Ein Abenteuer auf vier Rädern
Fahrt von Constanza nach San José de Ocoa
Wir hatten herausgefunden, dass wöchentlich dreimal ein Gefährt diese Strecke fährt. Die einen sagten, es sei ein Autobus, die anderen ein Jeep. In Wirklichkeit war es dann ein Land Rover. Zwischen 10:00 und 11:00 Uhr sollte das Fahrzeug von Ocoa in Constanza ankommen und je nachdem, wie voll es ist, spätestens 13:00 Uhr abfahren. Die Fahrzeit sei je nach Wetterlage mindestens drei Stunden. Rechtzeitiges Erscheinen sei notwendig, um gute Plätze zu reservieren.
Diese Angaben hatten uns mit einigen Varianten mindestens sechs Personen gemacht. Dabei stimmten fünfmal die Tage überein. Also fanden wir uns 9:30 Uhr mit Sack und Pack an der Haltestelle ein. Gleich erhielten wir Angebote von Conchofahrern (Mopeds und Kleinkrafträder), uns in drei Stunden für 600 Pesos über die Berge zu fahren. Auf meine Zweifel meinte einer, das sei nicht schlimm: „Gestern war ich drüben.“
Aufregend war die Sache für uns schon, denn es war schon immer mein Wunsch gewesen, einmal quer über die Cordillera Central zu fahren. Nach Karte gibt es vier Wege; voriges Jahr hatten wir noch von einem weiteren erfahren und dieses Jahr wieder. Wobei die letzten beiden Wege nicht über den Kamm führen, sondern nur nördlich des Kammes von einem Tal zu einem anderen. Das Problem ist, von zwei Wegen weiß keiner, ob sie wirklich existieren, und zwei weitere werden ganz selten befahren.
Ein Abenteuer auf vier Rädern
Der Weg über Restauración wird ganz unregelmäßig von Händlern, die den Umweg über Santo Domingo scheuen, benutzt. Man könnte sich jeden Morgen mit Sack und Pack an die Straße stellen in der Hoffnung, dass ein Fahrzeug kommt und noch Platz für zwei Personen hat. Diese Möglichkeit schied für uns aus. Also blieb nur der Weg von Constanza nach Ocoa über Valle Nuevo. Um die Möglichkeit einer solchen Reise zu erkunden, waren wir wieder nach Constanza gekommen. Vor zwei Jahren wurde diese Strecke noch nicht regelmäßig befahren.
Warten und Aufregung machen hungrig. 9:30 Uhr hatte ich solchen Hunger, als ob ich kein Frühstück gehabt hätte, und fing an, von unserer Marschverpflegung zu essen. 10:00 Uhr war uns klar, dass wir mit dem restlichen Proviant nicht bis über den Berg kommen würden. Also ging Helga los, um einen großen Beutel Galletas zu kaufen. Gegen 10:30 Uhr kam ein uralter, klappriger Land Rover mit drei Ersatzrädern auf dem Dachgepäckträger an und lud Fahrgäste aus.
Zuerst meldete ein Conchofahrer dem Fahrer unser Interesse, dann sprach ich mit ihm, um die beiden Plätze vorne zu reservieren. Er nickte nur und fuhr eine Runde durch den Ort. 12:00 Uhr kam er beladen von seiner Rundfahrt zurück. Der Fahrer hatte für die Colmados am Wege eingekauft: acht Kisten Getränke, Kuchen und viele andere Kartons und Säcke. Jetzt ging es ans Stauen. Helga hatte sich gleich vorne hingesetzt und hielt den Platz für mich frei. Ich kümmerte mich um unser Gepäck, damit es nicht unter einen der Säcke zu liegen kam oder sich gar jemand draufsetzte.
Eng, heiß und staubig
Der Land Rover hatte vorne eine Sitzbank und hinten je eine an den Außenseiten. Die Mitte war für Gepäckstücke und, soweit noch Platz vorhanden, für die Beine. Drei Mitreisende versuchten, es sich auf dem Dachgepäckträger bequem zu machen. Die Reserveräder hatten sie aufrecht gestellt, damit mehr Säcke Platz hatten. Bisher hatten alle unseren Anspruch auf die Sitzplätze vorn respektiert. Auch ein dicker Polizist in Zivil hatte sich hinten hineingezwängt. Zehn Minuten vor Abfahrt kam noch eine Schöne in weißer Rüschenbluse und Jeans. Dies war die Chance für den dicken Polizisten! Er räumte seinen Platz, zerriss einen leeren Karton und zwängte sich neben uns.
Der Fahrer kontrollierte noch den Ölstand und füllte Wasser nach. Um 12:50 Uhr ging dann die Fahrt los. Der Comandante bekreuzigte sich, und ich dachte, so schlimm wird es hoffentlich nicht werden. Im Fahrzeug saßen zwölf Erwachsene und zwei Kinder, drei saßen auf dem Dachgepäckträger, und ein Mitfahrer stand hinten auf dem Trittbrett.
Der beschwerliche Weg ins Valle Nuevo
Der Weg verließ nach drei Kilometern das Tal von Constanza, stieg stetig an und wurde bald sehr schlecht. Unterwegs hielt der Fahrer bei den colmados und lud Waren ab. Es ist erstaunlich, wie viel Pepsi, Fanta und Cola von der armen Bevölkerung getrunken wird. Uns begegneten nur noch ein Kleinlaster und ein Pick-up. Nach etwa einer Stunde erreichten wir die Grenze des Ackerbaus. Das Fahrzeug kletterte höher und höher, während der Fahrer lauthals sang. Der comandante zeigte sich genervt und verlangte nach Musik, die er jedoch nicht bekam.
Im Wald boten sich nur selten Blicke auf die beeindruckende Bergwelt. Schließlich erreichten wir den Pass auf ca. 2.400 m Höhe. Der Fahrer ließ das Fahrzeug im Leerlauf rollen, was teils atemberaubende Geschwindigkeiten erreichte. In Valle Nuevo gab es eine kurze Rast.
Abstieg nach San José de Ocoa
Der Abstieg war mühsam und endlos. Der Weg war schmal, die Serpentinen eng, und das Fahrzeug rutschte stellenweise gefährlich nah an den Abhang. Der Fahrer war sichtlich erschöpft, hielt sich jedoch wach, indem er den Kopf aus dem Fenster hielt.
Nach fast fünf Stunden erreichten wir endlich San José de Ocoa. Die Fahrt war staubig, anstrengend und doch unvergesslich. Für umgerechnet 2,50 Euro pro Person hatten wir ein echtes Abenteuer erlebt.
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