Ein unvergesslicher Sonntagsausflug
Wieder einmal packten wir alle Dinge zusammen, die wir für einen Ausflug ans Wasser brauchten und die Vorfreude war groß. Fünf Kinder und die Eltern freuten sich, in die Natur zu fahren und bei heißem Wetter zu baden.
Mein fünfjähriger Bruder Günter hatte zum Geburtstag im Kindergarten von einem Freund einen jungen Goldhamster geschenkt bekommen. Er nannte ihn Moritz, brauchte aber viele Argumente und Tränen, damit Vater den neuen Untermieter erlaubte. Wir unterstützen ihn durch Wohlverhalten und Versprechungen. Günter war selig und wir freuten uns mit ihm.
Alles bei uns Kindern kreiste um diesen Familienzuwachs. Wir organisierten über Freunde einen alten Käfig, sammelten auf dem Spielplatz Baumstöcke und legten die paar Groschen, die wir hatten, für Futter zusammen, Gemüse bekam er aus unserer Küche. Da das Kinderzimmer für 5 Kinder winzig klein war, wurde der Stall unter Günters Bett gestellt. Da unser Moritz nachtaktiv war, begannen unruhige Nächte. Es störte uns Kinder nicht, denn die Freude war größer.
An diesem Sonntag war Günter außer sich vor Freude und heimlich, ohne dass von uns jemand etwas merkte, steckte er den Hamster in die Hosentasche, damit er nicht den ganzen Tag allein war.
Am See angekommen wurde alles ausgepackt und dann wollten wir Kinder sofort ins Wasser. Mein kleiner Bruder kam mit verschwörerischem Blick zu mir und sagte: „Bitte Gitti, ich hab ein Geheimnis. Kannst Du auf Moritz aufpassen, er ist in meiner Hosentasche. Ich bleibe nicht lange im Wasser, aber Papa darf nichts merken.“
Natürlich war ich bereit. Wir gingen hinter einen Busch, plötzlich schrie mein kleiner Bruder: „Er ist weggelaufen, mein Moritz ist weg, er ist aus meiner Tasche geschlüpft". Das rief die ganze Familie zusammen, damit war das Geheimnis auch für den Vater offen und es gab eine Standpauke. Günter war so verzweifelt, es war kaum mit anzusehen, er ließ sich nicht trösten und an Baden war nicht mehr zu denken. Wir aßen noch unser Picknick und packten ein, um nach Hause zu fahren. Wir konnten einfach nichts mehr genießen.
Günter heulte und heulte, Vater schimpfte, er schloss das Auto auf und wir kletterten hinein. Ein weiterer Schrei folgte, aber ganz anders, fröhlich, jubelnd: „Guckt mal, da sitzt ja Moritz, er ist schon auf der Hinfahrt aus der Tasche geklettert und hat auf mich gewartet, ich habe es nicht gemerkt.“ Er strahlte und für uns alle war der Tag gerettet und blieb uns in schöner Erinnerung.
Das Baden war vergessen, Vater beruhigte sich und wir fuhren singend nach Hause und Günter hatte nur noch Augen für seinen Moritz.
Wir Kinder hatten in unserer Kindheit gelernt, bedingungslos zusammen zu halten. Noch heute erzählen wir uns bei Familientreffen diese und andere Geschichten.
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