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Über das Leben mit einer Katze

Katze Minka

Minka ist unsere fünfte Katze. Sie kam zusammen mit ihrem Bruder vor 21 Jahren im Alter von sechs Monaten als Tierschutzkatze zu uns. Wir sind also die Zweitbesitzer.

Damals holten wir sie von unserer Tierärztin ab und ließen die beiden Kleinen im Flur aus der Box heraus. Wie der Blitz rannten sie die Treppe in den ersten Stock hoch, in die erste offene Tür hinein – das Arbeitszimmer meines Mannes – und hinter tausend Bücher und eine Couch. Alles in einer Minute.
Wir hatten also zwei Katzen, aber keine war zu sehen. Hm. Ich holte eine besonders leckere Dose Katzenfutter, setzte mich auf die Couch, öffnete sie und wartete. Dieser wunderbare Duft lockte den kleinen Kater Mikesch als Ersten aus dem Versteck. So sah er also aus: klassische EKH (Europäisch Kurzhaar – also: Wald- und Wiesenkatze) schön gestreift und gepunktet in allen Grauvarianten. Der Schwanz war geknickt. Die kleine Katze ließ sich noch lange bitten.

Irgendwann konnten wir uns ein Bild von den Vorbesitzern machen. Wenn ich eine schwarze Lederhose anhatte, war das ein Grund für die Katzen, sich zu verstecken. Oder wenn mein Mann plötzlich zur Tür hereinkam, liefen sie weg. Das änderte sich erst langsam im Verlauf der Jahre. Vertrauen muss verdient werden.

Nachts lebten die Katzen draußen, unseren Garten haben sie als Revier und Ausgangspunkt benutzt. Ab dem Morgen lebten sie mit uns und da waren die Rollen genau verteilt: erst mal wurde Minka von Mikesch verprügelt, damit klar war, wer hier der Boss war. Dann waren die Menschen dran und hatten für Futter zu sorgen. Und danach musste man sich natürlich von den nächtlichen Strapazen ausruhen.

Das ging ein paar Jahre so, bis Mikesch einen Tumor im Hals bekam und weder fressen noch trinken konnte. Irgendwann hätte er auch keine Luft mehr bekommen. Der Tumor war nicht operabel.

Und dann ging das „richtige“ Leben von Minka eigentlich erst los. Ein paar Tage lang hatte sie den Kater überall gesucht. Dann aber, als sie begriffen hatte, dass sie jetzt das Sagen hatte, besetzte sie sämtliche Plätze, die Mikesch vorher besetzt hatte. Das genoss sie sichtlich.

Aber die Menschen glaubten, sie würde gern wieder einen Spielgefährten haben und besorgten einen kleinen Kater für sie. Das war wohl ein Fehler. Sie sah diesen Kleinen, plusterte sich auf bis zur doppelten Größe, fauchte wie ein Tiger und bevor noch mehr passierte, hatten die Menschen den Winzling geschnappt und – wohin mit ihm? Wo er herkam, waren noch fünf weitere Kleine. Aber bei den Nachbarn war vor ein paar Wochen ihr Kater überfahren worden. Als die den kleinen Kater sahen, schnappten sie ihn, schrien vor Freude: Der sieht ja aus wie unser Tommy – und das Problem war gelöst.

Viele Bilder tauchen vor meinen Augen auf: Eine Woche bevor wir in Urlaub fahren wollten, fingen die Geschwister mit acht Monaten an, sich zu bespringen – oder wie Minka einen Wurf nicht flugfähiger Meisenjungen eins nach dem andern fing – wie sie nachts bei mir Besuche im Bett machte und ich vom Schnurren etwas wach wurde und meine Hand ihr weiches Fell suchte - wie Mikesch Minka alle Mäuse wegnahm, die sie gefangen hatte (er konnte aber perfekt Brummer fangen) – wie Minka auf der Couch neben mir meine Hand mit ihrer feuchten Nase anstuppste, damit ich sie streichelte – und dann die Geschichte mit der mutigen Maus: Im Sommer war sie ins Badezimmer gekommen und Minka hatte sie entdeckt. Sie stand vor der Maus und die Maus stellte sich auf die Hinterbeine und gab sehr hohe Töne von sich und schaute die Katze an – wirklich wahr. Also das vergesse ich nie. Ich fing die Maus mit einem Handtuch und beförderte sie nach draußen.

Und dann kam der Unfall. Vor einem Jahr. Sie wollte nachts noch einmal nach draußen und kam dann nicht mehr wieder. Nachts um drei suchten wir sie im Dunkeln. Und dann hörten wir einen Katzenschrei, den ich immer noch im Ohr habe. Minka saß an die Terassentürscheibe gedrückt – alles war voll Blut. Sie hatte offensichtlich einen Autounfall gehabt. Am nächsten Morgen fuhren wir zur Tierärztin – die Katze hatte ich ins Katzenklo auf saubere Streu gelegt, damit sie nicht noch mehr Schmerzen hatte beim Transport. Alle Angestellten kamen und hatten sehr merkwürdige Gesichter dabei. Minka bekam Schmerzmittel und blieb drei Tage in der Klinik. Ihr Kiefer war gebrochen und die Knochen waren irgendwie verschoben. Eine Narkose hätte sie nicht überlebt – sie war einfach zu alt.

Für mich begann eine Zeit, die Minka hieß. Und nach sechs Wochen hatten wir es geschafft. Heute nach einem guten Jahr sind ihre Augen groß und rund und wach. Sie wackelt jeden Tag für ein paar Minuten in den Garten. Meistens schaut sie durch das Terassentürfenster den Tauben zu, die den Vögeln das Futter wegfressen. Sie kann noch auf einen Stuhl hopsen, kommt aber nicht mehr die Treppe hoch. Schmerzen hat sie offensichtlich keine. Durch den Unfall hat sich ihre Stimme verändert. Wenn sie lautstark daran erinnert, dass es mal wieder Zeit wird, den Futternapf zu füllen, kann das niemand überhören.

Und wenn sie neben mir auf dem Sofa sitzt, kommt eine feuchte Nase an meine Hand, die streicheln soll.

Autor: kindermut

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