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Von der Apotheke in die Notfallambulanz

Hanna und ich haben den telefonischen Bestellservice unseres Hausarztes genutzt und gestern Rezepte für unsere Medikamente bestellt. Heute nun haben wir die Rezepte abgeholt und sind zur Apotheke unseres Vertrauens gegangen. Dort erfahren wir, dass mein übliches Cholesterin-Medikament in der für mich festgelegten Größe nicht mehr gehandelt wird. Die Apothekerin versucht beim Hausarzt wegen einer Lösung des Problems anzurufen. Da hebt aber keiner den Telefonhörer ab. Also sind wir wieder zurück in die Hausarztpraxis.

Nachdem wir das Thema erschöpfend diskutiert haben, machte der Hausarzt den Vorschlag das Medikament für 10 Tage abzusetzen und zu gucken was passiert. Das heißt, labortechnisch soll dann festgestellt werden, ob sich die Messwerte bei mir verändert haben oder nicht. Ich bin einverstanden. Vielleicht brauche ich dann für die Zukunft ein Medikament weniger schlucken.

Bevor er mich entlassen könne - meinte der Hausarzt - müsse er aber noch einen Blutdruck messen und ein EKG schreiben. Kein Problem für mich. Doch dann kommt es heftig. Mein Blutdruck - 150/90 - findet keinen Beifall. Als dann auch noch das EKG aus dem erwarteten Rahmen fällt war Schluss mit lustig. Es folgen hochnotpeinliche Befragungen die zu keiner Erklärung für die Anomalien führten. Von Verdacht auf Herzinfarkt ist die Rede - und der Notwendigkeit einer sofortigen Abklärung der Ursachen für die miserablen Ergebnisse. Plötzlich habe ich einen Überweisungsschein für die Rettungsstelle in der Hand. Hanna kann es kaum glauben. Ich auch nicht. Fühle ich mich doch gesund und fit.

Gegen 17:30 Uhr sind wir auf der Rettungsstelle. Nach kurzer Wartezeit ruft mich eine Krankenschwester und erklärt: "Wir machen erst einmal Labor."

Es folgten Blutdruckmessen, EKG und Blutabnahme. Danach: Warten! Der Wartebereich ist gut besucht. Einige tragen Verbände, anderen sieht man ihr gesundheitliches Problem nicht an. Im Allgemeinen herrscht eine entspannte Atmosphäre. In zeitlich unregelmäßigen Abständen werden Wartende aufgerufen. Nach ca. einer Stunde werde ich zu einem Arzt gerufen. Ich schildere ihm den Sachverhalt. Es folgen Blutdruckmessen, EKG. Dann teilt er mir mit, dass auch er nicht zufrieden ist mit den Messwerten und dem Laborergebnissen.

Er fragt mich, ob ich exzessiv Sport treibe. Meine Muskelenzyme haben einen zu hohen Eiweißgehalt. Oder so ähnlich. Es lasse sich aber noch keine abschließende Diagnose stellen. Dazu ist es notwendig im Abstand von drei Stunden erneut die Blutwerte zu kontrollieren. Wir sitzen die Zeit ab. Denn nach Hause fahren und wiederkommen, kann mir der Arzt nicht gestatten. Ich fange an, mir Gedanken zu machen. Ich horche ihn mich rein. Ist wirklich alles in Ordnung mit mir? Meine Gelassenheit schwindet langsam. Gut, dass Hanna bei mir ist. So können wir ablenkende Gespräche führen und die Zeit vergeht schneller.

Dann werde ich zur Blutentnahme gerufen. Es folgen Blutdruckprüfung und EKG. Die Blutwerte haben sich nicht wesentlich verändert. Der Arzt rät zu einer umfassenden Abklärung. Dazu möchte er mich stationär einweisen.

Kurze Zeit später - es war inzwischen nach 23:00 Uhr- befand ich mich schon auf der Station 1. Als ich den Einweisungsschein vorlegte bekam der Pfleger hinter dem Tresen die Krise: "Was denken die sich da unten, wir haben keine freien Betten..."

Bei mir kam ein leichtes Schuldgefühl auf. Ich hatte mich aber schnell wieder gefangen und fragte, ob ich etwas falsch gemacht habe und schuld sei. Da hatte auch er sich wieder gefangen und versprach, sich um eine Lösung zu bemühen. Kurze Zeit später hatte ich ein Bett in einem Vierbettzimmer. Ich war der Fünfte.

Am nächsten Morgen erfolgte, nach den üblichen Prozeduren, wie Messung der Körpertemperatur und des Blutdruck, erst mal nichts. Frühstück? Ich muss „nüchtern“ bleiben. Hanna kam und brachte Wäsche und Waschtasche. Als sie sich verabschiedet hat, kommt der Stationsarzt. Ein netter, junger Mann. Er teilte mir mit, dass der Chefarzt den Vorschlag macht, den anstehenden Untersuchungsmarathon durch eine Herzkatheteruntersuchung abzukürzen.

Nach kurzer Konversation bin ich einverstanden. Was wird Hanna sagen? Sie hatte einmal für sich eine derartige Untersuchung abgelehnt. Eine Schwester kommt mit Rasierer und entfernt die Haarpracht im Leistenbereich. Wir sind nur noch zu viert im Zimmer. Ich ziehe mit meinem Bett um und kann nun den Fernseher nutzen. Es wird Mittag - es wird Abend, ich bin immer noch „nüchtern“ - passiert ist nichts. Außer - wir sind wieder zu fünft im Zimmer. Geredet wird nicht viel. Jeder ist mit sich und seinen Problemen beschäftigt, liest, hört Radio oder sieht fern.

Am nächsten Morgen:Der junge, nette Arzt kommt sich entschuldigen. Erklärung: "Es ist Herzinfarktwetter".

Heute soll es etwas werden mit dem Herzkatheter. Also wieder „nüchtern“ bleiben. Ich habe, ehrlich gesagt auch gar keinen Hunger. Hanna kommt und nimmt es gelassen, als sie vom Herzkatheter hört. Ich bin erleichtert. Gegen 10:30 Uhr kommt – ihr ahnt es sicher schon – der junge, nette Arzt und läutet den Countdown ein. Und tatsächlich, gegen 11:00 Uhr werde ich abgeholt. Im OP warten schon zwei Schwestern auf mich. Ich besteige den OP-Tisch und sie beginnen mit den Vorbereitungen. Ich bekomme einen großflächigen „Anstrich“ in Orange. Dann werde ich mit riesigen Planen abgedeckt. Der Arzt erscheint und beginnt mit seiner Arbeit. Örtliche Betäubung – kleiner Picks. Der Herzkatheter wird in die rechte Leistenarterie eingeführt. Die Untersuchung läuft. Ich spüre von all dem nichts. Leichter Schmerz, als der Katheter wieder herausgezogen wird. Es wird ein riesiger Druckverband angelegt. Der soll 24 Stunden bleiben. Vom Arzt erfahre ich, dass mit meinem Herz alles in Ordnung ist. Das ist doch mal eine gute Nachricht.

Es ist 12:30 Uhr - ich bin wieder auf meinem Zimmer und rufe erst einmal Hanna an. Sie freut sich mit mir über den glücklichen Ausgang.
Ich verstehe immer noch nicht, warum ich das Ganze über mich ergehen lassen musste. Aber etwas Gutes hatte es doch: Nun weiß ich, dass mit meiner Pumpe alles in Ordnung ist. TÜV bestanden…

Autor: ehemaliges Mitglied

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