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Die vergessene Generation

Derzeit ist das alle bewegende Thema der absichtlich herbeigeführte Flugzeugabsturz in Südfrankreich. Niemand wird bestreiten, dass die Angehörigen der Opfer der Hilfe durch psychotherapeutische Betreuung bedürfen. Das Gleiche soll unseren Soldaten, die in ihren Einsätzen schwere traumatische Erfahrungen machen mussten, zuteil werden; ganz zu schweigen von den grauenvollen Erlebnissen der Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, sonstiger Krisengebiete und insbesondere der Kinder, die zu uns kommen. Jetzt wird sogar über entsprechende Maßnahmen für Sexualstraftäter und Mörder in hessischen Justizstrafanstalten nachgedacht.

Ich möchte aber zu bedenken geben, dass das Leid hunderttausender von Menschen der Jahrgänge 1930 bis 1945 bis jetzt in Deutschland fast vergessen, verdrängt und die Aufarbeitung zum allergrössten Teil versagt geblieben ist. Die vielen schon Verstorbenen haben all das, was ihnen auf der Flucht, in Bombennächten und Konfrontation mit dem Tod und bei furchtbarem Miterleben angetan wurde, ohne zu klagen oder aufzubegehren mit ins Grab genommen. Wo hätten wir, auch die noch lebenden, denn auch Hilfe herbekommen sollen? Wir waren alle mit dem uns angeborenen Selbsterhaltungstrieb mit dem (Über)leben beschäftigt. Und wenn wir unsere Eltern über die Geschehnisse im dritten Reich befragen wollten, wurden wir mit Schweigen oder der "Wir haben nichts gewusst - gemacht - mitgelaufen" und "sei jetzt still-Haltung" abgefertigt. Es fehlte ihnen jegliches Schuldbewusstsein oder sie wollten nicht zugeben, was sie wussten und getan hatten. Meine persönlichen Rechercheversuche in Familienkreisen und deren Umgebung liefen immer ins Leere. Mein Vater verdrängte standhaft sein Erlebtes, sagte nichts dazu und die Mutter regte sich über meine Fragen auf, basta.

Niemand darf behaupten, wir, die im Krieg geborenen Kinder, wüssten und haben nichts von dem Geschehen um sie herum aus jener Zeit im Gedächtnis behalten. Der derzeitige Stand der Wissenschaft auf diesem Gebiet widerlegt dies gründlich. Wir mussten es tief im Innern vergraben und durften es uns nicht anmerken lassen. Als Kinder wurden wir nach bestem Wissen und Gewissen mit Nahrung und Kleidung versorgt. Aber dies ist die eine Seite, Andererseits blieb das seelische Wohlbefinden auf der Strecke. Darauf will und mag ich hier und jetzt nicht eingehen. Nur ein Beispiel: Mir sträuben sich heute noch die Rückenhaare, wenn samstags um 13:00 Uhr die Sirenen Probealarm geben.

In einem von Bärbel Schäfer mit der Journalistin und Buchautorin Sabine Bode kürzlich im HR 3 geführten zweistündigen Interview bin ich auf den Begriff „Die vergessene Generation“ erneut gestoßen. Das gleichnamige Buch soll sich im Moment wie „warme Semmeln“ verkaufen lassen. Ich habe es bewusst noch nicht gelesen, ich stehe nicht unter Plagiatsverdacht. Bei dem im ZDF vor längerer Zeit ausgestrahlten 3-Teiler „Unsere Mütter, unsere Väter“, habe ich hemmungslos weinen müssen, weil hier persönliche Erinnerungen gewaltsam wieder hochkamen. Obwohl ich es nicht will, beschäftigen mich die Dokumentationen in Literatur und anderen Medien immer noch sehr intensiv. Diese Zeit habe ich ja auch nur teilweise verarbeitet. Alle sonstigen „Altlasten“ habe ich mit einem, so denke ich, gut annehmbaren Ergebnis abgeschlossen.

Ich lebe seit 3 Jahren alleine und habe mit mir selbst Frieden geschlossen. Was sagte doch der lange verstorbene Bundespräsident Heuss:

„Vergessen ist Gefahr und Gnade zugleich“

Euer Hillibaby

(eingestellt am 29.3.15)

Autor: ehemaliges Mitglied

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