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"Mia san mia"

Dörte möchte unbedingt dieses Jahr auf dem Oktoberfest ebenfalls ein Dirndl herzeigen. Sie fiebert dem Kauf ihrer ersten bayrischen Tracht entgegen. Bei Kriener's Trachtenlädl (in diesen Räumen bot vor etlichen Jahren der Metzger Fröschl noch seinen leckeren Leberkäs‘ feil) hat sie ihr Traumkleidl entdeckt, das Modell „Gipfelglück“.

Herzige, gelbe Sonnenröschen eskortiert von mattglänzenden, dunkelblauen schmalen Streifen, das altrosa Schürzerl allerliebst bestickt. Ein petrolfarbenes Mieder schmiegt sich eng um Dörtes Taille.

"A nett’s Balkönerl“ ruft Frau Kriener schelmisch, als sie den ansonsten eher unspektakulären Busen Dörtes prallkeck aus dem Rüschenfensterl lugend erspäht. Und die Puffärmelchen des Bluserls ähneln zwei frischen, weißen Sahnehäuberl.

Vor ein paar Tagen probierte Dörte schon verschiedene Dirndl-Modelle, zum Beispiel „Werdenfels“ oder „Alpenglühn“, auch „Edelweiss“, bis Frau Kriener „IHR“ Dirndl präsentierte, eine Kreation von Julia Trentini, welch ein Traum.
A‘ Tascherl braucht‘s noch, Frau Kriener reicht ein nett's Lebkuchenherzerl aus braunem Samt, zwei Blüten des Enzians schmücken die Vorderseite und der Reißverschluss rundum lädt ein, es zu befüllen.

Dörte betrachtet ausgiebig ihr Spiegelbild und stellt sich vor, in dieser Tracht auf der Wiesn begehrte, gar neidvolle Blicke zu ernten. Ein Kropfbanderl schaun‘s her, Frau Kriener legt Dörte ein silbernes, enges Ketterl um den Hals, während Dörte zaghaft versucht das Ketterl ein wenig zu lockern, bindet Frau Kriener flink ein Charivari um Dörtes bauschige Hüften, an diesem baumeln lustig vereint Schergraberl, Gamskrikel, Grandeln und Berlocken.

Nehmen’s nun das Kleiderl? Die aufmunternde Frage seitens Frau Kriener jedoch verhallt, denn Dörte spürt plötzlich, das Dirndl möchte nicht nur für einen Tag bewundert werden, es würde sozusagen übel missbraucht.

Es ahnt sehr bald entführt zu werden und zwar in die Nordische Tiefebene. Verspürt schon jetzt heftiges Heimweh nach seinen Jodlern, den herrlichen Berggipfeln und saftigen Almwiesen, dem Alpenglühn, einer deftigen Brotzeit, samt Zithermusi. Denn im rauen Norden würde es jämmerlich verkümmern ganz hinten im dunklen Kleiderschrank.

Dörte trennt sich wehmütig im stillen Einvernehmen während des Auskleidens von ihrem Dirndl Traum, steigt locker in ihre verwaschene Jeans, schlüpft hastig in den kuscheligen Sweater und fasst sich ein Herzerl: „Dies Kleiderl will hierbleiben“, lässt sie Frau Kriener wissen.

Entschlossen, reicht sie der enttäuschten Frau das hübsche Trachtengewand. „Ich schau daheim mal nach einem g'scheiten Küstendirndl meint Dörte leichthin, welches dann unserem "Hering satt"-Festival Anfang Mai heimischen Glanz verleihen wird.

Autor: galen

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