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Ingrid erlebt einen unvergesslichen Opernabend

Onkel Basti hatte mir als besonderen Dank für einen Steuertipp, der ihm viel Geld ersparte, und seiner Göttergattin Trudel einen unvergesslichen Opernbesuch versprochen. Wir freuten uns sehr auf die Stimme eines Sängers, den wir drei sehr schätzten. Basti und Trudel wollten vorher noch einmal zu den Toiletten, ich setze mich auf die reservierten Plätze.

Verwundert sah ich auf meine Uhr. Wo waren Basti und Trudel? Es ertönte das erste Klingelzeichen. Sollte ich aufstehen und sie suchen? Doch dann atmete ich erleichtert auf, ich sah die Beiden, Basti voran, Trudel folgte. Die Operngäste standen von ihren Sitzen auf, einige murrten. „Die in der Mitte kommen immer zuletzt, eine Rücksichtslosigkeit ist das“. Basti lächelte, dankte kopfnickend und ging weiter.

Fast bei unseren Plätzen angekommen, sah ich, wie Basti mit der Hand zu seinem Hosenschlitz griff. Sein Blick wurde starr vor Schreck, doch einen Moment später lächelte er erleichtert.

Er wollte weitergehen, doch etwas bremste ihn, er hing irgendwo fest. „Er blickte an sich herab und sah entsetzt, dass der bunte weite Seidenrock der Dame, an der er vorbeigehen wollte, in seinem Reißverschluss, den er blitzschnell geschlossen hatte, eingeklemmt war. Verzweifelt versuchte er, ihn wieder aufzuziehen. Der Reißverschluss saß fest.

„Nun gehen Sie doch endlich weiter“ fauchte ihn die Dame an. Er beugte sich zu ihr und flüsterte „Ich kann nicht, Ihr Rock hat sich in meinem Reißverschluss verfangen“. „Das gibt es doch gar nicht“, schimpfte die Dame und versuchte ihrerseits, Bastis Reißverschluss wieder aufzuziehen. Trudel, die nicht verstand, was Basti mit der fremden Dame zu flüstern hatte, schubste Basti, er solle weiterge-hen. „Lass das, Trudel, ich bin mit der Dame verklemmt“, fuhr Basti seine Frau an. „Hilf mir lieber“. Sie beugte sich vor, verjagte die fremden Hände und versuchte nun ihrerseits, den Reißverschluss wieder zu öffnen. Doch dieser saß fest, als wäre er zugeschweißt.

Die Situation spitzte sich zu, es wurde dramatisch. Das dritte Klingelzeichen ertönte. Gleich würden die Lichter im Saal erlöschen. Ich fragte: „Basti, ich hab eine Schere. soll ich dich befreien?“ Die ein-geklemmte Dame war jetzt wirklich erbost. „Das ist ein neuer Rock, ein Designer-Stück. Er war sünd-haft teuer. Sie können mir doch kein Loch hineinschneiden. „Wollt ihr gemeinsam stehen bleiben? Gleich wird es dunkel, dann schneide ich nicht mehr“.

Basti, nun schon ziemlich laut, flehte mich an, „schneide den verdammten Rock ab, ich ersetze alles.“ Die Leute drehten die Köpfe und wollten wissen, was geschehen war. Bevor die Lichter ganz verlo-schen waren, hatte ich mit sicherem Griff ein kreisrundes Loch in den Rock geschnitten. Wir drei hat-ten keine Konzentration, den Stimmen zu lauschen, denn Basti rutschte und zappelte auf seinem Sitz hin und her und stöhnte zwischendurch, weil er immer wieder versuchte, den Reißverschluss zu öffnen.

In der Pause sauste ich zur Garderobe und holte alle Mäntel. Die Dame, sie war den Tränen nahe und versuchte ständig, mit den Händen das Loch zu bedecken, ließ sich beruhigen, Adressen wurden ausgetauscht. Basti wurde durch Trudel getröstet, denn die leuchtend bunten Stoffreste aus seinem Hosenschlitz waren nicht zu übersehen. Operngäste aus der Vorreihe reckten den Hals, tuschelten und grinsten.

Gestern hatten Basti und Trudel zu einem gemütlichen Abend eingeladen. Auch ich war gekommen. Nach einigen Gläsern Wein erzählte Basti dann von diesem Opernabend. Während er stockend von seiner Seelenqual berichtete, blickte er auf seine Hände. Erst zum Ende seiner Erzählung schaute er auf und sah uns an. Wir alle, auch ich, hatten die Hände vor den Mund geschlagen und Tränen in den Augen. Basti bemerkte dies und freute sich, dass seine Freunde mit so viel Anteilnahme seine Qual mitempfanden. Er war dankbar, dass wir ihn verstanden.

Weder Trudel noch ich mochten ihm sagen, dass uns allen die Tränen durch ein krampfhaft unterd-rücktes Lachen gekommen waren.

Autor: Zwillingsjungfrau

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