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My Home is my Castle

Neulich protestierte Herbert total heftig, nur weil ich das lebensecht gemalte Porträt meines Hundes Ari, edel gerahmt von Freundin Gudrun, zu dessen 11ten Geburtstag knapp 10cm über der Fußleiste anbringen wollte.
Denn dort hat sein Futternapf den angestammten Platz, und nur so kann sich das Tier vor und nach jeder Mahlzeit gebührend betrachten.
Ich habe noch nie gesehen, dass in einer Wohnung ein Bild knapp überm Fußboden hängt, ereiferte sich mein Mitbewohner völlig außer sich.
„Nun mach mal ‘nen Punkt“, entgegnete ich „dekoriere deine eigenen vier Wände so als würde es keiner sehn hat mir vor kurzem eine fähige Inneneinrichterin wärmstens geraten, und genau dies tue ich jetzt, basta.“

Vorbei diese graubeige Epoche, weil völlig kraftlos, Gardinen in Schottenmustern sind angesagt, gepaart mit raffiniert arrangierten unvollkommenen Zimmerecken sowie wildfransigem Fensterschmuck plus ’nem krass roten Plüschsofa, auf dem so viele knallbunte Kissen parken, dass ich Herbert erst nach 10 Minuten zwischen diesen entdecke, beim sich die Daumen blau Drücken für den SV Waldhof Mannheim gegen TSV Steinbach-Haiger.
Und keine selbst auferlegten puristischen Zwänge vergangener Jahre mehr, Ikea war gestern, der Maximalstil ist längst nicht mehr aufzuhalten.
Ein persönlicher Stempel ist Pflicht, denn nur dieser macht aus den Wohnräumen einen Spielplatz des ganz eigenen Geschmacks, wäre bloß das Störfeuer Herbert nicht ständig im Wege.
Seit geraumer Zeit unterstütze ich einen vom Leben arg gebeutelten Kunstmaler, dessen Werke kaum beachtet, jedoch von ungeahntem Potential.
Ab und zu leiste ich ihm Gesellschaft beim Entrümpeln seines zugegeben genial chaotischen Ateliers, und erspähe so nebenbei dies und jenes unvollendete Werk, welches mir dann bei Interesse von dem Kunstschaffenden zu einem echten Freundschaftspreis generös überlassen wird.
Unbeeindruckt von der überflüssigen Frage Herberts, wo willste denn das schon wieder hinhängen, beginne ich umgehend geeignete freie Stellen zu erschließen und nach einem ausgetüfteltem System, dem höher, tiefer und andersrum Hängen, haben endlich drei Unvollendete ihre neue Heimat gefunden.
Auf diese Weise ergatterte ich schon eine beträchtliche Ansammlung hervorragender Küstenlandschaften, und wenn wir uns mal trennen sollten, der Herbert und ich, nehme ich sämtliche Bilder mit, dann bietet sich ihm endlich wieder freie Sicht auf die Berge, ----- äh Quatsch, total vernagelte Wände à la Uecker.
Es gibt eben immer noch leider Menschen, welche von diesem Maximalismustrend Fieber bekommen, sie benötigen dringend solch schwarz-weiß übersichtlichen Scheuklappen-Raumgestaltungen, um nicht in die für ihre Begriffe Messi-Ecke abzudriften.

Ich aber habe noch lange nicht mein Wohlfühlziel erreicht, weil ich sammle leidenschaftlich gern, vor allem abgewetzte Stühle jeglicher Stilrichtung und seltene Kuriositäten die sich meist in den hintersten verstaubten Ecken eines Trödelladens langweilen, kürzlich entdeckte ich einen äußerst liebevoll bestickten Streichholzspender, doch Fehlanzeige, es gelang mir einfach nicht, den Preis zufriedenstellend zu minimieren.

Neuerdings gewähre ich großflächigen Feldblumenprints an Zimmerdecken Asyl, da Herbert unter einer ausgeprägten Kornblumenallergie leidet, bitte ich ihn vor Betreten der Räume seinen Rhinix-Nasenfilter anzuschnallen.
Auch versuche ich geschickt, peppige mexikanische Teppichläufer auf Fischtapeten zu drapieren, bisher jedoch nur vorzugsweise im Schlafbereich, und es kümmert mich null, ob dies jemanden gefallen könnte.
Doch das lächerliche Verhüllen der Klodeckel plus Brille mit solch Zottel-Frottee, in giftorange, lehne ich kategorisch ab, dies überlasse ich getrost weiterhin den Spießern, ... meinetwegen, wenn er noch lebte, auch Christo.

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Autor: galen

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