Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

Für Gestaltung und Inhalt dieser Regionalseiten sind ausschließlich die jeweiligen Regionalbotschafter verantwortlich. Die von den Regionalbotschaftern eingegebenen und heraufgeladenen Inhalte unterliegen grundsätzlich weder einer Kontrolle durch Feierabend, noch nimmt Feierabend hierauf Einfluss. Hiervon ausgenommen sind werbliche Einblendungen und Beiträge die von Feierabend direkt eingestellt wurden und als solche gekennzeichnet sind.

Eine Romreise
aus der Sicht eines Rollstuhlfahrers

Seit Monaten hatten meine Frau und ich uns zusammen mit meinen Sangesfreunden auf unsere Romreise gefreut. Für meine Sangesfreunde mit ihren Partnerinnen war es auch sicherlich ein erhebendes, unvergessliches Erlebnis. Für einen Rollstuhlfahrer sah das aber etwas anders aus. Deshalb möchte ich ganz leidenschaftslos nur die Tatsachen darstellen.

Am Dienstag ging es los. Reibungslos ging es zum Flughafen Niederrhein in Weeze. Dort wurde ein Schieberollstuhl bereitgehalten, mit dem ich zum Flugzeug gefahren wurde. Dort standen zwei Feuerwehrleute bereit, die mich mit einem Spezial-Tragestuhl zu meinem Sitz im Flugzeug trugen. Nach 1 ½ Stunden herrlichem Flug landeten wir auf dem Flughafen Ciampino in Rom. Mit einem Hubwagen wurde ich aus dem Flugzeug gehievt und zu meinem Rollstuhl gefahren.

Die Busse, die uns zum Hotel fahren sollten, kamen mit 30-minütiger Verspätung. Im Hotel konnte ich zwar mit dem Rollstuhl in unser Zimmer fahren, aber die Dusche war nur über eine Stufe zu erreichen und so eng, dass schon Gesunde Probleme hatten.

Am Mittwoch waren wir zur Papstaudienz eingeladen. Mit der S-Bahn wollten wir zum Petersplatz fahren. Der erste Zug war hoffnungslos überfüllt, der zweite war eher noch voller und auch den Dritten konnten wir nicht benutzen. An allen 3 Zügen war ein Rollstuhlabteil im hintersten Wagen. Als der vierte, nutzbare Zug einfuhr, war das Abteil im ersten Waggon hinter der Lok. Die Rampe, die einen 30-cm-Schlitz zwischen Waggon und Bahnsteigkante überbrücken sollte, funktionierte nicht. Zwei Sangesfreunde mussten den Rollstuhl in das Abteil tragen.

Nach kurzer Zeit erreichten wir den Bahnhof St. Pietro. Erwartungsvoll fuhr ich auf den Lift zu. Er war außer Betrieb. Es war nicht einmal eine Kabine in dem Schacht.. Ein Sangesfreund musste einen Bahnbeamten herbeiholen, der uns dann über den langen Bahnsteig, eine Rampe hinunter und über die Schienen zu einem anderen Bahnsteig geleitete. Bis auf zwei Sänger mit Frauen war unsere Truppe bereits vorausgegangen. Mit viel Glück fanden wir sie wieder. Es war aber nicht möglich, mit der Gruppe zur Audienz zu gelangen. Polizisten hielten mich auf und wiesen mir einen anderen Weg, der mich schließlich zu anderen Rollstuhlfahrern führte. Dort stand ich eingekeilt zwischen den Rollstühlen und konnte nicht einmal zur Toilette, weil mich niemand verstand.

Über die Audienz möchte ich nichts sagen, weil ich vermutlich nicht objektiv bin.

Nach der Audienz war eine Führung durch das antike Rom angesetzt. Wo wir den Petersplatz betreten hatten, war alles abgesperrt. Den Ausgang mussten wir suchen. Bis wir ihn gefunden hatten, war unsere Truppe weitergezogen, weil die Zeit drängte. Nur ein Sänger mit Ehefrau war zurückgeblieben. Für uns war der Rundgang gestrichen. Wir sind dann ins Hotel gefahren, wieder über die Schienen und mit der S-Bahn.

Am Donnerstag sollten wir im Pantheon singen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre mehrmaliges Umsteigen, auch von der S- auf die U-Bahn nötig gewesen. Deshalb beschlossen wir, uns ein Taxi zu nehmen. Wir haben im Hotel am Vorabend versucht, ein Taxi zu bestellen, das meinen Rollstuhl und sechs weitere Personen befördern kann. Man fand keines. Wir haben dann in einer Gaststätte eine Kellnerin, die ein wenig Deutsch sprach, gebeten, uns das Taxi zu besorgen. Nach einiger Zeit erklärte sie uns, alles sei erledigt und gab uns für alle Fälle die Telefonnummer des Unternehmers. Am nächsten Morgen tat sich nichts. Also baten wir im Hotel, nachzufragen. Die Antwort war, dass man keinen Rollstuhl transportiert. Nach mehreren, weiteren Telefonaten, kam ein Taxi mit einem relativ großen Kofferraum. Meine drei Freunde demontierten den Rollstuhl ein weiteres Taxi wurde gerufen und wir gelangten dann zum Pantheon. Meine drei Freunde luden den Rollstuhl wieder aus und setzten ihn wieder zusammen. Der Taxifahrer verlangte 45,- Euro. Als meine Frau auf den Taxameter hinwies, der nur 35,- Euro auswies, sagte der Taxifahrer, 10,- Euro für Ein- und Ausladen des Rollstuhls.

Im Pantheon stellten wir uns zum Singen auf. Unser Organist öffnet den Rolladen am Orgeltisch. Er wurde ihm aus der Hand gerissen und die Orgel wieder verschlossen. Wir durften sie nicht benutzen. Wir haben dann 3 Lieder ohne Orgel gesungen.

Anschließend war ein Rundgang durch das moderne Rom angesetzt. Aus den Erfahrungen des Vortages wurde mir abgeraten, daran teil zu nehmen. Zwei Sangesfreunde mit Frauen blieben bei mir und wir sahen uns die Umgebung, u.a. den Trevi-Brunnen, an. Gegen 15 Uhr suchten wir ein Restaurant auf und baten eine Deutsch sprechende Kellnerin, uns ein Taxi für den Rollstuhl zu bestellen. Ein Polizist hatte uns gesagt, dass am Pantheon Großraumtaxis stationiert seien. Notfalls sollten wir zur Polizei gehen, die uns helfen würde. Erst die Kellnerin, dann der Inhaber versuchten es eine Stunde lang, bekamen aber nur die Auskunft, das ein Rollstuhl nicht transportiert wird. Wir haben dann zwei Polizisten auf der Straße angesprochen. Einer hat ununterbrochen telefoniert, während die Polizistin vorbei fahrende Taxis anhielt. Alle weigerten sich, den Rollstuhl mit zu nehmen. Sie redeten sich heraus, dass sie nicht wüssten, wo sich unser Hotel befindet. Schließlich hielt die Polizistin ein weiteres Taxi an. Sie stellte sich davor, damit der Fahrer nicht einfach weiter fahren konnte. Der Polizist öffnete den Kofferraum. Meine Freunde hatten den Rollstuhl schon wieder demontiert und hoben ihn gegen den Willen des Taxifahrers in den Kofferraum. Widerwillig fuhr der Fahrer schließlich los. Hätten wir Italienisch verstanden, könnten wir jetzt vermutlich perfekt fluchen. Am Ende haben wir an diesem Tage für Taxis insgesamt 170,- Euro ausgegeben.

Am Freitag war unser Höhepunkt, das Mitgestalten einer Messe im Petersdom, vorgesehen. Die Erfahrungen der Vortage hatten mir den Mut genommen. Ich traute mich mit dem Rollstuhl nicht mehr in die Stadt und blieb mit meiner Frau im Hotel. Unser Organist, unser Chorleiter und die Sänger schwärmten von diesem Erlebnis, aber die Rückfahrt begann kurz nach 18:00 Uhr, mitten im Wochenend-Feierabendverkehr und ich war froh, zu Hause geblieben zu sein.

Am Samstag sollte dann die Rückreise stattfinden. Wir waren frühzeitig am Flughafen. Wie immer wurde der Rollstuhl zuletzt abgefertigt. Aber von Abfertigung war keine Rede. Mir wurde mitgeteilt, ich sei nicht angemeldet und könne nicht mitfliegen. Alle Erklärungsversuche scheiterten, weil die Stewardess und ihre Kolleginnen kein Deutsch verstanden und sprachen. Sie telefonierte lange und schickte uns dann zum Ticketing-Schalter. Auch dort verstand uns niemand. Die Stewardess telefonierte und übergab meiner Frau schließlich den Hörer. Eine Deutsch sprechende Dame erklärte ihr, wir müssten ein Ticket für 120,- Euro kaufen und könnten dann am Nachmittag nach Frankfurt oder am nächsten Vormittag nach Weeze fliegen. Meine Frau erklärte, wir hätten den Flug bezahlt und sähen nicht ein, noch einmal zu bezahlen. Die Antwort: „Wenn sie nicht zahlen wollen, kann ich ihnen nicht helfen!“ Dann wurde der Hörer aufgelegt.

Jetzt platzte mir der Kragen. Es war nicht die feine englische Art, wie ich ein paar schnelle Runden durch das Gebäude fuhr und ein paar Blechschilder mit den Fäusten traktierte, die sicherlich jetzt ausgewechselt werden müssen. Aber schließlich war es inzwischen 15 Minuten vor Abflug unserer Maschine. Meine Frau versuchte, den Reiseleiter des Chores zu erreichen. In der Sicherheitszone wurde sie von einer jungen Beamtin aufgehalten. Diese sprach gut Deutsch. Meine Frau erzählte ihr unsere Geschichte und die Beamtin ging mir ihr zum Abfertigungsschalter, während ich weiter Schilder demolierte. Sie rief ihre Vorgesetzte herbei und diese telefonierte und wie von Zauberhand lag plötzlich unser Ticket auf dem Schalter. Die junge Beamtin geleitete uns noch fast unkontrolliert durch die Sicherheitskontrolle in die Lounge. Die meisten unserer Sangesfreunde saßen bereits im Bus, der sie zum Flugzeug transportieren sollte, Plötzlich funktionierte alles wie am Schnürchen und fünf Minuten vor Abflug saß ich auf meinem Sitz im Flugzeug.

Mein Fazit: Alles was unser Reiseleiter Rolf organisiert hatte, war in Ordnung und funktionierte tadellos.
Die Organisation des Reisebüros wies Lücken auf.
In Italien fanden wir nirgendwo auch nur das geringste Verständnis für Behinderte.

Dortmund, 19.10.2005 Rudolf Becker

Artikel Teilen

 

Artikel bewerten
5 Sterne (2 Bewertungen)

Nutze die Sterne, um eine Bewertung abzugeben:


0 0 Artikel kommentieren
Regional > Hameln und Weserbergland > Erlebnisberichte > Romreise