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Dann war ich plötzlich blond!

Nach etlichen Jahren mal wieder in „meiner“ Stadt, denn Eva hatte ein Klassentreffen organisiert und diesmal wollte ich unbedingt bei unserem „Wieder-Erkennungs-Fest“ dabei sein.
Natürlich hatte ich bei der Outfit-Wahl darauf geachtet, mein Alter möglichst vorteilhaft zu präsentieren.
Konnte es mir jedoch nicht verkneifen, diese peppig-bunten Schühchen (früher Tewes), in die ich mich im vorbeigeh’n verknallte, zu kaufen.

Widder sind ja bekannt für ihre legendäre Spontanität, diese führte diesmal unter anderem zu dem brennenden Wunsch, mein Haar mit neckischen, zartdunklen Strähnchen zu veredeln, quasi solch Licht-Effekte zwischens mattgrau zu mogeln.

Nun galt es schnell noch einen Termin zu erhaschen, an diesem Samstagnachmittag kurz vor 16:00 Uhr. Gefühlte 15 Coiffeure hatte ich schon abgeklappert, welche allesamt nicht in der Lage waren, meinen bescheidenen Wunsch zu erfüllen: „Morgen sehr gern, doch heute sind wir komplett ausgebucht!“

Jetzt erstmal ein Schokoeis ohne Sahne, ich schlenderte durch die Obermarktstraße und entdeckte „Jennis Salon“. Fragen kostet ja nix!
Kann ich hierbleiben für paar Strähnchen? Ja, bleiben Sie hier... dauert nicht lang nur eine Kundin noch.

Natürlich blieb ich und schaute interessiert zu, wie geschickt lange schwarze Haare zu einem netten Lockendutt geformt wurden.
Man sprach ausschließlich türkisch, doch nicht ohne mir hin und wieder aufmunternd zuzulächeln.
Endlich hatte Jenni nun Zeit für mich, wir unterhielten uns vorwiegend durch zustimmendes Kopfnicken und ab und zu übersetzte die Schwägerin (die mit dem Dutt) wenn‘s knifflig wurde, besonders was meinen besonderen Farbwunsch betraf.

„Alles gut“, meinte Jenni, „ich geben Medikament für Haar dazu wegen Pflege.“ und dann rührte sie flink drei verschiedene Farbnuancen an.
Zwischendurch bekam ich türkischen Kaffee plus türkischem Keks und mein Kopf wurde komplett versilbert. Mit raschelnden Folien, welche geschickt ins Haar gefummelt, der Pinsel, reichlich genährt mit Farbcreme, huschte eifrig über die jeweilig dafür vorgesehenen Haarpartien, die Schwägerin bekam noch schnell nebenbei künstliche Wimpern angeklebt.
„Jetzt warten - wird gut“, versicherte Jenni. „... äh... nicht zu hell? Denn ich kenne mein Haar, das bei blond gern „gelbt“!“

„Farbe gut“, versicherte Jenni und widmete sich jetzt ihrer Cousine, die ebenfalls Locken doch ohne Dutt verlangte und mir nebenbei mitteilte, dass Jenni vorher in Schweden lebte und deshalb noch nicht so gut deutsch könne.
Tapfer befahl ich mir daran zu glauben, dass ich keinesfalls blond sondern raffiniert zartdunkel gesträhnt diesen Salon verlassen werde.
„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, der Moment der Wahrheit nahte, mein Haar wurde von sämtlichen Folien befreit und tummelte sich entspannt unter lauwarmen Wasser, welches sogar meine Wangen berieselte, so als wolle es mich trösten, bevor ich sie sehe, diese feinen doch nicht allzu dunklen Strähnchen, unter den bereits ergrauten Geschwistern.

Jenni lüftete das Handtuch und rubbelte das Haar trocken, ich rubbelte nach und rief… „Hilfe, ich bin Blond!!!“

„Ist schönes Blond“, versicherte Jenni, „guck Farbe nicht jede gleich, alle anders, musst Silbershampoo nehmen, dann richtig gut!“

Augen zu und durch, heiße Luft wirbelte mein Haar in sämtliche Richtungen, die Rundbürste bemühte sich redlich und wenn ich mich traute kurz mal hinzublinzeln, sah ich nur noch... BLOND.
Später an der Kasse (120 Euro) steckte mir Jenny ihre Visitenkarte zu, „du haben Freundin? Kannst geben ihr meine Karte ja?“

Draußen zückte ich sofort mein Handy und rief Hilbert an - Ja, Hallo?
Ich hoffe du sitzt jetzt - warum? Weil ich bin neuerdings blond!
Später im Café, der Hund freute sich wie Bolle, als er mich entdeckte, weil dem ist's eh wurscht, ob mein Haar nun blond oder grasgrün, und Hilbert meinte... sieht ja gar nich' sooo schlecht aus!

Also ich war noch niemals in New York... quatsch vollblond!
Brünett, gesträhnt. Kastaniengrau, das ist meine Liga... Ich geh gleich mal rüber zu DM und besorg mir 'nen Päckchen intensiv zartdunkelbraune Strähnchen-Farbe, ich krieg das noch hin, bis wir uns treffen um 20:00 Uhr im Hotel Exquisit, wetten? Und wenn nicht, trag ich eben Kopftuch!

Friseurin färbt Haare blond

Autor: galen

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