spinnrad" bzw. der "Goldenen Seidenschleife" an einen namhaften Couturier endete. Preisträgerin im Jahr 2012 war Anja Gockel aus Mainz.
Der Niedergang der Seidenstoff-Industrie machte einen Strukturwandel nötig. Es folgten Chemie, Stahlindustrie und Maschinenbau.“
In der Innenstadt steigen wir in der Nähe des Marktplatzes aus und gehen zu Fuß weiter.
„Das Rathaus von Krefeld ist im Mittelteil das ehemalige Stadthaus des Seidenbarons von der Leyen, Seitenteile wurden im angleichenden Stil zur Erweiterung angebaut.“
Wir kommen allerdings nicht allzu weit – es fängt heftig an zu regnen. Renate ordert per Handy unseren Busfahrer zu einer Stelle, an der er halten und uns wieder in Empfang nehmen kann.
Früher als geplant treffen wir im Restaurant „Schwarzes Pferd“ ein, werden aber herzlich empfangen und können im Wintergarten Platz nehmen und aus der reichhaltigen Speisekarte auswählen.
Nach dem vorzüglichen Essen sind wir in bester Stimmung. Heiko will uns vor der Rückfahrt mit dem Kufstein- und dem Thüringerlied ärgern, aber da hat er die Rechnung ohne den Wirt, pardon – ohne Magdalena und andere gemacht. Kurzerhand gibt es eine Polonaise durch den Bus – hier kannst Du es sehen – und beim Nordseelied singen und schunkeln wir tüchtig mit.
Den Tag beschließen wir wieder in der Bar in netter Gesellschaft.
Die Bilder des 3. Tages kannst Du hier sehen
Das Album von Ulf/SeutenJunge findest Du am Ende des Berichts.
4. Tag – Pfingstmontag, 20. Mai:
Wie schön – die Sonne lacht und es wird ein erlebnisreicher Tag. Um 9 Uhr starten wir nach Kamp-Lintfort und sind nach etwa 30 Minuten bereits an den Terrassengärten des Klosters Kamp.
Im Bus bekommen wir von Renate folgende Erläuterungen:
„Die Gründung des Zisterzienser-Klosters Kamp erfolgte Anfang des 12. Jh., ausgehend vom Erzbischof von Köln. Normalerweise wurden Klöster in Tälern oder Ebenen errichtet, wo es entweder eine Quelle oder einen Bachlauf gab. Die erste Niederlassung war wohl daher ganz in der Nähe des jetzigen Standortes.
Eine Regel der Zisterzienser besagt, dass jedes Kloster einen Weinberg besitzen muss. Also wurde ein solcher im Süden der Kirche angelegt. Allerdings war in einer Chronik mehrfach zu lesen: "Der Kamper Wein bereitet am Tisch nur Pein". Na ja....
Bedingt durch die umgebende Sumpflandschaft wurde Mitte des 12. Jh mit dem Bau der jetzigen Klosteranlage auf einem Hügel, dem "Kamper Berg" begonnen. Damit war Kamp das einzige Zisterzienser Kloster auf einer Anhöhe.
Es erfolgten weitere Klostergründungen. Ende des 13. Jh standen 60 Klöster und 24 Nonnenklöster unter direkter Aufsicht der Kamper Äbte, z.B. in Koblenz, Neuss, Ürdingen, Rheinberg, Utrecht, Aachen und Nijmegen, aber auch im Harz und in Thüringen.
Es folgten kriegsbedingte Zerstörungen und Plünderungen. Nach dem Wiederaufbau wurde Mitte des 17. Jh. mit dem Bau der Klosterkirche begonnen. Um 1740 ließ der damalige Abt den Terrassengarten nach italienischer und französischer Mode errichten, der als reiner Obst- und Gemüsegarten genutzt wurde.
Der Niederrhein war damals durch Erbfolge Preußische Provinz. So kam es, dass der Kronprinz Friedrich II auf einer Fahrt zu seinem ersten Treffen mit Voltaire auf Schloss Moyland hier vorbeikam. Obwohl nicht schriftlich belegt, ist es doch höchst wahrscheinlich, dass die Kamper Terrassen ihn inspiriert haben, denn nur vier Jahre später wurde der Weinberg am Schloss Sanssoucis erbaut ...
Die Gartenanlage wurde in die "Straße der Gartenkunst zwischen Rhein und Maas" aufgenommen."
Quelle: Wikipedia; eigene Erinnerungen
Wir steigen am Kloster aus und spazieren durch den Wandelgang zu den Terrassengärten. Von oben können wir nach unten schauen – eine wunderschöne Anlage. Allerdings mit einer steilen Treppe nach unten .... ohne Geländer. Den Abgang trauen sich nicht alle zu.
Etliche von uns gehen zurück und fahren mit Heiko nach unten. Von dort laufen wir bis zum Treppenende und haben einen schönen Blick nach oben. Die, die gelaufen sind, kommen uns entgegen und wir treffen uns am Springbrunnen, wo natürlich das obligatorische Gruppenfoto vor schöner Kulisse im Hintergrund aufgenommen wird.
Die Bilder vom Kloster Kamp kannst Du hier sehen
Das Album von Ulf/SeutenJunge findest Du am Ende des Berichts.
Nach einer Weile spazieren wir zurück zum Bus und fahren weiter – vorbei an Xanten - in Richtung Kalkar. In Xanten können wir einen Blick auf die Außenmauer des Römischen Archäologischen Parks erhaschen. Die Zeit ist zu kurz für einen Abstecher nach Xanten.
Der Archäologische Park ist das größte archäologische Freilichtmuseums Deutschlands und besonders für Freunde der Römischen Kultur ein lohnendes Ziel.
Gegen 12 Uhr sind wir in Kalkar und spazieren zum Marktplatz.
Renate hatte uns im Bus von dem Ort erzählt:
"Die 1230 gegründete Kleinstadt Kalkar gehört zum Kreis Kleve und wurde im frühen Mittelalter besonders wohlhabend durch die Tuchweberei und den Handel damit, hinzu kamen Getreidehandel und Bierbrauereien. Sie gehörte sogar zur Hanse. Die Bürger konnten sich gutbürgerliche Häuser mit schönen Giebeln bauen, die Straßen waren größtenteils gepflastert. Das monumentale Rathaus und die dreischiffige St. Nicolai-Kirche sowie Klöster und Beginenhäuser wurden gebaut, es war die drittreichste Stadt im Kreis.
Der Niedergang begann um 1600 nach dem Ausbruch mehrerer Pest-Epidemien, Stadtbrände und kriegerischen Handlungen. Die Bevölkerung war von zuvor 5000 Menschen auf 2000 geschrumpft. Die französische Besetzung des Rheinlandes und die Wirren der 1. Weltkrieges machten es nicht besser.
Erst die Gründerzeit brachte einen bescheidenen Aufschwung.
Vom 2. Weltkrieg blieb Kalkar weitestgehend verschont. Das mittelalterliche Stadtbild blieb erhalten, aber die Wirtschaft stagnierte. Diese Armut erwies sich als Glücksfall für Kalkar! Denn wenn die Bürger und die Stadt Geld gehabt hätten, wären alte Häuser umgebaut und – wie vielerorts - neue Betonsünden entstanden, für die man sich heute schämt.
Erst der 1973 nach heftigen Protesten begonnene Bau des Brutreaktors "Schneller Brüter" brachte Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Aufschwung. Der Bau kostete bis zu seiner Fertigstellung 1986 rd. 7 Milliarden DM, ging aber niemals ans Netz.
(Schnelle Brüter zerteilen Plutonium, um Strom zu erzeugen. Gleichzeitig erbrüten sie neues Plutonium aus nicht angereichertem, natürlichem Uran. Steckt man davon genug in den Reaktor, produziert er mehr Plutonium, als er verbraucht. Bisher gab es weltweit bloß Testanlagen mit der Brütertechnologie. Zitat aus "einfach erklärt")
Es gehörte zu den Besonderheiten, dass ein hoher Sicherheitsstandard verbaut wurde, indem alle Aggregate, Pumpen, Kontrollschalter u.ä. dreifach angelegt wurden. Es war überlegt worden, diesen Bau als Anschauungsmodell dort zu belassen und das System mit dem kompletten KnowHow in andere Länder zu verkaufen, was nicht gelang.
Nach dem 1991 verkündeten Aus erhielt Kalkar eine Ausgleichszahlung und verkaufte das gesamte Areal an einen holländischen Investor, der einen Freizeitpark "Kernwasser Wunderland Kalkar" daraus baute und mit Hotel, Restaurants und Entertainment für die ganze Familie immer noch erfolgreich betreibt.
Aus den Trümmern eines Stadttores wurde Mitte der 1990er Jahre die Kalkarer Mühle als Turmwindmühle (Galerieholländer) erbaut und ist mit ihrer Höhe von 27 m (ohne Flügel) die höchste Mühle am Niederrhein, dabei voll funktionsfähig und unter Denkmalschutz.
Sie beherbergt ein Restaurant mit hervorragender Küche, eine Backstube und eine Brauerei. Im Rahmen von Führungen kann sie besichtigt werden.“
Quellen: eigene Erinnerungen; Wikipedia; Verein Kalkarer Mühle am Hanselaer Tor eV
Es ist Zeit zum Mittagessen. Renate hatte für uns mit viel Überredenskunst in eben dieser alten Kalkarer Mühle reserviert; das Restaurant hat eigens für uns geöffnet. Dafür noch einmal ein dickes Lob und Dankeschön an Renate. Das Essen ist vorzüglich und die flotte und nette Bedienung ebenfalls erwähnenswert.
Nach dem Essen konnte, wer wollte, mit Renate nochmals zum Marktplatz und in die St. Nicolai-Kirche gehen. Sie ist bekannt für ihre neun Schnitzaltäre.
Hier kannst Du mehr über die Kirche lesen
Kalkar ist wirklich ein schöner kleiner, idyllischer Ort und hat mir besonders gut gefallen.
Für die Bilder von Kalkar klicke hier
Das Album von Ulf/SeutenJunge findest Du am Ende des Berichts.
Gegen 15 Uhr fahren wir weiter zu Schloss Moyland.
- abgeleitet vom niederländischen "mooi" für schön, also "schönes Land", ein Wasserschloss, 14. Jh, in holländischem Besitz, im 19. Jh neugotisch umformt
- gekauft vom brandenburgischen Kurfürsten und späterem König Friedrich I. in Preußen (Sohn des Großen Kurfürsten) und als Jagd- und Lustschloss genutzt (Affäre mit einer Bürgertochter)
- Preussenkönig Friedrich II lud Voltaire zu einem ersten Treffen dorthin ein, auf der Rückfahrt soll er beim Anblick der Kamper Terrassengärten die Inspiration für den Weinberg von Sanssoucis erhalten haben
- der Niederländer von Steengracht erhielt Schloss Moyland als Kompensation für die Finanzierung des Siebenjährigen Krieges
- im 2. Weltkrieg nicht zerstört, wurde es als Hauptquartier von Feldmarschall Montgomery genutzt und auch von Churchill besucht
- nach Abzug der Briten durch Vandalismus kanadischer Truppen geplündert und zerstört, danach aus Geldmangel verfallen
- in die Stiftung Museum Schloss Moyland der Gebrüder van der Grinten eingebracht, von der Stiftung aufgebaut. (Die Gebrüder van der Grinten hatten schon lange nach einem Ort für ihre umfangreiche Kunstsammlung gesucht)
- beherbergt eine umfangreiche Sammlung moderner Kunst, u.a. ca. 5.000 Arbeiten und somit den größten Bestand an Werken von Joseph Beuys
- moderne Kunst ist auch im Park zu sehen
Quellen: eigene Erinnerungen, Wikipedia
Einige nehmen eine Eintrittskarte für Schloss und Schlosspark, die meisten jedoch nur für den Schlosspark.
Dort können wir für etwa 2 Stunden im Schloss-Café sitzen und durch den herrlichen Schlosspark spazieren, in dem es ebenfalls moderne Kunst zu bestaunen gibt.
Pünktlich um 18 Uhr sind wieder alle am Bus und wir fahren zurück zum Hotel, wo wir auf der Terrasse zu Abend essen und uns dort auch noch einen Absacker genehmigen. Es war ein erlebnisreicher und schöner Tag.
Die Bilder für Schloss Moyland kannst Du hier sehen
Das Album von Ulf/SeutenJunge findest Du am Ende des Berichts.
5. Tag - Dienstag, 21. Mai
Der Abschied naht. Um 9 Uhr sitzen - nach einem letzten reichhaltigen Frühstück vom Buffet - wieder alle im Bus. Die Koffer hat Heiko verstaut. Bevor wir die Heimreise antreten, hat Renate aber noch drei weitere Schmankerl für uns ausgesucht. Zuerst fahren wir zum Wallfahrtsort Kevelaer.
Renate erzählt:
„Erste Zeichen einer Siedlung reichen bis in die Eisenzeit (etwa 800 v.Chr.) zurück.
Schriftliche Nachricht über Bewohner gibt Julius Caesar in einem Bericht über den Gallischen Krieg im 1. Jh. v.Chr., Reste von Grabfunden belegen die Gründung des Ortes im 6. Jh.
Kriegerische Auseinandersetzungen und Erbfolgen brachten in den folgenden Jahrhunderten bis in die Jetztzeit wechselnde Zugehörigkeiten für Kevelaer. Mal gehörte es zum Erzbistum Köln, dann zu Roermond und danach zu Aachen und Münster. Politisch herrschten das Herzogtum Kleve, Kurbrandenburg, die Spanischen Niederlande, der Dreißigjährige Krieg, die wiederholten Pestausbrüche, Napoleon, Preußen, Fürst Bismarck, die Weltkriege, die Nazis und die Besatzungen die Stadt und ihre Umgebung.
Heute ist Kevelaer eine Stadt mit annähernd 30.000 Einwohnern im Kreis Kleve und als Marienwallfahrtsort über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt.
Es begann 1641, als der wandernde Handelsmann Hendrick Busmann während eines Gebets eine Stimme vernahm, die zu ihm sagte: "An dieser Stelle sollst du mir ein Kapellchen bauen!"
An den nächsten Tagen hörte er diese Stimme noch zweimal und er führte diesen Auftrag aus. Seine Frau Mechel hatte ebenfalls eine nächtliche Erscheinung, in der sie ein Heiligenhäuschen mit einem Bild der Gottesmutter Maria von Luxemburg sah. Sie kaufte dieses Bildchen und übergab es dem Pfarrer von St. Antonius. Kaum war das Bild im Kapellchen eingesetzt, sollen viele Menschen aus den umliegenden Orten dorthin gepilgert sein, um es zu sehen und dort zu beten.
Nur drei Jahre später wurde Kevelaer auf der Synode zu Venlo als Wallfahrtsort anerkannt. In der Folgezeit wurde auch über Wunderheilungen berichtet, die ebenfalls von der katholischen Kirche anerkannt wurden, so auch die Wiedererlangung der Sprechfähigkeit der Pilgerin Agnes Meurßen.
(Dazu passt ein Beitrag des Bergischen Jung im Kölner Karneval: "Wir haben acht Kinder, eines kann nicht sprechen. Sagt die Frau zu mir, geh mit dem Jung nach
Kevelaer. Ich mach mich auf den Weg mit dem Jung nach Kevelaer und tauche ihn ins Weihwasser. Da sagt der Jung: "Wat soll dat denn, bisse jeck?"
Ich renne zur Telefonzelle und sage zu meiner Frau: "De Jung kann sprechen!" Darauf antwortet sie: "Das weiß ich doch – Du hast den falschen mitgenommen!")
Ab 1642 stiegen die Zahlen der Prozessionen und Pilger stetig an, unterbrochen nur von der Säkularisation.
1842 wurde das 200-jährige Jubiläum der Wallfahrt gefeiert: es kamen 200.000 Pilger in den Ort und es fanden 254 Prozessionen statt.
Auch finden seit 1985 jährlich Motorrad-Wallfahrten und Weltmusikfestivals statt.
1987 besuchten Papst Johannes Paul II., Mutter Teresa und Joseph Kardinal Ratzinger anlässlich des Marianischen Weltkongresses den Wallfahrtsort Kevelaer.
Der ehemalige Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wurde hier geboren.
Während der letzten 350 Jahre sind einige sehenswerte Kirchenbauwerke entstanden. An erster Stelle sei die Marienbasilika von 1864 mit ihrer aufwändigen Ausmalung genannt (jede Säule trägt ein anderes Muster). Sie ist eine Basilica minor.
Dann sei die Gnadenkapelle mit dem "Gnadenbild von Kevelaer" genannt. Es ist ein kleiner sechseckiger Kuppelbau mit einer portalartigen Fensteröffnung. Durch sie sieht man das Gnadenbild und die vielen wertvollen Schmuckstücke, die von dankbaren Pilgern gestiftet worden waren.
Gegenüber befindet sich die Kerzenkapelle mit einer Fülle großer, beschrifteter Wallfahrtskerzen, versehen mit den Wappen der Herkunftsorte bzw. Ortschaften oder den Namen der Pilgergemeinschaften.
Direkt an die Marienbasilika angebaut wurde die Beichtkapelle, um Platz für weitere Beichtstühle zu schaffen.
Im Forum Pax Christi mit dem markanten Glasüberbau findet außer Kongressen auch alljährlich der Krippenmarkt statt.
Die St. Antonius-Kirche überrascht durch ihre Innen-Ansicht: links sieht man den alten Teil im neogotischen Stil erbaut, die rechte Seite jedoch modern aus Beton errichtet. Der Grund ist ebenso tragisch wie banal: auf der einen Seite haben Kinder an einem Adventskranz gekokelt und sind weggerannt. Der eine Teil der Kirche brannte bis auf die Grundmauern nieder und wurde betonmäßig wieder auf- und angebaut. Zwar war die Identität der Kinder bekannt, aber sie und ihre Familien konnten nicht in Regress genommen werden ...."
Quellen: eigene Erinnerungen, Wikipedia
Wir haben genügend Zeit, uns die Marienbasilika und die Kapellen anzusehen und spazieren danach die Hauptstraße mit vielen kleinen Geschäften entlang. Einige Pilgergruppen – meistens Frauen – kommen uns entgegen.
Am Ende der Fußgängerzone lockt ein Café zu Kaffee und Eis. Einige gehen noch mit Renate zur St. Antonius-Kirche, die anderen schlendern Richtung Bus und kommen nicht an dem von Elke empfohlenen Geschäft mit ausgefallener Damenkleidung vorbei. Später im Bus werden die gekauften Schätze gezeigt und bewundert.
Um 12 Uhr holt uns Heiko ab und wir fahren über die Grenze nach Wellerlooi / Niederlande zum Pannekoeken-Huis Jachthut Op den Hamer.
Hier gibt es echte holländische Pannekoeken für jeden Geschmack. Interessant ist die Herstellung in dem speziellen Ofen. Und sie schmecken köstlich ! Eigentlich der richtige Abschluss dieser wunderbaren Reise.
Aber nein ..... wir fahren noch nach Venlo in einen Hofladen, der bekannt ist für die leckeren Tasty-Tom-Tomaten und füllen unsere Taschen mit eben jenen Tomaten, Spargel, Erdbeeren und Gemüse.
Kaum sitzen wir im Bus, fängt es an zu regnen. Für unterwegs sind heftige Regenfälle vorhergesagt. Vorbei am Braunkohle-Tagebau Garzweiler mit den riesigen Kränen kommen wir mit einigen Verzögerungen durch Regen und stockendem Verkehr trotzdem gut voran. Im Hunsrück machen wir noch eine kurze Pause und sind gegen 18.30 Uhr in Mainz.
Fünf wunderbare Tage sind viel zu schnell vorbei gegangen.
Hier kannst Du die Bilder vom 5. Tag sehen
und endlich auch die Zusammenfassung der gesamten fünf Tage im Album von Ulf/SeutenJunge.
Klicke hier
Bei dieser Gelegenheit danke ich allen Fotografen. Was wäre ein Bericht ohne die wunderbaren Aufnahmen.
Sie waren mir auch eine große Hilfe beim Erstellen des Berichts.
Dank und Fazit
Ein ganz dickes Dankeschön an Dich, liebe Renate, die Du uns diese interessante und abwechslungsreiche Reise möglich gemacht hast.
Jeder, der eine Reise organisiert, weiß, wieviel Arbeit dahinter steckt - wieviel Telefonate geführt werden müssen - wieviel Ärger auch dabei ist, wenn Restaurants kurzfristig absagen und Ersatz gefunden werden muss - wieviel Organisation auch im Hinblick aufs Hotel und die Zimmerbuchungen zu machen ist - die Angst, etwas könnte im letzten Moment nicht klappen, oder es werden unterwegs Mitreisende krank.
Du hast das super gemeistert. Elke und ich konnten Dir nur bedingt helfen. Wir hätten Dich gerne mehr unterstützt, aber es war "Deine Reise", die Du möglichst alleine auf die Beine stellen wolltest.
Alles wäre aber kaum in dieser Art möglich gewesen - und hätte wahrscheinlich auch nicht so gut geklappt - wenn unser erfahrener Busfahrer Heiko nicht dabei gewesen wäre. Mit unendlicher Geduld hat er sich von Dir lotsen lassen, selbst wenn er in Krefeld unter Eisenbahnbrücken durchfahren sollte, die nur 3,20 m hoch waren, oder Du ihn auf Parkplätze oder durch schmale Straßen und Einfahrten lotsen wolltest und er Dich erinnern musste, dass er kein Auto, sondern einen großen Bus fährt !!
Für die umsichtige und großartige Fahrweise gebührt daher Heiko ein dickes Lob und Dankeschön. Wir hoffen alle, dass wir nicht das letzte Mal mit Dir unterwegs gewesen sind und wir uns irgendwann wiedersehen.
Renate hat mir noch ein Bild geschickt, das bei ihr zu Hause an der Wand hängt. Es zeigt das Seidenweberdenkmal - im Volksmund „Meister Ponzelar“ genannt
(eingestellt vom 24.-27. Mai 2024)
Autoren:
Renate/Schmiermaxe (der Text mit der blauen Schrift)
und
Rose/Rose56
Artikel Teilen
Artikel kommentieren