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Vom Himmel hoch...

Leider ist unser Mitglied Hatsch_43 im September 2014 verstorben. Wir sind sehr traurig, dass wir in Zukunft auf seine humorvollen, pointierten und hintergründigen Texte verzichten müssen.
Doch seine Alltagsbeobachtungen und Kolumnen bleiben aktuell und wir schätzen sie nach wir vor sehr. Deshalb kannst Du sie auch weiterhin auf unseren Seiten lesen.

Hatschis Alltagssplitter

Vom Himmel hoch…

…da komm ich her, so besagt uns jedes Jahr die Mär. Der Legende nach soll ja Petrus die gute Maria gebeten haben, sich auch mal wieder auf Erden sehen zu lassen. Angeblich hat sie mit der Begründung abgelehnt, einmal eine Affäre vor 2000 Jahren und alle Welt redet immer noch davon.

Ja, so sind wir Menschen, immer nachtragend. Nur den Inhalt der christlichen Botschaft sollten wir das ganze Jahr vor – und nicht nachtragen. Von wegen Tragen - die meisten verheben sich beim Geschenke kaufen ohnehin nicht mehr. Hartz oder Nerz, die einen sind ausgeliefert, die anderen bekommen geliefert. Aber bewusster werden wir. Nicht irgendein Parfum für die Liebste, mit dem die Schwiegermutter dann den Schrank abbeizt. Ist ohnehin der längste Tag im Jahr wenn Schwiegermama zu Weihnacht kommt. Und den Enkeln schenkt man eine Rentenversicherung, jawoll.

Nun hat Weihnacht die Angewohnheit, vor der Tür zu stehen und fast drohend ereilt uns die Nachricht "Morgen, Kinder, wird's was geben". Häufig gibt es was in den Briefkasten. Weihnachtswerbepost verstopft ihn täglich. Einfallslose Reklame, aber auch Kurioses. Zum Beispiel der Handzettel eines Biohofes. Einladung zum Bastelabend mit dem Thema "Apfelkunst". Dort lernt man aus dem Obst Kerzenhalter zu schnitzen, Parfüm anzusetzen oder Shampoo zu machen. Ob einem auch beigebracht wird, dass man Äpfel essen darf, entzieht sich meiner Kenntnis.

Bescherung machen wir am Tännchen. Ihr auch? Die Baum-Spitzenpreise bewegen sich stetig nach oben, es entsteht der Hang zur ketzerischen Frage, Baum oder Porsche kaufen. Aber wir Senioren sind flexibel. Nicht nur beim Gebisswechsel, nein auch sonst. Das Tännchen wird bereits zum Frühbucherpreis gekauft - nicht erst wenn die letzte Krüppelkiefer an der Börse gehandelt wird.

Übrigens, wenn ich mich so umschaue, schon mal aufgefallen? Von der Arktis bis zum Kap der guten Hoffnung: keine Energieprobleme. Jede Kammer leuchtet was das Zeug hält. Ohne kalte LED-Technik würde allein die Weihnachtsbeleuchtung zur rasanten Klimaerwärmung führen.

Wir wollten daheim mal unseren persönlichen „domino-day“ einlegen. Aber nix war’s, Dominosteine ausverkauft. Advent beginnt halt im Oktober. Eigentlich sollte man ja selber backen. Also CD mit „jingle bells“ auf endlos-repeat, Glühwein aufgesetzt und dann beginnt das Rühren und Kneten. Na ja elektrisch! Als kleiner Junge hasste ich solche Vorbereitungen. Mit der Last einer dicken Tonschüssel auf dem Schoß wurde Teig geknetet. Dazu bekam ich eine Steinzeitkeule, ähnlich einem Baseballschläger, in die Hand und musste rühren und rühren, während Mutter immer mehr Zeugs wie Eier, Mehl und Butter rein warf. Wurde zäh wie Flüssigbeton. Meine Schweißtropfen waren sicher der Geschmacksverstärker. Denn Tante Erna verdrehte immer die kleinen Äuglein wie Gaismeier seine Bücklinge, wenn es ihr entfuhr: Schmeckt der Kuchen aber ausdrucksvoll. - Meine geschwollene Hand dagegen passte nicht mehr in den Handschuh.

Unser Nachbarin sagt man nach, sie sei einer Sekte beigetreten, „Backwa(h)n“ oder so ähnlich. Ist aber sicher übertrieben. Von den 10 Schuhkartons voll Zimtsternen kriegen wir auch dieses Jahr wieder einen.

Manch einer wird nun wieder an die kleinen Biester denken, die sich Kalorien nennen und die Klamotten eng werden lassen. Nun gut, ein bisschen Genuss muss sein, und wenn sich jemand den Rettich für den Weihnachtsteller glacieren lassen will, soll er.

Und dann der Weihnachtskalender erst. Einfach spannend. Jeden Tag was anderes. Hinter irgendeinem Türchen lauert sicher die jährliche Steuererklärung. Auf der Fressmeile des Großstadtweihnachtsmarktes war ich auch schon. Curry-Wurst gab es gratis an der Jacke, und da ich Glück habe, auch Mayo und Ketchup. Denn so lieb ich meine Curry…

Eigentlich geh ich lieber auf die stimmungsvollen mittelalterlichen Weihnachtsmärkte. Bei wärmendem Honigmet bekommt man allein vom Zuschauen alter Handwerkskunst Schwielen an den Händen.

Und wenn die Adventskerzen abgebrannt sind, schlüpf ich in den roten Mantel mit Bart, klingele mit einem „HoHo“ auf den Lippen bei Nachbarskindern. Die haben zwar letztes Mal schon gemeint, der Weihnachtsmann kauft seine Schuhe bei Deichmann, wie unser Nachbar auch. Bei meiner lieben Frau ist das schon konkreter, wenn sie durch die Küche mault: "Wie hast'e denn das angestellt, Du Weihnachtsmann?" Aber spätestens am 24sten möchten auch wir uns in die angemessene Stille zurücklehnen und dem Sinn des Festes entsprechen.

Und so wird es wohl wie letztes Jahr, Lichter gehen uns derer viele auf - dafür sorgen bereits die Nachrichten.

Mit weihnachtlichem Gruß
Euer hatsch_43

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