Gifhorn - Stadt in der Südheide
(letzte Überarbeitung: 27.9.2014)
Das erste, was mir, Allerboy, in Gifhorn auffällt, sind die drei Brücken in der Fußgängerzone. Hier überquert man die Aller, die Aller und die Ise.
Nein, ich habe mich nicht vertan. Wie in meiner Geburtsstadt Verden auch ist die Aller hier in zwei Arme aufgeteilt, in Gifhorn fließen beide Arme aber direkt durch den Ort. Da die Aller ja auch bei Magdeburg mehrere Quellen hat, ist die Aufspaltung wohl Teil ihres Charakters.
Ungefähr bei der Stadthalle kann ich dann meinen in der Schule gelernten Merkspruch überprüfen:
Oker, Fuhse, Wietze, Leine sind der Aller ihre Beine,
Ise, Lachte, Örtze, Böhme sind der Aller ihre Söhne.
Mal abgesehen vom holprigen Deutsch, etwa gegenüber der Stadthalle fließt die Ise in die Aller.
Wieso ist hier die Ise hier der breitere Fluss?
Das liegt am Allerkanal: Als Hochwasserschutz wurde hinter Wolfsburg/Weyhausen ein Teil der Aller in einem Kanalbett abgeleitet und streift Gifhorn ganz im Süden, um dann dann bei Brenneckenbrück wieder mit dem natürlichen Fluss vereinigt zu werden. Dazwischen durfte die Aller in ihrem ursprünglichen Flussbett weiter fließen, denn nur in diesem Abschnitt ist sie nie begradigt worden.
Die günstige Lage an zwei Flüssen im Allerurstromtal mit kleinen Erhebungen aus Gletscherschutt (Moränen) dürfte die Gründung einer Stadt an dieser Stelle beflügelt haben. Vor allem die wandernden Kaufleute mit ihren Kutschen waren auf Gifhorn angewiesen.
Den Namen Gifhorn erklärt man sich aus der Abwandlung der altdeutschen Bezeichnung für eine "Erhöhung, die ins Wasser hineinragt" (Wikipedia).
Immerhin ist die erste Erwähnung Gifhorns aus 1196 n. Chr. nachgewiesen.
Die Saale-Vereisung hat mit ihren Ablagerungen die Landschaft Gifhorns geprägt. Der Boden enthält viel Kies, wenn er nicht später von moorigem Boden überdeckt wurde. Und beim Haubau stößt man gelegentlich auf solche Findlinge, wie es gerade wieder (2014) berichtet wurde.
Der Bau des alten Rathauses erfolgte 1562, es wurde aber natürlich mehrfach umgestaltet.
Mit zunehmender Bedeutung Gifhorns reichten die Räumlichkeiten nicht mehr für die Verwaltungsaufgaben.
Deshalb beherbergt das Gebäude heute nur noch den Ratsweinkeller.
Das neue Rathaus wurde weiter südlich errichtet, weshalb heute die Rathausstraße mehr als fünf Minuten vom Rathaus entfernt liegt.
Aber auch dieses Gebäude reichte nicht mehr aus und ist heute Haus des Handwerkes und beherbergt außerdem eine Bank.
Das heutige Rathaus wurde dann wieder bei der Nicolai-Kirche erbaut.
Wegen der Größe des Landkreises ist das Verwaltungsgebäude hierfür unabhängig am Rand der Innenstadt errichtet worden.
Ebenfalls im Verwaltungszentrum Gifhorns steht die Nicolai-Kirche.
Sie wurde von 1733 bis 1744 erbaut. Als Baustil wird protestantischer Barock angegeben.
Für die Innenstadt Gifhorns ist natürlich die Steinstraße als zentraler Bereich der Fußgängerzone prägend. Neben den Rathäusern waren hier schon lange viele Geschäfte angesiedelt.
Als Besonderheit möchte ich das Kavalierhaus hervorheben.
Es wurde 1546 in der Weserrenaissance gebaut und ist damit nach dem Schloss das zweitälteste Gebäude Gifhorns.
Am nördlichen Rand der Fußgängerzone liegt die Cardenap-Mühle.
Seit 1213 gibt es an der Ise eine Mühle, die durch die Fließgeschwindigkeit der Ise angetrieben wurde.
Nach einem Feuer 1907 wurde die Mühle an der heutigen Stelle wieder aufgebaut. Seit 2003 ist allerdings der Mühlenbetrieb eingestellt.
Etwas neben dem Fußgängerbereich ist die Stadthalle errichtet.
Hier finden zahlreiche Veranstaltungen der Gifhorner statt.
Oft werden sie auch im benachbarten Brauhaus fortgeführt.
Das Schloss Gifhorn liegt ebenfalls am Rande der Innenstadt.
Das im Stil der Weserrenaissance erbaute Schloss diente dem Welfenherzog Franz von Braunschweig und Lüneburg als Residenz von 1539 bis 1549.
Heute enthält es das Kreis-Heimatmuseum.
Leider ist die gesamte Vorderfront zur Zeit wegen Baumaßnamen verdeckt.
Da muss ich wohl noch einmal vorbei, wenn Christo wieder abgereist ist....
Ebenfalls am Rand der Innenstadt steht die bekannteste Lady aus Gifhorn.
Lady Devorgilla ist ein Nachbau der Mühle aus Dumfries, der schottischen Partnerstadt Gifhorns.
Wer in Gifhorn den Durchblick behalten will, kann aus zwei Türmen den Überblick gewinnen.
Der 12,5 m hohe Aussichtsturm auf dem Katzenberg steht auf einem 75 Meter hohen Hügel. Er ist allerdings nur Dienstag und Donnerstag für wenige Stunden geöffnet.
Als Alternative dient der ehemalige Wasserturm, der heute im Obergeschoss ein Panoramcafé beherbergt und deswegen tagsüber fast ständig geöffnet ist.
Wenn man die Innenstadt die Ise aufwärts verlässt, kommt man nach einem kurzen Fußweg an diese Plastiken, die 1992 aus rotem Granit erstellt wurden.
Gleich auf dem anderen Iseufer steht das Gifhorner Mühlenmuseum, das seit 1980 besteht und immer mal wieder um eine weitere Mühle erweitert wird, wenn der Inhaber irgendwo eine interessante Mühle findet und sie dann originalgetreu nachbaut. Mittlerweile stehen hier 13 verschiedene Mühlen. In den Ausstellungen kann man auch viel Interessantes über Mühlen und deren Funktion erfahren.
1994 wurde das Mühlenmuseum um eine Attraktion bereichert:
Die russisch-orthodoxe Kirche.
Es handelt sich um einen Nachbau der 1756 erbauten Christi-Verklärungskirche aus dem zentralrussischen Dorf Kosljatjewo (nach Internetpräsenz des Mühlenmuseums).
Diese Kirche wird heute für Gottesdienste genutzt und ist dann für den Besucherverkehr geschlossen. Besucher können die Kirche über einen Nebeneingang betreten, die Zugbrücke ist dann abgesenkt.
Direkt neben dem Gelände des Mühlenmuseums steht die europäische Freiheitsglocke, die an den Fall des eisernen Vorhangs erinnern soll.
Auf der Glocke sind vier Politiker abgebildet, die maßgeblichen Anteil an der Überwindung der innereuropäischen Grenzen beigetragen haben: Michail Gorbatschow, Helmut Kohl, George Bush sen. und der Ungar Gyula Horn.
Der Glocken-Palast ist konzipiert als Wirkungs- und Ausstellungsgebäude von Kunsthandwerkern aus Ost und West.
Außerdem enthält er Ausstellungen über die Lebenswerke der Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer und Michail Gorbatschow.
Den Grundstein dazu legte Michail Gorbatschow 1996 und übernahm die Schirmherrschaft über das Gebäude.
Auf der anderen Straßenseite liegt das neue (privatisierte) Krankenhaus Gifhorns. Jetzt liegt es verkehrsgünstiger als vorher, wodurch die Rettungswege verkürzt sind.
Auf der Südseite Gifhorns hat der größte Arbeitgeber der Stadt seine Werkshallen.
Viele Autobastler erinnern sich vielleicht noch an die Teile von ATE, die einen guten Ruf genossen. In Gifhorn wurde 1948 das fünfte Werk der Frankfurter Firma Teves errichtet. 1998 wurde die Firma von Continental aufgekauft.
Diese Fabrik zeigt die Zusammenarbeit in unserer "Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg":
Die Teves-Straße zweigt von der Braunschweiger Straße ab. Das Werk gehört heute zu einer Hannoveraner Firma und arbeitet hier in Gifhorn überwiegend für VW in Wolfsburg.
Artikel Teilen
Artikel kommentieren